Die letzte Generation: Roman (German Edition)
beziehen. Ich wäre zutiefst bestürzt, wenn dieses Buch die Leichtgläubigen noch weiter auf Abwege führen würde – nachdem sie ohnehin von den Medien auf zynische Weise ausgenutzt werden. Buchhandlungen, Zeitschriftenläden und Rundfunksender sind bereits mit dümmlichem Unsinn über UFOs, parapsychische Kräfte, Astrologie, Pyramidenenergie oder »Channelling« überschwemmt. Es gibt nichts, was zu dumm ist, um nicht in den letzten Zuckungen der Dekadenz des fin de siècle verbreitet zu werden.
Bedeutet dies, dass ›Childhood’s End‹ – in dem es sowohl um das Thema des Paranormalen als auch der Besucher aus dem All geht – heute keine Relevanz mehr besitzt? Ganz und gar nicht! Es handelt sich um ein fiktives Werk! Wir können nach wie vor H. G. Wells’ ›The War of the Worlds‹ (›Der Krieg der Welten‹) mit Genuss lesen, obwohl Woking im Jahre 1898 nie von den Marsianern gegrillt wurde – oder New Jersey im Jahre 1938 4 . Und wie ich häufiger, als ich mich erinnern kann, gesagt habe, besteht für mich kaum ein Zweifel, dass es im Universum vor Leben nur so wimmelt. Das SETI-Projekt (»Search for Extraterrestrial Intelligence« – die Suche nach außerirdischem Leben) ist inzwischen eine anerkannte Disziplin der Astronomie. Dass es eine Wissenschaft ohne Forschungsgegenstand ist, sollte uns weder überraschen noch enttäuschen. Denn erst seit einem halben Menschenalter besitzen wir die Technik, um in den Weltraum zu horchen.
Kurz nach der Veröffentlichung kamen die ersten Angebote, ›Childhood’s End‹ zu verfilmen, und seitdem ist der Stoff durch zahllose Hände gegangen und von ebenso zahllosen Drehbuchautoren bearbeitet worden. Einer davon war mein alter Freund Howard Koch, über den ich kürzlich zu meiner Freude erfuhr, dass er das berüchtigte Skript, das er für Orson Welles schrieb (siehe vorigen Absatz), für eine sechsstellige Summe verkaufen konnte.
Informationen zufolge, die ich kürzlich aus den Hollywood-Gulags erhielt, wird ›Childhood’s End‹ gegenwärtig zum Zweihundertfachen des völlig angemessenen Honorars gehandelt, das ich 1956 für den Roman erhielt. Und falls ich es niemals auf die große Leinwand schaffen sollte, haben Millionen von Menschen zumindest eine recht beeindruckende Variation des Themas in der zweiten Folge der Fernsehserie V ( V - Die außerirdischen Besucher kommen ) gesehen.
Ich muss zugeben, dass ich mich beim Betrachten der ersten Staffel von V nur wenig beschwichtigt fühlte, als man sich im Dialog auf mich bezog. Dann erinnerte ich mich daran, dass Ted Sturgeon schon vor längerer Zeit das Urheberrecht auf diese Szene erworben hatte. Im Jahr 1947 (!) schrieb er eine Kurzgeschichte mit dem unvergesslichen Titel ›The Sky Was Full of Ships‹ 5 , der gleichzeitig der letzte Satz war: »Der Himmel war voller Schiffe.«
Ich hatte kaum diesen Absatz geschrieben, als in meinem Gehirn eine weitere Erinnerung explodierte: Mehrere Jahre vor Teds Geschichte hatte ich selbst eine solche Szene erlebt. Nein, ich bin nicht plötzlich verrückt geworden, weil ich zu viel Science Fiction schreibe ...
Es war an einem wunderschönen Sommerabend im Jahr 1941. Ein Freund nahm mich nach London mit – der inzwischen verstorbene Val Cleaver, der genauso wie ich ein begeistertes Mitglied der British Interplanetary Society und in den Jahren nach dem Krieg Chefingenieur der Raketenforschungsabteilung von Rolls-Royce war.
Hinter uns ging die Sonne unter und es waren noch zwanzig Meilen bis zur Stadt. Als wir über eine Anhöhe fuhren, erlebten wir einen Anblick, der so unglaublich war, dass Val den Wagen anhielt. Es war gleichzeitig schön und ehrfurchtgebietend, aber ich hoffe, dass keine künftige Generation je wieder so etwas sehen wird:
Hunderte von silbrig glänzenden Sperrballons in Form rundlicher Torpedos hingen am Himmel über London. Und als sich die letzten Strahlen der Sonne auf ihren Hüllen brachen, sah es für einen Moment wirklich so aus, als wäre eine Flotte von Raumschiffen über der Stadt in Position gegangen. Eine ganze Weile träumten wir von der fernen Zukunft und verdrängten jeden Gedanken an die Bedrohungen, gegen die diese Luftabwehr errichtet worden war.
Vielleicht entstand in diesem Augenblick die Idee zu ›Childhood’s End‹.
Arthur C. Clarke
Anmerkung: Vom ersten Kapitel abgesehen wurden keine Änderungen am Text von ›Childhood’s End‹ vorgenommen. Ab Kapitel 2 geht es genauso wie in der
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