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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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sicher für dich«, sagte sie und reichte ihrem Mann das Telefon.
    Dr. Lehmann wischte die Hände an der blauen Kochschürze ab, nahm das Telefon entgegen und meldete sich.
    »Bernhard«, rief er laut. Seine Frau, bereits wieder auf dem Weg zu Houellebecq, der auf der Lehne ihres Sessels auf sie wartete, blieb abrupt stehen und kam zurück.
    »Hartmut«, sagte Voss am anderen Ende mit gepresster Stimme. »Kannst du mir helfen?«
    »Bernhard, ich bin dein Anwalt. Ich bin dein Freund. Natürlich helfe ich dir.«
    »Ich brauche ein Versteck. Kannst du mich irgendwo verstecken? Und ich brauche Geld.«
    »Wie stellst du dir das vor, Bernhard? Du bist ein flüchtiger Mörder. Du musst dich stellen, dann kann ich dir helfen. Aber ich kann keinen flüchtigen Mörder verstecken. Ich bin Rechtsanwalt. Da wäre ich bald selbst in Moabit. Bernhard, hör mir zu, wir treffen uns und gehen zusammen zur Polizei. Wo bist du jetzt? Sag mir, wo …«
    Seine Stimme brach ab.
    »Er hat aufgelegt«, sagte er zu seiner Frau.
    Dann rief er eine andere Nummer an.
    »Herr Dengler, sind Sie noch in Berlin? Das ist gut. Eben hat mich Bernhard Voss angerufen. Können Sie zum Essen kommen? Ich koche gerade, ja, nur eine Kleinigkeit. In der Schützenstraße. Sie können von Ihrem Hotel aus zu Fuß gehen. Ihre Frau? Sie ist willkommen. Sicher. Danke.«
    Lehmanns Frau ging nicht mehr zu ihrem Sessel zurück.
    »Bernhard ist ein Idiot«, sagte sie zu ihrem Mann. »Ich glaube nicht, dass er unschuldig ist. Du rennst da hinter einer Illusion her.«
    ***
    »Sag mir mal, Schöttle«, sagte Finn Kommareck, nachdem sie sich das Band zehnmal, vielleicht aber auch zwanzigmal angehört hatte, »warum verlangt es den Herrn Rechtsanwalt nach dem Anruf von Voss ausgerechnet nach seinem humpelnden Rechtsanwaltsgehilfen?«
    »Keine Ahnung«, sagte Schöttle.
    »Dahlheimer«, rief sie.
    »Chefin?«
    »Ich will alles über diesen Anwaltsgehilfen wissen. Und zwar gleich.«
    »Bin schon bei der Arbeit.«
    »Wir sollten jetzt alle mal nach Hause gehen«, sagte Schöttle. »Finn, guck mal auf die Uhr. Es ist bald Nacht.«
    »Es ist noch nicht Nacht. Noch nicht«, sagte Finn Kommareck. »Wir haben einen unbewaffneten, einen nicht vorbestraften Kindermörder, der uns an einem Tag drei Mal entwischt ist. Wie ein Profi.«
    Das Telefon klingelte im Hintergrund. Maria Marksteiner nahm ab.
    »Danke, Supernachricht!«, sagte sie schließlich und legte auf.
    Dann wandte sie sich an Finn: »Sie haben den Kerl, der Voss aus der S-Bahn geholfen hat.«
    ***
    »Sie behaupten also, Sie haben mit einem Metallstück die Tür geöffnet und Bernhard Voss dadurch die Flucht ermöglicht.«
    »Nein, das behaupte ich nicht. Das war so.«
    »Und Sie haben den Mann vorher nicht gekannt?«
    »Ich habe ihn das erste Mal gesehen, als ich am Hauptbahnhof in die S-Bahn stieg.«
    »Und das soll ich Ihnen glauben?«
    »Ich bitte sehr darum.«
    »Sie wussten, dass er ein Kindermörder ist.«
    »Nein, das wusste ich nicht. Ich helfe doch keinem Kindermörder. Das sieht man dem doch nicht an. Der sah aus wie ein Spießer, wie ein normaler Spießer, ein bisschen nervös vielleicht. Ich dachte, der Spießer wollte mal was Verrücktes machen. Wer bin ich, dass ich ihm dabei nicht helfe. Aber der sah doch nicht aus wie ein Kindermörder.«
    »Die meisten Kindermörder sehen aus wie Spießer«, sagte Maria Marksteiner, die mit Finn Kommareck im Vernehmungsraum saß.
    »Ja, mein Gott, wenn ich jeden Spießer für einen Kindermörder halten würde, dann müssen Sie hier in Berlin aber Massenverhaftungen durchführen. Speziell am Hauptbahnhof.«
    »Da haben Sie auch wieder recht«, sagte Maria Marksteiner, lächelte und winkte mit einer kaum wahrnehmbaren Geste zu dem Spiegelfenster, hinter dem, wie sie wusste, Schöttle stand.
    Nach anderthalb Stunden brachen sie die Vernehmung ab.
    »Glaubst du ihm?«, fragte Maria Marksteiner.
    »Ja. Aber der Kerl soll merken, dass er uns geärgert hat. Er bleibt noch bis morgen Mittag in der Zelle, dann lassen wir ihn laufen. Und wir gehen jetzt nach Hause«, entschied Finn. »Die Einsatzzentrale wird uns schon wecken, wenn Voss irgendwo auftaucht.«
    Sie gingen die Treppe hinunter zum Ausgang.
    »Weißt du, was ich nicht verstehe?«, fragte Maria Marksteiner. »Es ist doch komisch, dass wir nicht ermitteln konnten, wer das Mädchen entführt hat. Wir wissen, dass Voss es nicht war. Er hat ein mehrfach bestätigtes Alibi. Wir haben auch nichts, wirklich nichts gefunden,

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