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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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für euch hier oben, aber das gilt für uns alle. Und eure Arbeit ist sehr wichtig.« Piers machte eine Handbewegung zu der Schmelzhütte, die bald stillstehen würde, wenn dem AxysCorp-Managementteam der blockierten Anlage das Rohmaterial ausging. »Ihr raffiniert Arsen, Blei, Kadmium und Kupfer. Damit seid ihr ein unverzichtbares Bindeglied in der industriellen Infrastruktur von Project City und dessen Umgebung. Ohne euch wird die Hochtechnologie-Zivilisation, die wir hier aufrechterhalten konnten, zusammenbrechen. So einfach ist das. Und wenn das geschieht, werden wir alle davon betroffen sein. In diesem Augenblick fechten Christen, Juden und Muslime auf der anderen Seite der Welt mit Holzknüppeln und Trümmerstücken der zerstörten heiligen Monumente den Endkampf um Jerusalem aus. Wollt ihr so etwas auch hier erleben?«
    Eine Frau stand auf. Sie hielt ein Kind hoch, ein Kleinkind von vielleicht zwei Jahren. Es hing schlaff in ihren Händen,
und sein Kopf rollte hin und her. »Blei in Baby«, sagte sie auf Englisch, mit starkem Akzent. »In Knochen, Leber, Nieren, Gehirn. Sagen Ärzte.« Sie zwickte das Kind ins Bein. »Kein Gefühl in Beinen, Armen. Nix sprechen. Blei in Baby.«
    »Ich bin sicher, da gibt es Behandlungsmöglichkeiten - Lösungen, Filter, Schutzmasken …«
    »Es gab schon vor der Flut Probleme mit der Umweltverschmutzung, als diese Anlage noch einem US-amerikanischen Konzern gehört hat«, sagte Ollantay. »Später hat Nathan Lammockson sie dann gekauft. Das ist einer der Gründe, weshalb er nach Peru gekommen ist, nicht wahr, Piers, wegen der bereits vorhandenen Bergbauanlagen im Hochgebirge. Damals vor der Flut haben die Betreiber sich die schlimmsten Emissionen aber wenigstens für bewölkte Tage oder Nächte aufgespart. Jetzt ist ihnen das egal - es gibt keine Gesetze, kein Umweltrecht und keine Regierung, die AxysCorp daran hindern würde, hier alles nach Lust und Laune zu vergiften.« Piers wollte ihm ins Wort fallen, aber Ollantay übertönte ihn. »Außerdem ist die betroffene Bevölkerung jetzt weitaus größer als früher, weil sich die Flüchtlinge aus dem Tiefland im Tal drängen und um Arbeit betteln …«
    Während sie redeten, ging Lily zu Kristie. »Du solltest nicht hier sein«, sagte sie. »Ollantay macht nur Ärger.«
    »Er ist ein Anführer«, erwiderte Kristie selbstbewusst. »Die Oroyinos respektieren ihn. Jedermann in den Hochtälern respektiert ihn, bis nach Puno, sogar die mestizos und die Spanier.« Sie war jetzt dreißig, und von dem englischen Mädchen, das damals hierhergekommen war, war nichts mehr übrig außer einem leichten Akzent.

    Amanda konnte ihre Tochter und ihren Enkel kaum ansehen. »Du bist eine Idiotin, und er ist auch einer.« Sie trug noch das schwarze Kleid, das sie zu Lammocksons Party angezogen hatte, dazu einen Wachsmantel und unpassende Gummistiefel.
    »Und du glaubst, es bringt was, auf diese Weise mit uns zu reden, Mum?«, zischte Kristie. »Hör zu. Du, Piers und Lily und Nathan, ihr alle werdet die Gefühle der Menschen hier oben ernster nehmen müssen. Was glaubt ihr, was passieren wird - dass ihr die Leute mit vorgehaltenem Gewehr zur Arbeit in der Schmelzhütte und in den beschissenen Minen bei Puno zwingen könnt? Was glaubt ihr, wie lange das gutgehen wird?«
    Lily fand die Szenerie zutiefst bestürzend, die schmutzige Luft, die im Dreck sitzenden Menschen, das schlaffe, geschädigte Kind. Von Orten wie diesem hielt sie sich, unbewusst oder nicht, bei ihrer Arbeit für AxysCorp stets fern. »Kein Wunder, dass sich die Leute zu Ollantay hingezogen fühlen, wenn sie so leben müssen.«
    »Ja«, sagte Kristie triumphierend. »Und Ollantay repräsentiert die Geschichte, Lily - das ist für diese Menschen eine persönliche Angelegenheit. Trotz aller Taten der Spanier und anderer Kolonialisten ist diese Geschichte niemals wirklich verschwunden. Ollantay nennt mich seine aella .«
    »Seine was?«
    »Seine erwählte Frau. Seine heilige Gefährtin, wie die vestalischen Jungfrauen Roms.« Kristie hob ihr Kind hoch. »Obwohl das mit der Jungfrau in meinem Fall nicht so ganz zutrifft … Und vielleicht werde ich seine coya , die Gemahlin eines Kaisers.«

    »Eine heilige Gefährtin«, sagte Amanda. »Die Gemahlin eines Kaisers. Ach, um Gottes willen, Kristie, du verdammte kleine Närrin!«
    Es gab Ärger. Jemand stand auf und schlug nach Piers. Die AxysCorp-Wachen sprangen vor, um ihn zu schützen, und dann stürmten Ollantay und seine Männer

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