Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)
uns mal wieder«, und weil ich nichts gegen ihn habe, bin ich etwa dreimal mit ihm trinken gegangen.
Jedesmal wenn ich ausging, habe ich im Takenoya darum gebeten, wenn der Lonpari anruft, solle man sagen, ich sei im Haus, und mich schnell benachrichtigen. Das war aber rausgekommen.
Als ich verabredungsgemäß wieder ausgehen wollte, stand der Lonpari da.
»Wo willst du denn um diese Zeit hin?«
»Och, nur so.«
»Ein Dirnchen zu spielen, das kommt bei mir nicht in Frage, merk dir das!« sagte er und verpaßte mir eine gehörige Abreibung ins Gesicht.
Ich war so verärgert, daß ich eine Flasche Reiswein zum Handelspreis von 90 Sen für 2 Yen auf dem Schwarzmarkt kaufte und mit dem Vater zusammen leerte. Ich beschloß, vorerst nicht mehr auszugehen.
»Du bist doch selbst dran schuld«, hatte der Vater gelacht, aber ich fand nicht, daß es meine Schuld ist.
So, der Brief an Herrn Motoyama ist fertig. Da steht etwa folgendes drin:
»Mir hat noch niemand, so lange ich lebe, je etwas Freundliches getan, und deswegen bin ich zu Tränen gerührt. Von allen werde ich verhöhnt, weil ich Geisha gewesen bin. Was soll ich den Leuten denn angetan haben? Seien Sie so gut und sagen Sie mir bitte, was an mir so schlecht sein soll.«
Am nächsten Tag habe ich ihm den Brief heimlich gegeben und wollte mal sehen, wie er reagiert.
In der eigenen Falle gefangen
Mein Brief hatte eine beträchtliche Wirkung. Am darauffolgenden Tag gab er mir einen liebevollen Brief. Im Innern jubelte ich vor Freude: Ich hab's geschafft! Wenn ich erst mal so weit gekommen bin, ist alles andere ein Kinderspiel.
Danach haben wir noch zwei- bis dreimal Briefe gewechselt, und im letzten Brief habe ich mir aufschreiben lassen:
»Gewiß hat Gott es gefügt, daß ich die Bekanntschaft eines so freundlichen Herrn wie Sie machen durfte. Ich möchte gern mit Ihnen sprechen, einmal nur, ein einziges Mal genügt. Selbst wenn ich dafür, daß ein so niedriges Wesen wie ich sich den hochgesteckten Wunsch herausnimmt, nur einmal mit Ihnen allein zu sprechen, bestraft werde, so wird es mich doch niemals gereuen, auch wenn es mein Leben koste. Jede Strafe des Himmels werde ich freudig auf mich nehmen. Heute abend werde ich von 8 Uhr bis zum Morgengrauen am Seeufer auf Sie warten.«
Mein hohes Ziel habe ich endlich erreicht. Das Rendezvous am Seeufer hat geklappt. Mit Leidenschaft hat er zu mir gesagt:
»Du armes Mädel, ich will alles Erdenkliche tun, um dein trauriges Lächeln aufzuheitern!«
Und er sagte mir auch: »Du darfst dich nie entmutigen lassen. Du mußt immer erhobenen Hauptes einherschreiten, die Füße fest auf dem Boden.«
In meinem hochmütigen Sinn, der ihn nicht für voll nahm, dachte ich mit einem Anflug von Überheblichkeit:
›Die Männer sind sich doch alle gleich, wie sie auch räsonieren mögen. Du bist auch nur ein simpler Mann, und ich hab dich nur als Werkzeug für meine eigenen Ziele benutzt. Du glaubst anscheinend, ich bin eine gewöhnliche Frau, aber ich bin die Mätresse eines Chamäleons, ich bin eine Schimäre!‹
Laut sagte ich freilich, mich tieftraurig gebend:
»Von klein auf bin ich mein ganzes Leben lang immer nur malträtiert worden und habe weder den Mut noch die Fähigkeit, mich gegen andere aufzulehnen.«
Bis zum nächsten Treffen blieb ich der Arbeit in der Fabrik fern. Ich dachte mir nämlich, es sei sicher wirkungsvoll, ihn dazu zu bringen, sich Sorgen zu machen, was mit mir los sei.
Am Tag des Rendezvous sagte ich, als wir uns trafen:
»Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Ich führte ihn, der sich nur wunderte, in ein Restaurant.
»Das ist alles, was ich kann«, sagte ich und sorgte mit Shamisen-Spiel und Tanz dafür, daß er vergaß, wie die Zeit verging, und mit Sake, daß er die Kontrolle über sich verlor. Ich warf mich dem überraschten, halb fassungslosen Mann an den Hals, zog den widerstrebend »das ist ja allerhand« murmelnden Partner in den benachbarten, schon mit Bettzeug vorbereiteten Raum, flüsterte: »Ich liebe Sie«, und beobachtete aus den Augenwinkeln gut, was für eine Miene er dazu machte.
Er schloß mich hitzig in die Arme.
Als er langsam wieder zu sich kam, setzte er sich auf einmal ordentlich auf den Bettrand, weinte wie ein Kind und bat mich um Verzeihung. Mir war das unangenehm, denn er hatte sich ja wirklich nichts vorzuwerfen.
»Wenn ich nicht zur Armee zurückgehen müßte, würde ich dich sofort heiraten. Aber ich habe mein Leben dem Vaterland geweiht. Ohne zu wissen, wann
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