Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)
irgendwie spannungsgeladene Atmosphäre umgab, wechselte er mit ernster Miene das Thema.
»Ich wollte es dir schon längst immer wieder sagen: Willst du mich nicht heiraten?«
›Jetzt hab ich dich soweit! Nur um das von dir zu hören, hab ich mich bis jetzt mit dir abgegeben, meine Abscheu unterdrückend‹, lachte ich innerlich.
»Sehe ich etwa so begierig danach aus, daß Sie mir von Heirat sprechen müssen, Herr Hi?«
Wenn er dies oder das sagt, dann antworte ich so oder so, und wenn er so oder so sagt, antworte ich dies und das; das habe ich mir für den heutigen Tag, mein bißchen Grips gut zusammennehmend, schon genau vorher zurechtgelegt.
»Du, mach dich nicht darüber lustig. Mir ist es ernst damit. Magst du mich denn nicht?«
»Das hat nichts mit Mögen oder Nicht-Mögen zu tun. Ich bin im professionellen Gewerbe. Ich stehe zum Verkauf feil, und Sie sind der Käufer. So leid es mir tut, eine gefälligere Antwort, die einen hochgestellten Herrn wie Sie erfreuen könnte, habe ich für Sie nicht.«
»Was redst du denn da? Ich liebe dich, Tsuruchan!«
»Sie haben sich sicher im Köder vertan? Ich bin doch nicht das Fräulein Tochter eines Herrn von und zu Sowieso, und um sich eine Geisha zu angeln, sind Floskeln wie ›ich liebe dich‹ verfehlt. Unterlassen Sie bitte so ein törichtes Gerede!« sage ich und mache Anstalten aufzustehen. Herr Hi, der mir unbedingt zeigen will, wie ernst er es meint, ergreift meine Hand und will mich zurückhalten.
»Sie wollen mich wohl in den Liebestod treiben? Soll ich etwa durch die Gassen rennen und sagen, der einzigartige Herr Hi treibt mich in den Liebestod? Tsuruyos Ansehen als Frau steigt an! Tut mir leid, das ist nichts für mich. Ich habe mich mitnichten mit Ihnen eingelassen, weil Sie mir gefallen. Das wäre ein Mißverständnis; es war vielmehr mein lange antrainierter Geschäftssinn. Schade drum, denn das Kokettieren zwischen Kunde und Geisha war ja ganz amüsant. Aber so tief bin ich noch nicht gesunken, daß ich darauf angewiesen wäre, von Ihnen geheiratet zu werden.«
»Du begreifst wohl nicht das wahre Herz eines Mannes?« gibt er enttäuscht zurück.
»Ihr wahres Herz, sagen Sie? Sie meinen wohl, mit diesem einen Wort könnten Sie jede umbringen? Ich habe noch nicht genug Courage, um mich umzubringen!«
»Redest du von Tsukiko? Ich hasse trübsinnige Frauen. Ich suche ein Vöglein, das mir immer fröhliche Lieder singt. Wenn man geliebt werden will, sollte man sich darum bemühen. Frauen, die sich keine Mühe geben und keine Fortschritte machen, sind Vögel, die nicht singen.«
»Sosehr man auch singen will, wenn das Futter schlecht ist, kann man nicht singen. Heirat, Liebe, wahres Herz … ist das alles, was Sie zu bieten haben? Wenn Sie meinen, daß jede Geisha allein auf diese Worte hin zu Tränen gerührt schluchzt und auf die Knie fällt, dann haben Sie sich gewaltiggeirrt. Das ist kindisch, so was. Ich wüßte mir schönere Worte!«
Mit verächtlichem Blick auf den sprachlos verblüfften Kerl kehrte ich heim, ein Triumphlied anstimmend.
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[ 2 ] Lonpari, eine Zusammensetzung aus »London« und »Paris«, ist der Spitzname für jemanden mit Silberblick. »Bei dem blickt das eine Auge in Richtung London, das andere auf Paris«, witzelte man seinerzeit gerne.
Erwachen der Liebe
Nummer 2 und Nummer 3
Als das Jahr 1943 dem Ende zuging, war wieder die Rede davon, daß für die Neujahrsfeiern neue Gewandung nötig sei. Als ich den Lonpari daraufhin ansprach, sagte er mir, es sei Vergeudung, mir was anfertigen zu lassen, weil ich sowieso als Geisha aufhören würde. Das zugestandene Jahr war nämlich vorbei, und der Lonpari wollte mich loskaufen.
Für eine Geisha ist es ein Riesenerfolg, losgekauft und Mätresse zu werden, und nur »mit Kätzchen und Fächer« zu leben ist das Ziel aller Sehnsüchte. Ich dagegen fühlte mich komischerweise unzufrieden. Oder es ist vielmehr so, daß man sich als Geisha letzten Endes nicht aussuchen kann, von wem man losgekauft wird. Man hat sowieso ein Netz überm Kopf, und es wechselt nur die Hand, die das Netz festhält. Wieviel Geld aus Lonparis Säckel an die Mutter des Takenoya geflossen ist, kann ich nicht wissen.
Der Lonpari hatte mir ein zweistöckiges Haus am Seeufer gekauft, und nach dem Neujahrstag siedelte ich dorthin um.
Ich war Lonparis Nummer 3, und weil er sagte, er wolle mich seiner anderen Geliebten, der Nummer 2, vorstellen, suchte ich sie, von Neugier getrieben, zusammen mit
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