Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
Mittlerweile suchte er nicht mehr nach Handelspartnern, wie noch bei seinen Geschäften in der Schweiz. Was er wolle, sagte er, sei ein Zufluchtsort.
»Also, Prasad, Sie sollten wissen, wie es bei uns steht. Die Arche Drei - Sie müssen zu uns kommen und sich das Schiff ansehen, Sie wären mein Ehrengast, wir würden Ihnen ein grandioses Dinner im Restaurant auftischen …«
Deuba neigte den Kopf. »Es wäre mir ein Vergnügen.«
»Es ist ein hervorragendes Schiff, und es könnte noch Jahre oder sogar Jahrzehnte halten. Aber vielleicht nicht ewig. Wir brauchen Unterstützung von Land. Das akzeptiere ich.« Lammockson machte eine Handbewegung zu Deubas Villa, dem teuer möblierten Wohnzimmer, in dem sie saßen, den schweigend in den Ecken stehenden Dienern. »Und ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen als diesen, keinen besseren Partner als Sie. Ich möchte, dass Sie als unser Verbindungsmann zu Ihrer Regierung fungieren, diesen Maoisten, die Ihr Land jetzt führen. Wir haben eine Menge zu bieten.« Er zählte die Vorzüge der Arche der Reihe nach auf, den Atomreaktor,
die bahnbrechenden Neuerungen wie den OTEC und die Produktionsausrüstung: Das Schiff war eine schwimmende Stadt, angefüllt mit den neuesten technischen Errungenschaften. »Und dann sind da die Menschen, meine Ingenieure und Ärzte, meine Handwerker und Matrosen …«
Deuba hob eine Hand. »Ich habe nur eine ganz einfache Frage. Sie betrifft das einzige Faktum, nach dem meine Regierung Sie fragen würde. Wie viele seid ihr?«
»Dreitausend«, erwiderte Piers ruhig. »Das beinhaltet auch einen gewissen Prozentsatz nichtproduktiver Personen, die Älteren, die ganz Jungen, die Behinderten, die Kranken. Ich kann Ihnen genaue Zahlen nennen.«
Deuba nickte. » Dreitausend … Sie haben unsere in ständiger Veränderung begriffene Küstenlinie gesehen, wo sich die Flöße der Habenichtse wie Seetang zusammendrängen.«
»Die Arche ist kein Floß«, sagte Lammockson mit wachsendem Ärger.
Aber Deuba erzählte ihnen, was aus seinem Land geworden war. »Sie müssen verstehen, in welcher Lage wir uns befinden, Nathan. Es hat angefangen, noch bevor die meisten von uns überhaupt etwas von der Flut wussten: ein spärliches Rinnsal von Flüchtlingen, die aus Indien über die Grenze kamen. Nicht dass wir sie damals als Flüchtlinge bezeichnet hätten. Es waren reiche Leute aus Indiens Küstenstädten, sie hatten Zugang zu den besten wissenschaftlichen Daten und Vorhersagen. Sie wussten, was auf sie zukam. Kurzfristig wollten sie den regionalen Kriegen und den unangenehmen Auswirkungen der Überschwemmungen entkommen, langfristig wollten sie ihr komfortables Leben bewahren. Sie
kamen mit Geld hierher, darauf erpicht, Immobilien und Land in unseren höher gelegenen Provinzen zu erwerben. Wer ihnen Land verkaufte, wurde ebenfalls schnell reich. Ich gebe zu, ich habe die Anzeichen eher gesehen als die meisten anderen. Damals habe ich eine Menge Land für ein Taschengeld erstanden und es den reichen Indern dann mit ordentlichem Gewinn weiterverkauft. Das Ergebnis war ein Bauboom in dieser Stadt, ein letzter Ausbruch des Wohlstands des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Eines der ärmsten Länder der Welt wurde für kurze Zeit eines der reichsten, gemessen am Pro-Kopf-Vermögen. Alles nur wegen seiner Höhenlage. Ich habe meinen Reichtum genutzt, um mir dieses Haus zu kaufen und es zu einer Festung umzubauen.«
»Das war klug von Ihnen.«
»Ja. Denn das Rinnsal wurde zu einem Strom, als auch die weniger Begüterten kamen. Die Mittelschichten, würden Sie vermutlich sagen, aus Indien, Pakistan und Bangladesh. Auch sie gaben alles, was sie hatten, für einen Platz in diesem unserem kleinen Land. Viele andere wurden reich, zumindest auf dem Papier, dem Konto oder in Form von Gold, gaben dafür jedoch ihren wertvollsten Besitz auf: ihren eigenen Grund und Boden. Und dann wurden es immer mehr, Flüchtlinge aus den indischen Ebenen, Millionen, die unversehens auf Wanderschaft waren, die Armen, die Besitzlosen, die Verzweifelten, sie zogen in Scharen durch die versinkenden Provinzen Uttar Pradesh und Bihar. Einige haben wir aufgenommen, wir haben Flüchtlingslager eingerichtet. Wir waren reich, wir waren humanitär. Aber jede solche Einrichtung wurde von den schieren Massen, die auf Wanderschaft
waren, einfach überrannt. Die Regierung hat versucht, die Grenze zu schließen, doch sie ist lang und schwer zu bewachen. Am Ende sind also Korridore eingerichtet
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