Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)
ich sterben muß, hätte ich nichts Verantwortungsloses tun dürfen«, sagte er, als preßte er sich die Worte aus dem Herzen heraus.
»Ich verlange doch nichts von Ihnen. Was haben denn Liebe und Verantwortung miteinander zu tun? Ich habe Sie einfach nur lieb.«
»Wie kann ich dich denn glücklich machen! Was ich getanhabe, tut mir leid, verzeih mir bitte! Solange ich noch hier bin, wollen wir uns jeden Abend treffen. Ich wünschte mir ein zweites Leben, um nur ein bißchen Sühne leisten zu können!«
Mir war, als finge ich langsam an zu begreifen, wie ernst er es meinte. Fortan nahm er mich in der Fabrik vor aller Augen in Schutz und war so lieb, auch auf dem Heimweg mit mir zusammen zu gehen. Dabei hatte ich bisher die Erfahrung gemacht, daß selbst Männer, die mir, solang wir zu zweit sind, die glühendsten Liebesfloskeln ins Ohr flüstern, mich vor anderen Leuten nicht mal grüßen … Ich erkannte, daß ich zum ersten Mal das Glück erfahren habe, nicht als Geisha, sondern als Frau geliebt zu werden. Und das, man stelle sich vor, obwohl ich mich nur an ihn herangemacht hatte, um es den Leuten, die verächtlich auf mich niedersehen, mal zu zeigen. Nicht entfernt hatte ich damit gerechnet, so ein aufrichtiges Gefühl geschenkt zu bekommen. In meinem vereinsamten Herzen glomm der schwache Lichtstrahl der Liebe. Und ich wollte alles daransetzen, dieses schwache Lichtlein nicht erlöschen zu lassen.
Wahre Liebe
Wenn in der Fabrik mein Blick nur den seinen kreuzte, war mir, als schwimme ich in Glück, als sei ich ganz von warmer Liebe umhüllt. Wir richteten es so ein, daß wir allabendlich von sieben bis acht am Seeufer aufeinander warteten.
Den Blick in die Lichter der Stadt vertieft, die sich im Wasser des Sees spiegelten, erzählte er mir die schöne Legende von den Sternen, erzählte mir das Märchen vom kleinen Prinzen und der kleinen Prinzessin oder klärte mich auf über die »Ethik«, die es in der menschlichen Gesellschaft gebe. Er erklärte mir auch, was das Wort bedeute, den Menschen ergehe es in allen Belangen wie dem » alten Sai und seinem Roß«, daß sich nämlich auch Unglück als Glück entpuppen könne; wenn alle Menschen so gesinnt wären wie der alte Sai , dann brauchte ihnen kein Leid das Herz zu zerreißen.
»Bevor ich dich kennengelernt habe, war ich um diese Einstellung bemüht. Jetzt aber tut mir das Herz weh, wenn ich daran denke, wie ich dich in Zukunft glücklich machen soll. Wenn ich jetzt meinen Eltern meine Liebe zu dir gestehen und sie um ihre Zustimmung bitten wollte, würden sie wohl in die Heirat einwilligen. Das hieße aber, dir, die du nichts weißt von der Welt, eine Last aufzubürden, wenn ich in den Krieg gezogen bin, und du würdest noch unglücklicher werden als jetzt. Aber wenn du es wünschst, kann ich es tun …«
Um Gottes willen! Der Gute ahnt ja nicht, daß mein Kopf in einer Schlinge steckt, und die hält der Lonpari in der Hand … Aber insgeheim wünschte ich mir schon, wenn ich nur ein freier Mensch wäre, in den Stand zu gelangen, die Frau Gemahlin dieses Mannes genannt zu werden, und sei es nur für drei Tage.
Alles, was ich in meinem Leben gelernt habe, seit ich zur Welt gekommen bin, sind die Künste und mit Männern zu schlafen. Ich verstand mich auf nichts anderes als auf Erotik. Deshalb will ich ihn bei jedem dritten Treffen verleiten: »Gehen wir in ein Gasthaus, ja?«
Ich konnte mir einfach keine andere Art von Umgang zwischen Mann und Frau vorstellen. Er wies mich harsch zurecht: »So was solltest du nicht sagen!«
Konfrontiert mit seiner anständigen Gesinnung machte ich die Erfahrung seelischer Pein.
Alle drei Tage kommt der Lonpari. Auch wenn ich mit dem Lonpari zusammen bin, fliegt mein Herz eine Stundelang, von 7 bis 8 Uhr, ans Seeufer, und ungeduldige Sehnsucht quält mich. Wenn es 8 schlägt, lasse ich enttäuscht alle Hoffnung fahren, und es bleibt eine trostlose Leere zurück.
Ich habe den Lonpari mal gefragt, ob er mich liebt.
»Gibt es denn so einen Idioten, der viel Geld dafür ausgibt, um sich etwas anzuschaffen, was ihm nicht gefällt?«
»Zu lieben, was ist das eigentlich?«
»Wenn man es nicht ertragen kann, etwas nicht ganz für sich allein zu haben.«
»Aber man wünscht doch auch, daß der Partner glücklich ist, oder?«
»Ja eben, deswegen habe ich dich ja auch losgekauft!« sagte der Lonpari voller Stolz.
Vergeblich. Der kapiert das nie. Und wenn ich mich aus Versehen verraten würde, hätte ich mir selber ein
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