Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Generation: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
menschlichen Augen. Die doppelten Atemöffnungen auf jeder Wange – sofern man die gefurchten und gewölbten Basaltflächen als Wangen bezeichnen konnte – gaben ein sehr leises Pfeifen von sich, wenn Karellens hypothetische Lungen in der dünnen Luft der Erde arbeiteten. Golde konnte erkennen, wie der Vorhang aus feinen weißen Haaren hin-und herflatterte und phasenversetzt auf Karellens schnellen, doppelten Atemzyklus reagierte. Man nahm an, dass es sich um Staubfilter handelte, und auf dieser dünnen Basis waren ausgeklügelte Theorien über die Atmosphäre auf der Heimatwelt der Overlords konstruiert worden.
    »Ja, ich habe einige Neuigkeiten für Sie. Wie Sie zweifellos wissen, hat eins meiner Versorgungsschiffe kürzlich die Erde verlassen, um zu seinem Stützpunkt zurückzukehren. Wir haben soeben entdeckt, dass sich ein blinder Passagier an Bord befindet.«
    Hundert Bleistifte hielten plötzlich inne. Hundert Augenpaare richteten sich auf Karellen.
    »Ein blinder Passagier, sagten Sie, Herr Verwalter?«, fragte Golde. »Dürfen wir erfahren, um wen es sich handelt – und wie er an Bord gekommen ist?«
    »Sein Name ist Jan Rodricks. Er ist Student des Ingenieurwesens an der Universität Kapstadt. Weitere Einzelheiten können Sie zweifellos über Ihre eigenen, sehr guten Kanäle ermitteln.«
    Karellen lächelte. Das Lächeln des Verwalters war eine seltsame Sache. Den größten Anteil an dieser Regung hatten seine Augen. Der starre, lippenlose Mund bewegte sich fast gar nicht. War auch das, fragte sich Golde, eine der vielen menschlichen Gewohnheiten, die Karellen mit so großer Geschicklichkeit nachgeahmt hatte? Denn die Gesamtwirkung war zweifellos die eines Lächelns, und man nahm es bereitwillig als solches an.
    »Wie er es angestellt hat«, fuhr der Verwalter fort, »ist von zweitrangiger Bedeutung. Ich kann Ihnen und allen unternehmungslustigen Astronauten versichern, dass es keine Möglichkeit gibt, diese Heldentat zu wiederholen.«
    »Was wird mit diesem jungen Mann geschehen?«, hakte Golde nach. »Wird er zur Erde zurückgeschickt?«
    »Das liegt außerhalb meiner Entscheidungsbefugnisse, aber ich erwarte, dass er mit dem nächsten Schiff zurückkommt. Dort, wohin er gereist ist, herrschen zu ... fremdartige Lebensbedingungen für ihn. Und das bringt mich zum Hauptzweck unserer heutigen Versammlung.«
    Karellen machte eine Pause, und es wurde noch stiller.
    »Unter den jüngeren und romantischeren Elementen Ihrer Bevölkerung sind häufig Klagen laut geworden, weil Ihnen der Weltraum verschlossen ist. Wir hatten einen Grund dafür, wir erlassen Verbote nicht zu unserem Vergnügen. Haben Sie jemals überlegt, was ein Mensch aus Ihrem Steinzeitalter – wenn Sie mir diesen wenig schmeichelhaften Vergleich verzeihen wollen – empfunden hätte, wenn er plötzlich in eine moderne Stadt versetzt worden wäre?«
    »Gewiss«, protestierte die Herald Tribune, »gibt es da einen grundlegenden Unterschied. Wir sind mit der Wissenschaft vertraut. In Ihrer Welt gibt es zweifellos viele Dinge, die wir nicht verstehen, aber sie würden uns nicht wie Zauberei vorkommen.«
    »Sind Sie sich dessen ganz sicher?«, fragte Karellen so leise, dass man seine Worte kaum hören konnte. »Nur hundert Jahre liegen zwischen dem Zeitalter der Dampfkraft und dem der Elektrizität, aber was hätte ein Ingenieur der viktorianischen Zeit von einem Fernsehgerät oder einem elektronischen Computer gehalten? Und wie lange hätte er überlebt, wenn er versucht hätte, ihre Funktionsweise zu erforschen? Die Kluft zwischen zwei Technologien kann so groß werden, dass sie ... tödlich wird.«
    (»Hallo!«, flüsterte Reuter der BBC zu. »Wir haben Glück. Er wird eine bedeutende politische Erklärung abgeben. Ich kenne die Anzeichen.«)
    »Und es gibt noch weitere Gründe, warum wir der Menschheit nicht erlauben, die Erde zu verlassen. Passen Sie auf!«
    Das Licht wurde noch matter und erlosch. Gleichzeitig bildete sich in der Mitte des Raums eine milchige Masse. Sie formte sich zu einem Wirbel von Sternen, einem Spiralnebel, betrachtet von einem Punkt weit außerhalb seiner äußersten Sonne.
    »Kein menschliches Auge hat jemals dieses Bild gesehen«, ertönte Karellens Stimme aus der Dunkelheit. »Sie blicken auf Ihr eigenes Universum, auf die Insel der Milchstraße, der Ihre Sonne angehört, aus einer Entfernung von einer halben Million Lichtjahren.«
    Ein langes Schweigen folgte. Dann fuhr Karellen fort, und jetzt lag etwas

Weitere Kostenlose Bücher