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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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der Wagen holperte schräg vom Asphalt. Thurley wurde herumgeworfen und stöhnte in seinem schmerzerfüllten Schlaf. Die
Kolonne kam ungeordnet zum Stehen, und leises Gemurmel ersetzte das stetige Schlurfen von Füßen.
    »Wow«, sagte Grace. Sie nahm ihre abgewetzte Baseballkappe ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das Flugzeug war ein glitzerndes Juwel, das über dem dunklen Streifen der Straße in der Ferne verschwand. »Was meinst du? Denver oder Salt Lake City?«
    Gary grunzte. »Soviel ich weiß, haben die Mormonen noch keine Luftwaffe.« Aber er wusste eigentlich sehr wenig, rief er sich in Erinnerung, und dieses Flugzeug war eine Antiquität gewesen.
    Grace sah nach Thurley. Er war wieder in einen tieferen Schlaf gesunken und sabberte ein wenig; der Speichel klebte an der papierenen Haut seiner eingefallenen Wange. »Uacks«, machte Grace und verzog das Gesicht; manchmal sah sie viel jünger aus als ihre sechzehn Jahre. Sie bückte sich und wischte Michael mit dem Kragen seines eigenen Overalls den Mund ab. Dann holte sie eine Feldflasche aus ihrem Rucksack, um ihm Wasser zu geben.
    Gary trat von der Straße herunter und ging über das struppige Gras der Prärie. Ein Wachposten musterte ihn, machte jedoch keine Anstalten, etwas zu unternehmen. Gary blickte an der Kolonne entlang und versuchte zu erkennen, was an deren Spitze vor sich ging. Fahrzeuge in militärischem Olivgrün standen aufgereiht auf der Straße und blockierten sie, ein riesiges Sternenbanner hing schlaff herab, von keiner Brise bewegt.
    »Straßensperre«, sagte er leise.
    »Genau«, erwiderte der Wachposten.
    An der Spitze der Kolonne erklangen die Trillerpfeifen
von Beamten der Bürgermeisterin. »Das wär’s für heute«, riefen die Wachposten an der Menschenschlange entlang. »Kolonne auflösen, formieren und alle runter von der Straße.« Ein Elektrowagen mit einem Lautsprecher, über den die Anweisungen für die Nacht ausgegeben wurden, kam an der Schlange entlanggefahren. »Nachnamen E bis F Latrinendienst, I bis K Wasserbeschaffung, bitte bei den Wachen wegen der örtlichen Gegebenheiten melden. E bis F die Latrinen …« Die Schlange teilte sich entlang der Straßenachse, die Menschen räumten den Asphaltstreifen, stapften in den Staub. Rucksäcke wurden auf den Boden gestellt, und man breitete die einzelnen Bestandteile der Zelte aus, Bodenplanen, aufblasbare Verstrebungen, Zeltschnüre. Männer und Frauen, denen man ihren Widerwillen ansah, kamen mit Schaufeln und Hacken aus der Kolonne und bereiteten sich auf die unangenehme Aufgabe vor, die Latrinengräben für die Nacht auszuheben.
    Gary half Grace, den Einkaufswagen von der Straße zu schieben. Sie gingen etwa fünfzig Meter weit, bis sie ein freies Fleckchen fanden. Grace warf ihre Plastikplane auf den Boden und hob Thurley aus dem Wagen. Geschwächt und ausgelaugt vom Laufen, war er so leicht, dass sie ihn allein hochheben konnte.
    Gary holte sein Handy hervor. Er drückte behutsam auf die Einschalttaste und zuckte bei dem einzelnen Piepston zusammen, der ihm anzeigte, wie niedrig der Ladestand der Batterie war. Doch er ließ das Gerät an und legte es auf die Decke neben Thurley, damit es seine Verbindungen herstellte, seinen Standort ermittelte und etwaige Nachrichten empfing.

    Die Sonne stand noch immer hoch am Himmel; das war ein Vorteil des unplanmäßigen Halts. Normalerweise ließ die Bürgermeisterin sie erst viel später das Lager aufschlagen. Also holte Gary seinen Spiegelkocher aus dem Rucksack und baute ihn auf. Sie hatten keinen Brennstoff für ein Feuer. Gary glaubte manchmal, dass es auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent kein Fitzelchen Holz mehr gab, dass die Wolken menschlicher Heuschrecken, die nun schon seit Jahren über ihn hinwegzogen, längst alles verbrannt hatten. Aber der Spiegelkocher war ein wertvolles Stück. Er bestand aus einem Parabolspiegel mit Hohlstreben, die sich mit ein paar energischen Atemzügen aufblasen ließen, und stand auf einem kleinen Drahtsockel. Wenn man ihn richtig aufstellte, zur Sonne hin ausgerichtet wie eine versilberte Sonnenblume, konnte man einen kleinen Topf mit Wasser auf einem Drahtgestell in seinem Brennpunkt zum Kochen bringen.
    »Ich glaube, er ist so weit in Ordnung«, sagte Grace. »Er hat kein Blut mehr verloren. Und die Wunde hat sich nicht wieder geöffnet.«
    Gary schnitt eine Grimasse. »Das ist gut.« Tatsächlich war es ein Wunder, wenn man bedachte, dass Michael bei einer Wunde, mit

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