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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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neuen Armada gerechnet.«
    »Es freut mich, dass ich Sie überraschen konnte.«
    »Das glaube ich gern«, sagte Szilard. »Und nun möchte ich meine Schuld begleichen. Ich weiß, dass Lieutenant Sagan mir immer noch nicht verziehen hat, was ich mit ihr getan habe.«
    »Das hat sie nicht«, pflichtete ich ihm bei. »Sie hat lange gebraucht, sich daran zu gewöhnen, menschlich zu sein, und Sie haben es ihr wieder weggenommen.«
    »Dann sagen Sie Ihr Folgendes: Sie war ein Prototyp. Eine Soldatenversion der Spezialeinheit, die ausschließlich aus dem menschlichen Genom konstruiert wurde. Sie ist hundertprozentig menschlich, bis hinunter zur Anzahl der Chromosomen. Natürlich ist sie besser als ein normaler Mensch, aber sie ist immer noch ein Mensch. Die ganze Zeit war sie nie etwas anderes als ein Mensch.«
    »Sie hat einen BrainPal im Kopf«, gab ich zu bedenken.
    »Darauf sind wir besonders stolz«, sagte Szilard. »Die letzte Generation der BrainPals war sowieso schon größtenteils organisch. Es war eine Menge Arbeit nötig, um so etwas aus dem menschlichen Genom herauszuholen. Lieutenant Sagan
war die Erste, die einen komplett integrierten menschlichen BrainPal besitzt.«
    »Warum haben Sie diesen neuen BrainPal an ihr getestet?«
    »Weil ich wusste, dass sie ihn gut gebrauchen konnte, und weil ihr sehr viel an ihrer Menschlichkeit liegt. Auf beides wollte ich Rücksicht nehmen, und die Technik war bereit, in die Testphase zu gehen. Sagen Sie ihr, es tut mir leid, dass ich ihr das alles nicht früher sagen konnte. Ich hatte meine Gründe, warum ich nicht wollte, dass diese technische Entwicklung allgemein bekannt wird.«
    Ich sah Szilard aufmerksam an. »Und jetzt benutzen Sie die gleiche Technik, nicht wahr?«
    »Richtig. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich völlig menschlich. So menschlich wie jeder andere. Und schon bald wird es bei allen Mitgliedern der Spezialeinheit genauso sein. Das spielt eine sehr große Rolle. Für uns spielt es eine große Rolle und für das, was wir für die Koloniale Union und die Menschheit werden können. Sagen Sie es Jane. Sie ist die Erste von uns. Die Menschlichste von uns. Sagen Sie ihr das, Perry.«

    Wenig später nahm ich Jane zu Kathy mit.
    Meine Heimatstadt in Ohio war noch genauso, wie ich sie vor fast zwanzig Jahren verlassen hatte, nur ein klein wenig heruntergekommener. Wir bogen auf die lange Auffahrt zu meinem alten Haus, wo mein Sohn Charlie auf uns wartete, einschließlich seiner Familie und sämtlichen Personen, mit denen ich auch nur entfernt verwandt war. Seit meiner Rückkehr hatte ich Charlie zweimal wiedergesehen, als er mich in Washington besucht hatte. Er hatte den Schock überwunden, dass ich äußerlich mehrere Jahrzehnte jünger war als er und
Jane seiner Mutter so ähnlich sah. Doch für alle anderen war es eine Premiere.
    Das betroffene Schweigen hätte vielleicht angehalten, wenn Zoë nicht dazwischengeplatzt wäre und das Eis gebrochen hätte, angefangen mit Charlies Sohn Adam, von dem Zoë verlangte, dass er sie »Tante Zoë« nannte, obwohl sie jünger war als er. Langsam wurde unsere Sippe mit uns warm – und mit mir. Man versorgte mich mit dem Klatsch und Tratsch, den ich die letzten zwanzig Jahre verpasst hatte. Jane musste sich Geschichten über Kathy anhören, die ihr völlig unbekannt waren. Zoë wurde von allen verhätschelt, von alten Verwandten wie von pubertierenden Jungen. Savitri erzählte Charlie Witze aus meiner Zeit als Ombudsman. Hickory und Dickory duldeten es, als Kuriositäten bestaunt zu werden.
    Als die Sonne am Himmel tiefer sank, gaben Jane und ich Zoë einen Kuss und setzten uns ab. Wir liefen Richtung Osten über die Landstraße zum Friedhof Harris Creek und dem einfachen Grabstein, auf dem der Name meiner Frau stand.
    »Katharine Rebecca Perry«, las Jane, die vor dem Stein in die Knie gegangen war.
    »Richtig«, sagte ich.
    »Du weinst«, sagte Jane, ohne sich zu mir umzudrehen. »Ich höre es deiner Stimme an.«
    »Tut mir leid. Aber ich hätte nie damit gerechnet, dass ich irgendwann hierher zurückkehren würde.«
    Jane blickte sich um. »Ich wollte dir hiermit keine Schmerzen bereiten.«
    »Schon gut. Es ist richtig, wenn es schmerzt. Ich wollte, dass du sie besuchst. Und ich wollte dabei sein.«
    »Du liebst sie immer noch«, sagte Jane und wandte sich wieder dem Grabstein zu.

    »Ja. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
    »Ich bin ein Teil von ihr«, sagte Jane. »Und sie ist ein Teil von mir. Wenn du sie liebst,

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