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Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Generation: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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vorbeiziehender weiterer Mond sein.
    Jan ließ seinen Blick langsam den Horizont entlanggleiten. Die Wolkendecke erstreckte sich deutlich sichtbar bis zum Rand dieser ungeheuren Welt. Aber in einer Richtung, in nicht abzuschätzender Entfernung, gab es einen unregelmäßigen Fleck, der vielleicht die Türme einer anderen Stadt bezeichnete. Jan sah sich diese Stelle lange an, dann setzte er die sorgfältige Beobachtung seiner Umgebung fort.
    Als er eine halbe Drehung gemacht hatte, entdeckte er den Berg. Er lag nicht am Horizont, sondern dahinter, ein einziger, zerklüfteter Gipfel, der sich über den Rand der Welt erhob und dessen untere Hänge verborgen waren, wie bei einem Eisberg, dessen größter Teil unter der Wasseroberfläche lag. Jan versuchte, seine Größe abzuschätzen, aber mit völligem Misserfolg. Selbst auf einer Welt mit so geringer Schwerkraft war es kaum vorstellbar, dass es solche Berge geben konnte. Ob die Overlords wohl seine Hänge erstiegen und Adlern gleich um seine ungeheuren Felsen schwebten?
    Dann vollzog sich eine langsame Veränderung des Berges. Als Jan ihn zuerst gesehen hatte, war er von fast düsterroter Farbe gewesen, mit ein paar schwachen Flecken in der Nähe des Gipfels, die er nicht genauer erkennen konnte. Er versuchte, sich darauf zu konzentrieren, als er bemerkte, dass sie sich bewegten ...
    Zuerst traute er seinen Augen nicht. Dann machte er sich bewusst, dass all seine vorgefassten Begriffe hier wertlos waren. Er durfte nicht zulassen, dass sein Geist irgendwelche Eindrücke verwarf, die seine Sinne in die verborgene Kammer seines Gehirns trugen. Er durfte nicht versuchen zu begreifen – er durfte nur beobachten. Das Verständnis würde später kommen oder nie.
    Der Berg – er bezeichnete ihn noch immer so, denn es gab kein anderes Wort dafür – schien lebendig zu sein. Er dachte an das monströse Auge in der tiefen Gruft – aber nein, das war unvorstellbar. Es war kein organisches Leben, was er hier beobachtete. Es war nicht einmal Materie, wie er sie kannte.
    Das dunkle Rot erhellte sich zu einer grelleren Tönung. Streifen aus strahlendem Gelb erschienen, sodass Jan für einen Augenblick das Gefühl hatte, einen Vulkan zu betrachten, aus dem sich Lavaströme auf das Land ergossen. Aber diese Ströme bewegten sich aufwärts, wie er an gelegentlichen Flecken erkennen konnte.
    Jetzt erhob sich etwas anderes aus den roten Wolken am Fuß des Berges. Es war ein riesiger Ring, völlig waagerecht und völlig kreisrund, und er hatte die Farbe dessen, was Jan so weit hinter sich gelassen hatte, denn der Himmel der Erde konnte nicht in einem schöneren Blau erstrahlen. Nirgendwo in der Welt der Overlords hatte er solche Farben gesehen, und seine Kehle schnürte sich zusammen, weil sie Gefühle großer Sehnsucht und Einsamkeit in ihm hervorriefen.
    Der Ring dehnte sich aus, während er hinaufstieg. Jetzt stand er höher als der Berg, und der Jan zugewandte Bogen kam schnell näher. Es musste irgendein Wirbel sein, dachte Jan, ein Rauchring, der bereits viele Kilometer breit war. Aber er wies keine Rotation auf, wie er sie erwartete, und schien fest zu bleiben, obwohl sein Umfang sich vergrößerte.
    Sein Schatten glitt vorbei, lange bevor der Ring selbst majestätisch über ihm schwebte und weiter in die Höhe stieg. Jan beobachtete ihn, bis er zu einem dünnen blauen Faden geworden war, den das Auge in der umgebenden Röte des Himmels kaum noch wahrzunehmen vermochte. Als er schließlich verschwand, musste er schon viele tausend Kilometer breit gewesen sein. Und seine Größe nahm immer noch zu.
    Er blickte zurück auf den Berg, der nun in goldener Farbe leuchtete und die Flecken verloren hatte. Vielleicht war es Einbildung – Jan konnte inzwischen fast alles glauben –, aber er wirkte höher und schmaler und schien sich wie der Trichter eines Wirbelsturms zu drehen. Erst jetzt erinnerte sich Jan, der noch immer wie betäubt und von seinen Verstandeskräften verlassen war, an seine Kamera. Er hob sie in Augenhöhe und richtete sie auf das unmögliche, erschütternde Rätsel.
    Vindarten trat schnell dazwischen. Mit unerbittlicher Festigkeit bedeckten seine großen Hände die Linse und zwangen Jan, die Kamera zu senken. Jan versuchte nicht, Widerstand zu leisten. Es wäre ohnehin nutzlos gewesen, aber nun empfand er plötzlich eine tödliche Furcht vor jenem Etwas da draußen am Rand der Welt und wollte nichts mehr damit zu tun haben.
    Auf all seinen Ausflügen hatte es

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