Die letzte Generation: Roman (German Edition)
in seiner Stimme, das nicht ganz Mitleid und nicht ganz Verachtung war.
»Ihre Spezies hat eine bemerkenswerte Unfähigkeit an den Tag gelegt, mit den Problemen Ihres eigenen, ziemlich kleinen Planeten fertig zu werden. Als wir zu Ihnen kamen, waren Sie im Begriff, sich selbst mit den Kräften zu vernichten, die die Wissenschaft Ihnen übereilt zur Verfügung gestellt hatte. Ohne unsere Einmischung wäre die Erde heute eine radioaktive Wüste. Jetzt leben Sie in einer friedlichen Welt und sind eine vereinte Kultur. Bald werden Sie zivilisiert genug sein, Ihren Planeten ohne unseren Beistand zu verwalten. Vielleicht könnten Sie irgendwann sogar die Probleme eines ganzen Sonnensystems mit fünfzig Monden und Planeten meistern. Aber bilden Sie sich wirklich ein, dass Sie jemals damit zurechtkommen würden?«
Der Nebel dehnte sich aus. Jetzt rasten die einzelnen Sterne vorbei, erschienen und verschwanden so schnell wie die Funken eines Schmiedefeuers. Und jeder dieser vergänglichen Funken war eine Sonne mit wie vielen kreisenden Welten ...
»In dieser unserer Milchstraße«, murmelte Karellen, »gibt es siebenundachtzig Milliarden Sonnen. Selbst diese Zahl vermittelt nur eine schwache Vorstellung von der Unermesslichkeit des Weltraums. Wenn Sie es versuchen wollten, wären Sie wie Ameisen, die alle Sandkörner in allen Wüsten der Welt verzeichnen und klassifizieren wollten. Auf Ihrer jetzigen Entwicklungsstufe könnten Sie diese ungeheure Aufgabe nicht meistern. Eine meiner Pflichten bestand darin, Sie gegen die Mächte und Kräfte zu schützen, die zwischen den Sternen walten – Kräfte jenseits von allem, was Sie sich jemals vorstellen können.«
Das Bild der wirbelnden Feuernebel der Milchstraße verschwand. Das Licht kehrte in die plötzliche Stille des großen Raums zurück.
Karellen wandte sich zum Gehen. Die Audienz war vorbei. An der Tür blieb er stehen und blickte auf die stumm gewordene Menge zurück.
»Es mag bitter klingen, aber Sie müssen sich damit abfinden. Die Planeten können Sie eines Tages besitzen. Aber die Sterne sind nicht für den Menschen.«
DRITTER TEIL
Die letzte Generation
15
»S ieh dir das an!«, regte sich George Greggson auf und schleuderte Jean die Zeitung zu.
Obwohl Jean sich bemühte, das Blatt aufzufangen, landete es auf dem Frühstückstisch. Jean schabte geduldig die Marmelade ab und las die beanstandete Stelle, wobei sie ihr Bestes tat, Missbilligung zu zeigen. Doch sie war darin nicht sehr geschickt, weil sie allzu oft mit den Kritikern übereinstimmte. Gewöhnlich behielt sie diese ketzerischen Ansichten für sich, und zwar nicht nur, um Frieden und Ruhe zu haben. George war durchaus bereit, Lob von ihr – oder sonst jemandem – entgegenzunehmen, aber wenn sie seine Arbeit zu kritisieren wagte, hielt er ihr einen vernichtenden Vortrag über ihre künstlerische Unwissenheit.
Sie las den Artikel zweimal durch, dann gab sie es auf. Sie empfand ihn als recht positiv, was sie auch äußerte. »Ihm scheint die Vorstellung gefallen zu haben. Worüber ärgerst du dich?«
»Hier!«, fauchte George und tippte mit dem Finger auf die Mittelspalte. »Lies es noch einmal!«
»›Besonders wohltuend für das Auge war das zarte Pastellgrün des Hintergrundes bei den Balletteinlagen.‹ Ja, und?«
»Es war nicht grün! Ich habe viel Zeit darauf verwendet, genau diese Blauschattierung hinzubekommen! Und was geschieht? Irgendein verdammter Techniker im Kontrollraum bringt das Farbgleichgewicht durcheinander, oder dieser Idiot von Kritiker hat einen farbenblinden Fernseher. Welche Farbe hatte es auf unserem Bildschirm?«
»Äh ... daran kann ich mich nicht erinnern«, gestand Jean. »Unsere Kleine fing gerade an zu schreien, und ich musste nachsehen, was mit ihr los war.«
»Oh«, sagte George nur und verfiel in leise schwelendes Schweigen. Jean wusste jedoch, dass jeden Augenblick ein neuer Ausbruch zu erwarten war. Als er dann erfolgte, fiel er allerdings recht sanft aus.
»Ich habe eine neue Definition für das Fernsehen gefunden«, murmelte George düster. »Ich bin der Meinung, dass es ein Mittel ist, die Verbindung zwischen Künstler und Publikum zu verhindern .«
»Was willst du dagegen tun?«, gab Jean zurück. »Zum lebenden Theater zurückkehren?«
»Warum nicht?«, fragte George. »Genau daran habe ich gedacht. Du erinnerst dich an den Brief, den ich von den Neu-Athenern bekommen habe? Sie haben mir wieder geschrieben. Diesmal werde ich
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