Die letzte Kolonie
Er wandte sich wieder an Jane. »Trotzdem würde ich gerne erfahren, woher Sie das alles wissen.«
»Ich habe meine Quellen«, sagte Jane. »Und Sie haben uns alles gesagt, was wir wissen müssen. Die Koloniale Union hat uns aufgegeben.«
»Das war nicht meine Entscheidung«, sagte Rybicki. »Und ich halte sie auch nicht für richtig.«
»Ich weiß«, sagte Jane. »Aber an diesem Punkt spielt das eigentlich keine Rolle mehr.«
Rybicki sah mich an und schien auf einen freundlicheren Kommentar zu warten. Doch von mir kam keiner.
»Was haben Sie jetzt vor?«, fragte er.
»Das können wir Ihnen nicht sagen«, antwortete Jane.
»Weil Sie mir nicht vertrauen.«
»Weil durch dieselbe Quelle, von der ich weiß, was Sie denken, jemand anderer erfahren würde, was wir planen. Das können wir uns nicht leisten.«
»Aber Sie planen etwas«, sagte Rybicki. »Sie haben einen geknackten Code benutzt, um uns eine Nachricht zu schicken. Sie wollten, dass sie von anderen mitgelesen wird. Damit möchten Sie jemanden hierherlocken.«
»Es wird Zeit, dass Sie gehen, General«, sagte Jane.
Rybicki blinzelte. Er war es nicht gewohnt, entlassen zu werden. Er stand auf und ging zur Tür, wo er sich noch einmal zu uns umdrehte. »Was auch immer Sie beide vorhaben, ich hoffe, dass es klappt«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie sich alles entwickeln wird, wenn es Ihnen gelingt, diese Kolonie zu retten. Aber es kann nur besser sein als das, was geschieht, wenn Sie es nicht schaffen.« Damit ging er.
Ich drehte mich zu Jane um. »Du musst mir erklären, wie du das gemacht hast. Woher du diese Informationen hast. Du hast mir vorher nichts davon gesagt.«
»Vorher hatte ich diese Informationen auch noch nicht«, sagte sie und tippte sich an die Schläfe. »General Szilard hat mir über dich ausrichten lassen, dass mir die kompletten Kommandofunktionen meines BrainPals zur Verfügung stehen. Eine davon ist die Fähigkeit, Gedanken zu lesen – zumindest innerhalb der Spezialeinheit.«
»Wie bitte?«
»Im Grunde ist es eine ganz einfache Sache«, sagte Jane. »Wenn du einen BrainPal hast, lernt er, deine Gedanken zu lesen. Das ist seine Grundfunktion. Ihn zu benutzen, um die Gedanken anderer Leute zu lesen, ist nur eine Frage der geeigneten Software. Die Generäle der Spezialeinheit haben Zugang zu den Gedanken ihrer Soldaten, obwohl Szilard mir erklärt hat, dass es die meiste Zeit nicht viel nützt, weil die Leute fast nur an belanglose Dinge denken. Doch diesmal konnte ich diese Funktion sehr gut nutzen.«
»Also kann man die Gedanken von jedem anzapfen, der einen BrainPal hat.«
Jane nickte. »Und jetzt weißt du auch, warum ich dich nicht zur Phoenix-Station begleiten konnte. Ich wollte nichts von unseren Plänen verraten.«
Ich deutete auf die Tür, durch die Rybicki soeben nach draußen getreten war. »Gerade hast du sie ihm verraten.«
»Nein. Er weiß nicht, über welche Fähigkeiten ich verfüge. Er fragt sich nur, wer aus seinem Mitarbeiterstab geplaudert hat und wie die Informationen zu mir gelangt sein könnten.«
»Du liest immer noch seine Gedanken?«
»Ich habe nicht damit aufgehört, seit er gelandet ist. Und ich werde es weiter tun, bis er wieder abgeflogen ist.«
»Was denkt er jetzt?«
»Er überlegt immer noch, wie ich an diese Informationen gelangt bin. Und er denkt an uns. Er hofft, dass wir Erfolg haben. Dieser Teil war keine Lüge.«
»Glaubt er, dass wir es schaffen?«
»Natürlich nicht«, sagte Jane.
Die Strahlengeschütze richteten sich auf die Raketen aus und feuerten, aber es waren zu viele, um sie alle ins Visier nehmen zu können. Schließlich vergingen die Geschütze in gewaltigen Explosionen und verstreuten ihre Trümmer im weiten Umkreis, ein gutes Stück von Croatoan entfernt.
»Ich erhalte eine Nachricht«, sagte Jane zu mir und Trujillo. »Eine Anweisung, die Gegenwehr einzustellen und sich auf die Landung gefasst zu machen.« Sie hielt kurz inne. »Man teilt mir mit, dass weiterer Widerstand eine flächendeckende Bombardierung der Kolonie zur Folge hätte. Ich werde aufgefordert, die Nachricht zu bestätigen. Das Ausbleiben einer Antwort wird als Widerstand interpretiert, worauf man die Bombardierung in die Wege leiten wird.«
»Was hältst du davon?«, fragte ich Jane.
»Wir haben alles für diesen Fall vorbereitet«, sagte sie.
»Manfred?«
»Wir sind bereit«, sagte er. »Und ich bete zu Gott, dass es funktioniert.«
»Kranjic? Beata?« Ich drehte mich zu den beiden um, die
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