Die letzte Generation
Fische verscheucht: Wenn irgendein Geschöpf sich näherte, um die Störung zu untersuchen, so würde es so groß sein, daß es den Begriff Furcht nicht kannte.
Die kleine Kabine vibrierte von Kraft, jener Kraft, die das ungeheure Gewicht des Wassers über ihren Köpfen meistern und diese kleine Blase von Licht und Luft schaffen konnte, in der Menschen zu leben vermochten. Wenn diese Kraft versagte, dachte Jan, so würden sie Gefangene in einem Metallsarge sein, tief im Schlamm des Ozeangrundes begraben.
»Zeit, eine Messung zu machen«, sagte der Pilot. Er drehte an einigen Schaltern, und das Unterseeboot kam langsam zum Stillstand, als die Düsen den Antrieb einstellten. Das Schiff lag regungslos da und schwamm in völligem Gleichgewicht, wie ein Ballon in der Atmosphäre.
Es dauerte nur einen Augenblick, mit Hilfe der Schallwellen ihre Position festzustellen. Als der Pilot seine Instrumente abgelesen hatte, bemerkte er: »Ehe wir die Motoren wieder anstellen, wollen wir versuchen, ob wir irgend etwas hören können.«
Der Lautsprecher erfüllte den stillen kleinen Raum mit einem leisen, andauernden Gemurmel von Tönen. Es gab darin kein auffallendes Geräusch, das Jan von den übrigen hätte unterscheiden können. Es war ein gleichmäßiger Hintergrund, in dem alle einzelnen Töne ineinander übergingen. Jan wußte, daß er hier dem Gespräch der Myriaden von Meerestieren miteinander lauschte. Es war, als stände er mitten in einem Walde, der von Leben strotzte, nur daß er dort einige Stimmen erkannt hätte. Hier konnte nicht ein einziger Faden des Tongewebes herausgelöst und identifiziert werden. Es war so fremd, so fern allem, was Jan je erlebt hatte, daß sein Schädel zu brummen begann. Und doch war dies ein Teil seiner eigenen Welt …
Der Schrei durchschnitt den vibrierenden Hintergrund wie ein Blitz, der in einer dunklen Gewitterwolke aufzuckt. Er verebbte rasch in einem trauervollen Klagen, einem Geheul, das leiser wurde und erstarb, jedoch einen Augenblick später aus einer entfernteren Quelle wiederholt wurde.
Dann brach ein Chor von Schreien los, ein Pandämonium, das den Piloten veranlaßte, rasch nach dem Lautstärkeregler zu greifen.
»Um Himmels willen, was war das?« ächzte Jan.
»Unheimlich, nicht wahr? Es ist ein Walschwarm, etwa zehn Kilometer entfernt. Ich wußte, daß sie in der Nachbarschaft wären und dachte mir, daß Sie sie gern hören würden.«
Jan schüttelte sich. »Und ich habe immer gedacht, das Meer wäre still! Warum machen sie so einen Krach?«
»Sie reden miteinander, vermute ich. Sullivan könnte es Ihnen sagen – man behauptet, er könne die einzelnen Wale an der Stimme erkennen, obwohl ich das kaum glauben kann. Hallo, wir haben Gesellschaft bekommen!«
Ein Fisch mit unglaublich hervorstehenden Kiefern wurde auf dem Bildschirm sichtbar. Er schien ziemlich groß zu sein, aber da Jan den Maßstab des Bildes nicht kannte, konnte er es schwer beurteilen. Von einer Stelle dicht unter den Kiemen hing eine lange Ranke herunter, die in einem nicht zu bestimmenden glockenförmigen Organ endete.
»Wir sehen es im Infrarot«, sagte der Pilot. »Wir wollen uns das normale Bild ansehen.«
Der Fisch verschwand völlig. Nur das Gehänge blieb sichtbar, da es mit seiner eigenen Leuchtkraft schimmerte. Dann konnte man für einen Augenblick die Gestalt des Geschöpfes sehen, als eine Lichtpunktreihe seinen Körper entlangglitt.
»Es ist ein Seeteufel: Die Lichter sind der Köder, den er benutzt, um andere Fische zu fangen. Phantastisch, nicht wahr? Was ich nicht verstehe: Warum lockt sein Köder nicht Fische an, die groß genug sind, ihn zu fressen? Aber wir können hier nicht den ganzen Tag warten. Passen Sie auf, wie er davonrast, wenn ich die Düsen anstelle.«
Wieder erzitterte die Kabine, als das Schiff sich langsam in Bewegung setzte. Der große, leuchtende Fisch ließ plötzlich all seine Lichter aufzucken, wie zu einem heftigen Alarmsignal, und schoß wie ein Meteor in die Finsternis der Tiefe hinein.
Nach weiteren zwanzig Minuten langsamen Abstiegs ertasteten die unsichtbaren Finger der Suchstrahlen die erste Spur des Meeresgrundes. Weit unten in der Tiefe glitt eine Reihe von niedrigen Hügeln mit seltsam sanften und gerundeten Umrissen vorbei. Die Unregelmäßigkeiten, die sie vielleicht einstmals besessen haben mochten, waren längst durch den unaufhörlichen Regen aus den wässerigen Höhen über ihnen ausgelöscht worden. Selbst hier, mitten im Pazifik, fern
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