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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Sommer in Berlin. Nirgends auf der Welt gibt es diese Dichte von Straßencafés, Kneipen und Restaurants.
    Nachdem sie die Spree überquert hatten, bogen sie auf den Schiffbauerdamm ein.
    »Ich danke Ihnen sehr«, sagte Voss.
    »Danke ist wohl zu wenig.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hast du Geld dabei?«
    Voss griff in die Hosentasche und zog die Scheine heraus, die seine Sekretärin ihm gegeben hatte.
    »Viel ist es nicht«, sagte er. »Und ich brauche es …«
    Mit einer blitzschnellen Bewegung pickte der Revolutionär die Scheine aus seiner Hand. »Besser als nichts«, sagte er. »Und immer schön die Bullen ärgern.«
    Dann war er verschwunden.
    ***
    »Wieso waren nicht alle Bahnsteige geräumt und gesichert?«
    »Frau Hauptkommissarin«, sagte der Einsatzleiter, »Sie wissen doch selbst, wie kurzfristig der Alarm ausgelöst wurde. Wir hatten nur wenige Minuten, bis die S5 kam. Sie fuhr langsam, trotzdem reichte die Zeit nicht aus, den Bahnhof Friedrichstraße komplett zu räumen. Absolut unmöglich. Sie wissen, wie kurz die Strecke ist. Ich hatte fünfzehn Männer, wie sollte ich …«
    Finn Kommareck machte eine wütende Armbewegung und lief sichtbar verärgert zu ihrem Einsatzwagen zurück. Schöttle und Dahlheimer liefen hinterher.
    »Schöttle, haben wir alle Telefone angezapft? Seine Frau, seinen Bruder, seine Sekretärin, seinen Anwalt, diesen humpelnden Anwaltsgehilfen …«
    »Seinen Anwalt? Eingriff in das Fernmeldegeheimnis! Finn, da kommen wir in Teufels Küche.«
    »Schreib seinen Namen auf die Liste seines Umfelds. Du kannst den Beruf ja vergessen haben, oder?«
    »Bist du sicher? Das verletzt Paragraph …«
    »Schöttle!«
    »O. k. Ich hab den Beruf schon vergessen.«
    ***
    Es war halb zehn Uhr abends. Rüdiger Voss war wie so häufig der Letzte im Institut. Er schloss sein Büro ab. Der Bewegungsmelder im Flur ließ automatisch die Flurlichter im ganzen Haus angehen. Bernhard Voss’ Bruder ging die breite Treppe hinunter. Es war ein langer, aufregender Tag gewesen, er war müde.
    Sein Wagen war das einzige Auto in der Tiefgarage. Schon von Weitem bediente er mit dem Funkschlüssel die Tür. Die Lichter seines Mercedes leuchteten dreimal hektisch auf. Rüdiger Voss öffnete die hintere Wagentür und stellte seine Aktentasche vorsichtig auf den Rücksitz. Er schloss die Tür, drehte sich um – und erstarrte.
    Bernhard Voss lehnte an einer Säule. Das Neonlicht ließ sein Gesicht noch bleicher erscheinen, als es ohnehin schon war. Die Augen lagen weit zurückgezogen in den Höhlen.
    »Um Gottes willen – Bernhard!«
    »Rüdiger, ich bin geflohen.«
    »Ich weiß. Christine hat mich angerufen.«
    »Kannst du mir helfen?«
    »Sicher. Komm, steig ein.«
    Bernhard Voss schüttelte den Kopf.
    »Ich will dich da nicht hineinziehen. Aber kannst du mir Geld geben?«
    Rüdiger zog die Brieftasche aus dem Jackett, öffnete sie und zählte die Scheine.
    »240 Euro. Das ist nicht viel. Komm, steig ein, wir fahren zu einem Geldautomaten.«
    »Zu gefährlich, Rüdiger. Du bekommst das Geld zurück. So bald wie möglich. Ich werde Christine bitten …«
    »Lass den Quatsch, großer Bruder. Was kann ich für dich tun?«
    »Ich hab die Ergebnisse unserer Untersuchung versteckt. Du musst sie holen, wenn sie mich wieder festnehmen.«
    »Wo sind sie?«
    Ein Scheinwerfer leuchtete die Einfahrtrampe hinunter; Voss hörte Motorengeräusch.
    »Ich melde mich bei dir.«
    Bernhard Voss duckte sich hinter einen Pfosten.
    Ein Polo der Wachgesellschaft Berlin fuhr langsam in die Tiefgarage. Rüdiger Voss nickte den beiden Männern zu, und der Beifahrer grüßte zurück. Das Fahrzeug fuhr eine Runde und verließ dann die Garage.
    »Bernhard!«
    Doch Bernhard Voss war verschwunden.
    ***
    Rechtsanwalt Lehmann kochte gerne. Es war wie ein Naturgesetz: Ab einem bestimmten Alter fingen Männer zu kochen an, und weil sie ihre Entdeckung jedermann und jeder Frau mitteilen wollten, schrieben sie dann auch Kochbücher. Auch Rechtsanwalt Lehmann ging mit einer Idee zu einem Kochbuch schwanger. Die Welt sollte erfahren, dass Männer genauso gut kochen konnten wie Frauen: Es gab keinen Unterschied. Das Männerkochbuch  – so sollte der Titel lauten.
    Er hackte glatte Petersilie klein, als das Telefon klingelte.
    »Geh du bitte ran, Schatz«, rief er seiner Frau zu, die in einem Sessel saß und den neusten Roman von Michel Houellebecq las. Sie stand auf, nahm den piepsenden Apparat und trug ihn in die Küche.
    »Das ist doch

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