Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Generation: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
genügt hatten, waren umgebaut oder verlassen worden, um nur noch musealen Zwecken zu dienen, nachdem sie keine sinnvolle Aufgabe mehr erfüllten. Schon viele Städte waren auf diese Weise geräumt worden, denn das gesamte System von Industrie und Handel hatte sich völlig verändert. Die Produktion erfolgte zum großen Teil automatisch. Die Roboterfabriken erzeugten kontinuierlich Waren, sodass alle gewöhnlichen Bedarfsartikel praktisch umsonst zur Verfügung standen. Die Menschen arbeiteten für den Luxus, die sie sich wünschten, oder überhaupt nicht.
    Es war eine Welt. Die alten Namen der ehemaligen Staaten wurden noch benutzt, waren aber nichts weiter als bequeme postalische Einteilungen. Es gab auf der Erde niemanden, der kein Englisch sprach, der nicht lesen konnte, der keinen Fernsehapparat besaß, der nicht in vierundzwanzig Stunden auf die andere Seite des Planeten gelangen konnte ...
    Verbrechen kamen so gut wie gar nicht mehr vor. Sie waren unnötig und unmöglich geworden. Wenn niemand etwas entbehren musste, hat es keinen Sinn zu stehlen. Überdies wussten alle potenziellen Verbrecher, dass sie der Wachsamkeit der Overlords nicht entgehen konnten. In den früheren Tagen ihrer Herrschaft hatten sie zum Schutz von Gesetz und Ordnung so wirksam eingegriffen, dass diese Lehre nie vergessen worden war.
    Obwohl Verbrechen aus Leidenschaft nicht ganz ausgestorben waren, hörte man nur selten davon. Nach der Beseitigung vieler psychologischer Probleme war die Menschheit viel gesünder und verhielt sich nicht mehr so unvernünftig. Und was frühere Zeitalter als Laster bezeichnet hatten, galt jetzt nur noch als exzentrisches Verhalten oder schlimmstenfalls als schlechte Angewohnheit.
    Eine der bemerkenswertesten Veränderungen war eine Verlangsamung des wahnsinnigen Tempos, das für das zwanzigste Jahrhundert so charakteristisch gewesen war. Das Leben verlief jetzt entspannter als je zuvor. Es hatte daher weniger Reiz für manche, aber mehr Ruhe für die meisten. Der westliche Mensch hatte wieder gelernt, was die übrige Welt nie vergessen hatte: dass Muße keine Sünde war, solange sie nicht in Faulheit ausartete.
    Trotz aller Probleme, die die Zukunft bringen mochte, wurde den Menschen keineswegs langweilig. Die Bildung war viel gründlicher und nahm einen längeren Zeitraum in Anspruch. Nur wenige verließen die Schule, bevor sie zwanzig geworden waren. Und nachdem sie durch Reisen und Erfahrungen ihren Horizont erweitert hatten, begannen die meisten mit fünfundzwanzig eine zweite Ausbildungsphase, die mindestens drei Jahre dauerte. Unabhängig davon besuchten sie während ihres ganzen Lebens regelmäßige Auffrischungskurse in den Fächern, die sie besonders interessierten.
    Diese Erweiterung der menschlichen Lernphase weit über den Beginn der körperlichen Reife hinaus hatte zu vielen sozialen Veränderungen geführt. Einige davon waren bereits seit Generationen notwendig geworden, doch frühere Zeitalter hatten es versäumt, sich den Herausforderungen zu stellen – oder hatten so getan, als würden sie gar nicht existieren. Insbesondere das übliche sexuelle Verhaltensmuster  – sofern es jemals ein bestimmtes Verhaltensmuster gegeben hatte – war radikal verändert. Diese Umwälzung wurde durch zwei Erfindungen ausgelöst, die ironischerweise rein menschliche Entwicklungen waren, an denen die Overlords keinen Anteil gehabt hatten.
    Die erste war ein absolut zuverlässiges Verhütungsmittel, die zweite eine ebenso unfehlbare Methode, den Vater jedes Kindes bestimmen zu können, und zwar durch eine sehr detaillierte Blutanalyse, die so sicher wie ein Fingerabdruck war. Die Auswirkungen dieser beiden Erfindungen auf die menschliche Gesellschaft lassen sich nur als überwältigend beschreiben, und sie fegten die letzten Überreste der puritanischen Verirrung fort.
    Eine weitere große Veränderung war die gesteigerte Mobilität der neuen Gesellschaft. Dank der Vervollkommnung des Luftverkehrs konnte jeder in kürzester Zeit überallhin reisen. Am Himmel war viel mehr Platz als früher auf den Straßen, und das einundzwanzigste Jahrhundert wiederholte in größerem Maßstab die amerikanische Leistung, eine Nation auf Rädern zu etablieren. Es hatte der Welt Flügel verliehen.
    Allerdings nicht in buchstäblichem Sinne. Das gewöhnliche private Fluggefährt besaß gar keine Flügel, genauso wenig wie sichtbare Kontrollen. Selbst die schwerfälligen Rotoren der alten Hubschrauber waren verschwunden.

Weitere Kostenlose Bücher