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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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herab, der das entgegennimmt, finde ich.«
    »Wie machen Sie es stattdessen?«
    »Geld. Wir übergeben einen Scheck. Dann kann der Arzt damit machen, was er will.«
    »Und als Verwendungszweck schreiben Sie drauf: Umsatzbeteiligung Veclimed?«
    »Nein. Natürlich nicht. Wir rechnen diese Summen als Referentenhonorare ab. Oder lassen einen Fachartikel schreiben und setzen den Namen des Arztes davor. Dann wäre das ein Artikelhonorar.«
    »Ist das legal?«
    Assmuss schwieg erschöpft. Er atmete heftig.
    »Wann komme ich hier raus?«, fragte er leise. »Warum wollen Sie das alles wissen, Henry?«
    »Wir sind auf einem guten Weg. Vielleicht bringe ich Sie morgen Abend oder übermorgen hier raus, und Sie sind wieder frei. Es hängt davon ab, wie gut Sie mitarbeiten. Aber wir sind auf einem guten Weg. Ich will nur verstehen, wie Sie Ihren Beruf ausüben. Mehr will ich nicht. Und wenn ich das weiß, sind Sie wieder ein freier Mann.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Vertrauen Sie mir. Also: Ist das legal?«
    »Nun ja, die ärztliche Berufsordnung verbietet es, dass Ärzte für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten eine Vergütung oder andere Vorteile für sich oder Dritte fordern, sich oder Dritten versprechen lassen oder annehmen. – Das ist nahezu die wörtliche Formulierung.«
    »Trotzdem nehmen Ärzte Ihre Vergütungen für sinnlose Anwendungsbeobachtungen an? Wie viele Ärzte nehmen das Geld?«
    »Nach unseren Untersuchungen ist die Hälfte der Ärzte – wie soll man sagen? – aufgeschlossen.«
    »Jeder zweite Arzt ist korrupt?«
    »Dieses Wort vermeiden wir.«

[Menü]
30. Friedrichstraße
    »Da ist der Kinderficker.«
    Die beiden Bundespolizisten starrten auf den wenige Schritte vor ihnen knienden Mann, der seine Schuhe band. Beige Cordhose, grauer Pullover und dunkles Jackett. Sie sahen ihn nur von der Seite, aber der Mann hatte einen grauen Vollbart, Alter zwischen fünfzig und sechzig. Kein Zweifel möglich.
    Die S-Bahn fuhr ein, und der Gesuchte sah auf, stützte sich vom Boden ab, um aufzustehen. Kein Zweifel, er wollte in diese S-Bahn einsteigen.
    »Wir schnappen ihn«, sagte Horst Glowalla zu seinem Kollegen.
    Er war Streifenführer. Seit fünfzehn Jahren. Glowalla war nicht sehr groß, hatte einen beachtlichen Bierbauch undimmer ein rotes Gesicht. Bluthochdruck. Heute hatte er einen neuen Kollegen zugeteilt bekommen. Darüber war er besonders wütend. Immer musste er die Grünschnäbel einweisen. Sie blieben ein paar Monate, und dann kam ein neuer Grünschnabel. Seit sieben Jahren hatte er es nur mit wechselnden Grünschnäbeln zu tun. Mehr Geld bekam er dafür nicht. Und die Wut über diesen Zustand kochte schon ziemlich lange. Glowalla ahnte nicht, dass jeder Kollege, der mit ihm Streife lief, sich nach ein paar Wochen über ihn beschwerte und einen Versetzungsantrag schrieb. Glowalla schikanierte jeden, sprach über alle schlecht und galt als der cholerischste Bundespolizist von Berlin. Die Chefs teilten ihm immer nur die frisch eingestellten Polizisten zu, junge Kollegen, die ihn noch nicht kannten. Normalerweise dauerte es sechs bis acht Wochen, bis auch sie den ersten Versetzungsantrag schrieben.
    Er würde es dem Neuling zeigen. Er würde ihm zeigen, wie das geht: eine Festnahme. Das Adrenalin schoss in die Blutbahnen. Glowallas Gesicht verwandelte sich in eine Fratze. Er stürmte auf den knienden Mann zu und riss ihn an den Haaren nach hinten. Gleichzeitig trat er ihn mit voller Wucht mit dem Stiefel in die Seite. Der Gesuchte gab ein gurgelndes Geräusch von sich und erschlaffte vollständig.
    »Leg ihm die Handschellen an, du Penner«, schrie Glowalla seinen Kollegen an.
    Der Grünschnabel sah den bewusstlosen Mann an und rührte sich nicht.
    »Scheiße! Das ist der Falsche. Das ist nicht unser Mann. Der ist viel zu jung.«
    ***
    Voss hoffte, dass sich die Wagentür der S-Bahn endlich schließen würde. Er stand auf der Eingangsplattform und drückte sich gegen die dem Bahnsteig abgewandte Tür. Ersah die beiden Polizisten neben dem Mann stehen, den der ältere, schwer atmend, vor seinen Augen zusammengeschlagen hatte.
    Doch die Tür schloss sich nicht. Immer noch kamen Fahrgäste und stiegen ein: eine Touristin, eine türkische Frau mit zwei kleinen Kindern und ein Japaner mit schwarzem Bürstenhaarschnitt. Ein jüngerer Mann mit dunklen Ringen unter den Augen, zerrissener Jeans und beunruhigend flackerndem Blick quetschte sich durch die Tür, als diese sich endlich

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