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Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Generation: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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glatt wie eine Rutschbahn, und es schien unmöglich zu sein, auf gewöhnliche Art hinauf- oder hinunterzugehen.
    Die Welt beobachtete die dunkle Öffnung, in der sich immer noch nichts bewegte. Dann drang die selten gehörte, aber unvergessliche Stimme Karellens leise aus einer verborgenen Quelle. Seine Botschaft hätte kaum unerwarteter sein können.
    »Am Fuß der Rampe stehen einige Kinder. Ich möchte, dass zwei von ihnen heraufkommen, um mich zu begrüßen.«
    Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann stürmten ein Junge und ein Mädchen aus der Menge nach vorn und gingen wie selbstverständlich auf die Rampe zu und in die Geschichte ein. Andere folgten, wurden aber zurückgehalten, als Karellens amüsierte Stimme aus dem Schiff ertönte: »Zwei genügen.«
    In eifriger Vorfreude auf das Abenteuer sprangen die etwa sechsjährigen Kinder auf das metallene Band. Da geschah das erste Wunder.
    Die Kinder winkten munter der Menge und ihren besorgten Eltern zu, die sich, als es bereits zu spät war, möglicherweise an das Märchen vom Rattenfänger erinnerten. Im nächsten Augenblick stiegen sie schnell die steile Rampe hinauf. Aber ihre Beine bewegten sich nicht, und bald war zu sehen, dass ihre Körper rechtwinklig auf dem merkwürdigen Steg standen. Er besaß eine eigene Schwerkraft, die von der Erde unabhängig war. Die Kinder genossen dieses neuartige Erlebnis und fragten sich, wodurch sie nach oben gezogen wurden, als sie auch schon im Schiff verschwanden.
    Ein ungeheures Schweigen lag zwanzig Sekunden lang über der ganzen Welt, obwohl hinterher niemand glauben wollte, dass die Zeit so kurz gewesen war. Dann schien sich die Dunkelheit der großen Öffnung vorwärts zu bewegen, und Karellen trat ins Sonnenlicht hinaus. Der Junge saß auf seinem linken Arm, das Mädchen auf dem rechten. Beide waren viel zu sehr damit beschäftigt, mit Karellens Flügeln zu spielen, um auf die Zuschauermenge zu achten.
    Dank der Psychologie der Overlords und der jahrelangen sorgfältigen Vorbereitung wurden nur wenige Menschen ohnmächtig. Aber es gab noch manche, die einen furchtbaren Augenblick lang das uralte Entsetzen auf ihre Seele einstürmen fühlten, bis der Verstand es für immer verbannte.
    Ein Irrtum war nicht möglich. Die lederartigen Flügel, die kleinen Hörner, der buschige Schwanz, alles war vorhanden. Die schrecklichste aller Legenden aus unbekannter Vergangenheit war lebendig geworden. Aber nun stand sie in dunkler Majestät lächelnd da, während das Sonnenlicht auf dem gewaltigen Körper schimmerte und auf ihren Armen vertrauensvoll zwei Kinder ruhten.

6
    F ünfzig Jahre sind genügend Zeit, um eine Welt und ihre Bevölkerung fast bis zur Unkenntlichkeit zu verwandeln. Für diese Aufgabe ist nicht mehr erforderlich als eine gründliche Kenntnis soziologischer Techniken, ein klarer Blick für das erstrebte Ziel – und Macht.
    Diese Dinge besaßen die Overlords. Obwohl ihr Ziel weiterhin unbekannt blieb, waren ihre Kenntnisse offenkundig und ebenso ihre Macht.
    Diese Macht nahm viele Formen an, die nur wenige der Völker erkannten, deren Schicksal die Overlords nun regierten. Die in ihren großen Schiffen verborgene Macht war für jedes Auge deutlich sichtbar gewesen. Aber hinter dieser Entfaltung schlummernder Kräfte standen andere und feinere Waffen.
    »Alle politischen Probleme«, hatte Karellen einmal zu Stormgren gesagt, »können durch die richtige Anwendung von Macht gelöst werden.«
    »Das klingt nach einer ziemlich zynischen Bemerkung«, hatte Stormgren zweifelnd erwidert. »Es erinnert mich etwas zu sehr an das Schlagwort von der ›Macht des Stärkeren<. In unserer Vergangenheit blieb die Anwendung von Macht bemerkenswert erfolglos.«
    »Es geht um die korrekte Anwendung der Macht. Sie haben niemals wirkliche Macht oder die Kenntnisse besessen, die nötig sind, um sie auszuüben. Wie bei allen Problemen gibt es wirksame und unwirksame Strategien. Nehmen wir beispielsweise an, eine Ihrer Nationen würde versuchen, sich unter der Führung eines fanatischen Herrschers gegen mich aufzulehnen. Die höchst unwirksame Antwort auf eine solche Bedrohung wären einige Milliarden PS in Form von Atombomben. Wenn ich genügend Bomben einsetzen würde, wäre die Lösung vollständig und endgültig. Sie wäre aber auch unwirksam, selbst wenn sie keine anderen Mängel hätte.«
    »Und die wirksame Lösung?«
    »Die erfordert lediglich die Energie eines kleinen Rundfunksenders  – und die Fähigkeit, ihn zu

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