Die letzte Generation
Meter langer Pottwal würde kaum bemerkt werden. Wenn man so viel Kraft und so viele Hilfsquellen besaß, konnte einem nicht an kleineren Ersparnissen liegen.
Professor Sullivan stand neben einer der großen Plastiken, die seit Entdeckung der Osterinsel für die Archäologie ein so großes Rätsel gewesen waren. Wen sie nun auch darstellen mochte, ob König, ob Gott, ihre blinden Augen schienen seinem Blick zu folgen, während er auf seine Arbeit schaute. Er war stolz auf sein Werk; es war bedauerlich, daß es bald für immer dem menschlichen Betrachter entzogen wurde.
Dieses Gebilde hätte das Werk irgendeines wahnsinnigen Künstlers im Rauschgiftdelirium sein können. Und doch war es eine sorgfältige Kopie des Lebens: Hier war die Natur selbst die Künstlerin. Dieses Schauspiel hatten bis zur Entwicklung des Unterwasserfernsehens nur wenige Menschen jemals gesehen, und selbst dann nur für Sekunden bei den seltenen Gelegenheiten, wenn diese riesigen Gegner sich zur Oberfläche hinaufarbeiteten. Diese Kämpfe wurden in der endlosen Nacht der Ozeantiefen ausgefochten, wo die Pottwale ihre Beute erjagten, eine Beute, die sich heftig dagegen wehrte, lebend verschlungen zu werden.
Der lange, mit Sägezähnen besetzte Unterkiefer des Wals war weit geöffnet, bereit, die Beute zu packen. Der Kopf des Riesenpolypen war fast versteckt unter dem Netzwerk von weißen, schwammigen Armen, mit denen er verzweifelt um sein Leben kämpfte. Bläuliche Saugmale mit einem Durchmesser von zwanzig Zentimetern oder mehr hatten die Haut des Wals überall da, wo diese Arme sich angeklammert hatten, gefleckt … Ein Fangarm war schon verstümmelt, und über den endgültigen Ausgang des Kampfes konnte es keinen Zweifel geben. Wenn die beiden größten Tiere der Erde miteinander kämpften, war der Wal immer der Sieger. Trotz der ungeheuren Kraft der unzähligen Fangarme lag die einzige Hoffnung des Polypen darin, zu entkommen, bevor der geduldig mahlende Kiefer ihn in Stücke zersägt hatte. Seine großen, ausdruckslosen Augen, einen halben Meter voneinander entfernt, starrten seinen Vernichter an, obwohl höchstwahrscheinlich in der Finsternis der Tiefe kein Geschöpf das andere sehen konnte.
Das ganze Ausstellungsstück war über dreißig Meter lang und jetzt von einem Aluminiumkäfig umgeben, an dem der Hebekran befestigt war. Alles war bereit, man wartete nur auf die Weisung der Overlords. Sullivan hoffte, daß sie schnell handeln würden; der Aufschub begann unbehaglich zu werden.
Jemand war aus dem Büro in den hellen Sonnenschein hinausgetreten, offenbar um ihn zu suchen. Sullivan erkannte seinen Sekretär und ging ihm entgegen. »Nun, Bill, was ist los?«
Der andere hielt ein Fernschreiben in der Hand und sah sehr erfreut aus. »Gute Nachricht, Herr Professor. Man ehrt uns. Der Oberkontrolleur möchte selbst herkommen und sich unser Werk ansehen, ehe es verfrachtet wird. Denken Sie nur, was das für eine Reklame für uns ist! Das wird uns sehr nützen, wenn wir neue Zuwendungen beantragen. Ich hatte auf so etwas gehofft.«
Professor Sullivan schluckte heftig. Er hatte nichts gegen Reklame, aber diesmal fürchtete er, es könne zuviel des Guten werden.
Karellen stand neben dem Kopf des Wals und blickte zu dem großen, plumpen Maul und den mit Elfenbeinzähnen besetzten Kiefern auf. Sullivan, der sein Unbehagen verbarg, fragte sich, was der Oberkontrolleur wohl denken mochte. Sein Verhalten hatte auf keinen Argwohn schließen lassen, und der Besuch war leicht als ganz normal zu erklären. Aber Sullivan würde froh sein, wenn er vorbei wäre.
»Wir haben nicht so große Geschöpfe wie diese auf unserem Planeten«, sagte Karellen. »Das ist einer der Gründe, warum wir Sie gebeten haben, diese Gruppe zu schaffen. Meine – hm – Landsleute werden sie sehr aufregend finden.«
»Ich nahm an«, erwiderte Sullivan, »daß Sie bei Ihrer niedrigen Schwerkraft einige sehr große Tiere hätten. Sehen Sie doch, wieviel größer Sie sind als wir!«
»Ja, aber wir haben keine Ozeane. Und wenn es um die Größe geht, kann das Land nie mit dem Meer wetteifern.«
Das war durchaus richtig, dachte Sullivan. Und soviel er wußte, war dies eine bisher unbekannte Tatsache über die Welt der Overlords. Das würde den verwünschten Jan sehr interessieren.
In diesem Augenblick saß der junge Mann in einer einen Kilometer entfernten Baracke und beobachtete besorgt durch ein Fernglas die Besichtigung. Er sagte sich, daß nichts zu
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