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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Bruder zu sprechen.«
    Christine Leonhard-Voss und Rüdiger Voss saßen Finn Kommareck gegenüber. Christine aufrecht, die Beine parallel gestellt, die Hände auf den Knien liegend. Rüdiger Voss verschränkte die Arme vor der Brust und legte ein Bein über das andere.
    »Bernhard Voss versucht immer wieder, in die Charité zu gelangen. Wir würden gern wissen, warum.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Christine Leonhard-Voss.
    »Es muss etwas geben, das ihn die große Gefahr auf sich nehmen lässt, verhaftet zu werden. Er nimmt dieses Risiko in Kauf. Warum?«
    »Die Charité ist groß. Wo genau will mein Bruder hin?«
    »Das wissen wir nicht. Das möchte ich von Ihnen erfahren.«
    »Von uns erfahren Sie nichts, was Bernhard auch nur im Geringsten schaden könnte«, sagte Rüdiger Voss.
    Christine Voss nickte und stand auf.
    ***
    Als sie fünfzehn Minuten später durch die Eingangstüre ihrer Praxis ging, war sie immer noch aufgewühlt. Ihr Leben war völlig aus den Fugen geraten. Ihr Mann wurde von der Polizei gesucht, verdächtigt des abscheulichsten Verbrechens, das sie sich vorstellen konnte.
    »Gut, dass Sie da sind, Frau Doktor«, begrüßte sie Carla Schweyzer, ihre Assistentin. »Das Wartezimmer ist voll, und ich weiß nicht mehr, wie …«
    »Ich musste zur Polizei, Carla.«
    Carla Schweyzer schwieg sofort. Sie wusste, es waren schwere Tage für ihre Chefin.
    Christine Leonhard-Voss wusch sich die Hände, zog ihren weißen Arztkittel über und ging ins Behandlungszimmer.
    Das Telefon klingelte.
    Seufzend nahm sie ab.
    »Christine, bist du’s?«
    »Bernhard, um Gottes willen, wo steckst du?«
    »Ich will mich stellen, Christine. Aber erst muss ich noch etwas erledigen. Ich möchte Rüdiger ein paar Unterlagen geben. Er soll in unserem Sinn damit weiterarbeiten.«
    »Welche Unterlagen, Bernhard? Ich habe Angst. Angst um dich! Von welchen Unterlagen redest du?«
    »Ich hab sie im Keller der Charité versteckt. Ich will sie Rüdiger geben. Kannst du ihn bitten, in die Charité zu kommen. Und kannst du auch Dr. Lehmann bitten zu kommen. Ich stelle mich der Polizei, im Empfang, wenn Rüdiger die Unterlagen hat. Rufst du sie bitte beide an?«
    »Das mache ich, Bernhard.«
    »Ich danke dir. Ich bin unschuldig. Und ich glaube, ich kann’s bald beweisen.«
    »Pass auf dich auf. Du bist mein Leben, das weißt du.«
    Aber da hatte er schon aufgelegt.
    ***
    Der Notruf ging um 11 Uhr ein.
    »Hier liegt ein Mann. Er stirbt. Er zuckt. Schicken Sie sofort jemanden.«
    »Wo befinden Sie sich?«
    »Lehrstraße 68. Vor dem Seniorenwohnheim. Ein Mann liegt da. Er zuckt nur noch.«
    »Bleiben Sie dort. Wir schicken den Notarzt.«
    Drei Minuten später fuhr ein Krankenwagen mit Sirene und Blaulicht vor. Ein Arzt und zwei Sanitäter sprangen heraus.
    Um den am Boden liegenden Mann standen vier alte Männer.
    »Gehen Sie zur Seite!«
    Keiner der Alten rührte sich.
    Der Notarzt zwängte sich zwischen den Männern hindurch.Auf dem Boden lag ein Mann, gekrümmt, in Seitenlage. Er hielt sich mit beiden Händen den Bauch, das Gesicht vor Schmerz verzerrt. Der Arzt ging in die Hocke.
    »Hallo, hören Sie mich?«
    Der Mann auf dem Boden nickte.
    »Der ist einfach so umgefallen«, sagte einer der Umstehenden. »Der lief hier hin, und dann ist er umgefallen. Ich bin Zeuge. Ich hab’s gesehen. Also wenn Sie einen Zeugen brauchen, mich können Sie fragen.«
    »Haben Sie Schmerzen?«
    Der Mann flüsterte: »Krämpfe. Starke Krämpfe. Schmerzen …«
    »Seit wann haben Sie diese Schmerzen?«
    »Drei Tage. Aber noch nie so schlimm.«
    »Wo sitzt der Schmerz?«
    Der Mann zeigte auf seinen Bauch.
    »Sind die Schmerzen in den letzten Stunden stärker geworden?«
    »Herr Doktor, ich kann es nicht mehr aushalten.«
    »Haben Sie Durchfall?«
    »Schlimm.«
    »Fieber.«
    »Gestern. Gestern viel Fieber.«
    Der Notarzt wandte sich an die Sanitäter: »Der Mann hat krampfartige, unklare Schmerzen am Oberbauch. Wir nehmen ihn mit. Wir brauchen sofort eine Blutuntersuchung.«
    Zu zweit hoben sie ihn auf die Trage. Vorsichtig trugen sie ihn hinüber zum Auto.
    Kurz danach fuhr der Krankenwagen die Rampe der Notaufnahme hinauf. Die Trage wurde hineingeschoben.
    Bernhard Voss hatte die Augen geschlossen. Er erkannte am Geruch, dass er in der Charité war.
    ***
    »Hey! Das ist doch nicht wahr …!«, rief Peter Dahlheimer im Lagezentrum.
    Die Überwachungskamera zeigte Georg Dengler, der durch die Haupttür schlenderte, sich zweimal umsah und dann auf den

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