Die letzte Flucht
durchaus befürchten, dass der Arztnicht die beste Medikation verordnet, sondern in erster Linie an den Kickback denkt, wenn er ein Rezept ausfüllt. Anders ausgedrückt: Vielleicht kommt es dem Arzt nur auf die Umsatzbeteiligung an, und er verschreibt Medikamente, die nicht die besten für den Patienten sind, sondern für ihn den höchsten Gewinn abwerfen?«
Assmuss schwieg. Es war plötzlich sehr still in dem Raum.
»Kann das sein?«, fragte Henry.
»Es ist ein umkämpfter Markt. Es geht um viel Geld. Um sehr viel Geld. Und erinnern Sie sich, was ich Ihnen auf das Blatt Papier geschrieben habe? Der Transfer von Geld von den Krankenkassen in unsere Firmenkasse – das ist mein Job. Ich bin schließlich kein Arzt.«
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28. Fahndung
Finn Kommareck funkte Maria Marksteiner an.
»Maria, sofort Ringfahndung auslösen. Mittelpunkt ist der Hauptbahnhof. Zunächst Radius fünf Kilometer.«
»Ok.«
»Jeden, der Beine hat, will ich sehen. In Zivil. Keine Uniformen.«
»Ok.«
»Informier die Bundespolizei. Alle Züge werden gestoppt und durchsucht. Wenn er mit einem Zug fliehen will, müssen wir ihn kriegen. Fußstreifen in die S- und U-Bahnen.«
»Verstanden.«
»Schick sicherheitshalber das Foto von Voss vom Alarmserver auf alle Diensthandys.«
»Mach ich.«
»Der Hubschrauber soll startbereit sein.«
»Verstanden.«
»Vergiss die Taxis nicht.«
»Klar.«
»Es wird alles mobilisiert, was Füße hat. Voss darf aber auf keinen Fall in Bedrängnis gebracht werden. Alles unauffällig. Ich will keine Geiselnahme provozieren.«
»Ich bin keine Anfängerin.«
»Ich weiß. Aber spätestens heute Abend will ich das Arschloch haben.«
***
Dengler blieb schwer atmend stehen. Das Knie pochte, ein heller, schneidender Schmerz zog bis in den Oberschenkel. Er hatte keine Chance mehr, Voss einzuholen. Hinter sich hörte er ein Geräusch. Fünf SEK ler in Kampfmontur kamen auf ihn zugerannt.
Na, die kommen auch zu spät, dachte er.
»Waffe weg!«, schrie einer von ihnen und sprang Dengler an.
Dengler fiel, und für einen Augenblick dachte er, dass sein Bein abbräche. Er schrie. Der Schmerz war so überwältigend, dass er gar nicht mitbekam, wie er auf den Bauch gedreht und seine Hände auf dem Rücken mit Kabelbinder gefesselt wurden.
***
Finn Kommareck fixierte Georg Dengler.
»Sie sind also Rechtsanwaltsgehilfe?«
»Ja. Rechtsanwalt Lehmann und ich begleiteten Professor Voss von Moabit bis in die Charité. Haben Sie ihn informiert, dass Sie mich festgenommen haben?«
»Haben wir. Wieso sind Sie aus demselben Loch gekrochen wie Voss?«
»Ich bin ihm gefolgt. Aber ich habe eine Knieverletzung. Ich war nicht schnell genug.«
»Haben Sie ihm diesen Fluchtweg gezeigt?«
»Wie das? Ich kenne mich in den Kellern der Charité nicht aus. Ich suchte ihn, sah ihn und rannte ihm nach.«
»Verarschen Sie mich nicht, Dengler. Ein ganzes SEK – Kommando ist unterwegs und findet den Mann nicht. Ein humpelnder Anwaltsgehilfe soll besser sein als die Polizei?«
»Als Voss ins Treppenhaus flüchtete, folgten ihm Ihre Kollegen. Sie liefen die Treppen hinunter. Alle. Ich dachte, sie schnappen Voss – aber nur, wenn er wirklich die Treppe hinuntergelaufen ist. Falls er aber in die höheren Stockwerke gerannt ist, dann würde ich ihn treffen. Und tatsächlich ist Voss hoch in sein Büro gegangen.«
»Was hat er da gewollt?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Sie haben ihn gesehen?«
»Er hat mir einen Putzwagen ins Knie gerammt und ist mit dem Aufzug in den Keller gefahren. Ich folgte ihm. Er fand den Ausgang. Ich bin ihm hinterher. Den Rest kennen Sie ja.«
»Ich kann Sie nicht leiden, Dengler.«
»Ich Sie auch nicht.«
»Verschwinden Sie.«
»Gern.«
***
Von ihrem Computer im Leitwagen aus löste Maria Marksteiner die Fahndung aus. Zunächst wählte sie in einem Menü die Art der Fahndung aus. Sie konnte wählen zwischen Ringalarm, Grenzalarm, Landesalarm. Sie wählte Ringalarm und kreuzte die Option »Mit Tatortbereichsfahndung« an. Dann definierte sie den Ringmittelpunkt »Hauptbahnhof« und gabden Umkreis ein: »5 km«. Die Maske auf dem Rechner wechselte zum Stadtplan um den Hauptbahnhof. Eine Reihe von grünen Punkten zeigte die zu besetzenden Kontrollpunkte an. Mit der Maus zog sie nun Einsatzmittel, Streifenwagen oder Zivilstreifen, Kollegen im Innendienst auf diese Punkte. Sobald sie die OK – Taste drückte, löste die Software bei den entsprechenden Polizisten eine Alarmmeldung aus, und die
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