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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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wurde, lief er die Straße entlang, bis er nach einer halben Stunde das Hinweisschild »Waldbad am Liepnitzsee« sah.
    Das Bad lag an einem See, es gab eine Liegewiese, an der Kasse konnte er eine Badehose kaufen. Voss schwamm ausgiebig. Dann warf er seine Kleider in eine Mülltonne nahe dem Kiosk.
    So früh am Morgen waren noch nicht viele Menschen im Freibad, auch wenn es ein sehr warmer Septembertag war. Er folgte einem Mann, der etwa seine Größe und Statur hatte, von dem Kiosk, wo dieser eine Cola gekauft hatte, bis zu der Liegewiese. Er legte sich aufs noch feuchte Gras und wartete, bis der Mann im See schwimmen ging.
    Er stand auf, sah sich um und schlenderte zu dem zurückgelassenen Kleiderbündel. Er zog die Hose, Strümpfe und Schuhe des Mannes an, sowie sein Hemd und einen Pullover. Als er den Geldbeutel in der Gesäßtasche bemerkte, nahm er ihn heraus und legte ihn auf das Handtuch. Er überlegte einen Augenblick, dann nahm er von seinem eigenen Geld fünfzig Euro und legte sie ebenfalls auf den verwaisten Platz.
    ***
    »Sie sind also der Anwaltsgehilfe Georg Dengler?«
    »Nicht mehr.«
    »Nicht mehr? Was sind Sie nicht mehr? Anwaltsgehilfe oder Georg Dengler?«
    Peter Dahlheimer fragte manchmal merkwürdig. Finn Kommareck saß neben ihm und wippte ungeduldig mit dem Fuß.
    »Ich habe heute Morgen meinen Vertrag als Anwaltsgehilfe aufgelöst.«
    »Dann haben Sie diesen Beruf ja nicht sehr lange ausgeübt.«
    »Nein. Es war nicht das Richtige für mich.«
    »Herr Dengler, was soll das? Sie sind in Stuttgart als Privatermittler tätig. Liege ich da richtig?«, fuhr Finn Kommareck dazwischen.
    »Da liegen Sie völlig richtig.«
    »Verarschen Sie uns also nicht. Was haben Sie mit Bernhard Voss zu tun?«
    »Ich wurde zu seiner Verteidigung engagiert. Von Dr. Lehmann, der ihn als Anwalt vertritt.«
    »Und dazu sind Sie ein Scheinarbeitsverhältnis eingegangen«, giftete Dahlheimer dazwischen. Dengler sagte nichts.
    »Haben Sie Voss zur Flucht verholfen?«
    »Nein.«
    »Voss entkam uns drei Mal sehr knapp«, sagte Kommareck. »Wir denken, dass Sie ihm geholfen haben.«
    Dengler zuckte mit der Schulter.
    »Vielleicht hatte er drei Mal Glück. Oder Sie haben drei Mal einen Fehler gemacht.«
    »Vor mir liegt Ihre Personalakte. Erhalten per Kurier vom BKA . Ich bin mir sicher: Sie haben ihm geholfen. Bernhard Voss ist ein Gelegenheitstäter. Er ist kein Profi. Sie sind einer. Ich glaube, dass er uns nur mit Ihrer Hilfe durch die Lappen gehen konnte.«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Frau Hauptkommissarin.«
    »Sie können jetzt gehen. Aber ich buchte Sie ein, wenn Sie Voss auch nur noch einmal nahe kommen.«
    Dengler stand auf und ging grußlos.
    ***
    Voss beobachtete den Eingang der Charité.
    Nichts Auffälliges zu erkennen.
    Eine ältere Türkin verabschiedete ihre Großfamilie auf dem großen Platz vor dem Eingang. Mehrere rauchende Männer, Patienten vermutlich, saßen auf den Bänken in der Sonne und unterhielten sich. Besucher gingen in das Gebäude.
    Voss beobachtete die Szenerie. Er sah keine Polizei. Trotzdem wartete er ab.
    ***
    Dengler und Olga frühstückten im Garten des Literaturhauses in der Fasanenstraße. Obwohl es früh am Vormittag war, drängten sich die Besucher bereits unter den aufgestellten Sonnenschirmen. Es würde ein heißer Tag werden. Olga hatte sich Tee bestellt, Dengler kippte Milch in seinen doppelten Espresso.
    »Ich werde jetzt versuchen, den Abend zu rekonstruieren, an dem Voss und sein Bruder auf Sauftour waren«, sagte Dengler. »Ich werde mit den Kellnern sprechen und so weiter. Mehr kann ich im Augenblick nicht tun. Die Polizei fahndet mit Hochdruck nach Voss und wird ihn wohl irgendwann auch erwischen.«
    »Ich frage mich immer noch, warum Voss einen Stock höher lief, als er floh.«
    »Er wollte in sein Büro. Da ging er dann ja auch hin.«
    »Aber warum, Georg? Dieser Ausflug nach oben reduzierte doch seine Fluchtmöglichkeiten erheblich. Er musste damit rechnen, dass die Polizei das ganze Gebäude dichtmacht. Kein Ausweg mehr. Warum ging er dieses Risiko ein?«
    »Er holte die beiden roten Mappen.«
    »Welche roten Mappen?«
    Dengler sprach nun schnell: »Olga, als ich Voss im fünften Stock traf und er mir den Putzwagen gegen das Knie rammte, da trug er zwei rote Mappen unter dem Arm.«
    »Und wo sind die jetzt?«
    »Ich weiß es nicht. Aber das war wohl der Grund, warum er in sein Büro ging.«
    »Und später? Als er floh, hatte er die Mappen bei sich?«
    »Nein,

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