Die letzte Generation
Teil der menschlichen Rasse alle sechs Monate von der Arktis zur Antarktis, auf der Suche nach dem langen Polarsommer, der keine Nächte kannte. Andere waren in die Wüste gegangen, auf die Berge oder sogar ins Meer. Es gab keinen Ort auf dem Planeten, wo Wissenschaft und Technik einem nicht ein behagliches Heim schaffen konnten, wenn man es nur lebhaft genug wünschte.
Einige der ausgefallensten Wohnsitze lieferten die wenigen Sensationsberichte in den Zeitungen. Auch in der bestgeordneten Gesellschaft wird es immer Unfälle geben. Vielleicht war es ein gutes Zeichen, daß die Leute es lohnend fanden, wegen eines hübschen Hauses nahe dem Gipfel des Mount Everest oder hinter dem Gischt der Viktoriafälle ihr Leben zu wagen und sich gelegentlich auch den Hals zu brechen. Infolgedessen mußte immer irgend jemand von irgendwo gerettet werden. Es war eine Art Spiel geworden, fast ein planetarischer Sport.
Die Menschen konnten sich solchen Launen hingeben, weil sie Zeit und Geld hatten. Die Abschaffung der bewaffneten Streitkräfte hatte mit einem Schlage den tatsächlichen Reichtum der Welt fast verdoppelt, und die vermehrte Produktion hatte das übrige getan. Infolgedessen konnte man den Lebensstandard der Menschen des einundzwanzigsten Jahrhunderts schwer mit dem irgendwelcher ihrer Vorgänger vergleichen. Alles war so billig, daß man die Dinge, die man zum Leben brauchte, als eine Dienstleistung des Staates umsonst bekam, so wie früher Straßen, Wasser, Straßenbeleuchtung und Kanalisation geliefert worden waren. Ein Mensch konnte reisen, wohin er wollte, essen, was er mochte – ohne irgendwie Geld dafür zu zahlen. Er hatte dieses Recht dadurch erworben, daß er ein produktives Mitglied der Gemeinschaft war.
Es gab natürlich einige Drohnen, aber die Anzahl der Menschen, die einen genügend starken Willen haben, um sich einem Leben völliger Trägheit hinzugeben, ist viel kleiner, als im allgemeinen angenommen wird. Die Erhaltung solcher Schmarotzer war eine erheblich geringere Belastung als die Heere der Fahrkartenkontrolleure, der Verkäufer, der Bankangestellten, der Makler und so weiter zu versorgen, deren Hauptaufgabe, genau betrachtet, darin bestand, Summen von einem Buch ins andere zu übertragen.
Fast ein Viertel der Gesamttätigkeit der menschlichen Rasse wurde, wie berechnet worden war, jetzt für verschiedene Sportarten aufgewandt, die von so seßhaften Beschäftigungen wie Schach bis zu so halsbrecherischen Unternehmungen wie Schilaufen in den Bergen reichten. Eine unerwartete Folge davon war das Aussterben des berufsmäßigen Sportsmannes. Es gab zu viele glänzende Amateure, und die veränderten wirtschaftlichen Bedingungen ließen das frühere System veraltet erscheinen.
Nächst dem Sport war die Unterhaltung in allen ihren Zweigen die größte Industrie. Länger als hundert Jahre hatte es Menschen gegeben, die Hollywood für den Mittelpunkt der Welt hielten. Sie konnten diese Behauptung jetzt besser begründen als je zuvor, aber man konnte ruhig sagen, daß ihnen die meisten Filme des Jahres 2050 im Jahre 1950 geistig viel zu hoch erschienen wären. Es hatte einen Fortschritt gegeben: Die Eintrittskasse war nicht mehr entscheidend für die Produktion.
Aber bei all den Zerstreuungen und Ablenkungen auf einem Planeten, der auf dem besten Wege schien, ein einziger riesiger Spielplatz zu werden, gab es immer noch einige Menschen, die Zeit fanden, eine alte und niemals beantwortete Frage zu wiederholen: »Wohin gehen wir eigentlich?«
Jan lehnte sich gegen den Elefanten, und seine Hände ruhten auf der Haut, die rauh war wie die Rinde eines Baumes. Er blickte zu den großen Stoßzähnen und dem geschwungenen Rüssel auf, der durch die Geschicklichkeit des Ausstopfenden im Augenblick der Herausforderung oder der Begrüßung festgehalten war. Was für noch unheimlichere Geschöpfe, fragte er sich, aus welchen unbekannten Welten, würden eines Tages diesen von der Erde Verbannten betrachten?
»Wie viele Tiere habt ihr den Overlords geschickt?« fragte er Rupert.
»Mindestens fünfzig, aber natürlich ist dies hier das größte. Er ist prachtvoll, nicht wahr? Die meisten andern waren recht klein … Schmetterlinge, Schlangen, Affen und so weiter. Aber voriges Jahr habe ich ein Flußpferd bekommen.«
Jan verzog das Gesicht zu einem Lächeln. »Es ist ein krankhafter Gedanke, aber ich vermute, sie haben jetzt schon eine ansehnliche ausgestopfte Gruppe des Homo sapiens in ihrer Sammlung. Ich
Weitere Kostenlose Bücher