Die letzte Kolonie
größeren Gruppen, in ganzen Konstellationen. Und als alle eingetroffen waren, begannen sie zu senden, alle gleichzeitig, eine Willkommensbotschaft, in fast allen bekannten menschlichen Sprachen, und unverschlüsselte Datenpakete, die den jahrzehntelangen historischen und technischen Rückstand der Erde ausglichen. Die Wahrheit – oder das, was der Wahrheit so nahe kam, wie ich es einschätzen konnte. Das war mein Geschenk an die Welt, die einst meine Heimat gewesen war und die ich nun wieder zu meiner Heimat machen wollte.
16
Zuerst erkannte ich ihn gar nicht wieder. Zum Teil lag es an der Umgebung. Es war schon seltsam genug, dass ich auf den Stufen zum Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten stand; ihn dort zu sehen, kam völlig unerwartet für mich. Zum anderen Teil lag es daran, dass er deutlich älter aussah als bei unserer letzten Begegnung. Ebenfalls eine Rolle spielte der Umstand, dass er nicht grün war.
»General Szilard«, sagte ich. »Das ist in der Tat eine Überraschung.«
»Das sollte es auch sein«, sagte er.
»Sie sehen anders aus.«
»Nun ja«, sagte Szilard. »Nachdem die Koloniale Union jetzt mit Staatsregierungen hier auf der Erde zu tun hat, wurde unter anderem festgestellt, dass die hiesigen Politiker uns nicht sehr ernst nehmen, wenn wir so aussehen, wie wir sonst aussehen.«
»Weil Sie zu leicht mit kleinen grünen Männchen verwechselt werden?«
»Oder weil die Menschen denken, dass ich nicht nur hinter den Ohren grün bin«, sagte Szilard. »Also habe ich mich älter gemacht und meine Hautfarbe zu Schweinchenrosa gewechselt. Jedenfalls scheint es zu funktionieren.«
»Ich vermute, Sie sagen den Leuten nicht, dass Sie noch gar nicht alt genug sind, um ein Auto zu mieten.«
»Ich möchte sie nicht noch mehr verwirren«, sagte Szilard. »Haben Sie einen Augenblick Zeit? Ich muss etwas mit Ihnen besprechen.«
»Für heute bin ich mit meinen Gesprächsterminen durch. Ich hätte etwas Zeit.«
Szilard blickte sich übertrieben um. »Wo sind die Scharen von Reportern?«
»Ach, die«, sagte ich. »General Gau sagt heute vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aus. Ich hatte nur einen Termin mit einem landwirtschaftlichen Unterausschuss des Repräsentantenhauses. Es gab eine einzige Kamera für die Öffentlichkeit und mehr nicht. Es ist übrigens schon Monate her, seit jemand sich die Mühe gemacht hat, mir auf Schritt und Tritt zu folgen. Aliens sind wesentlich interessanter.«
»So tief kann man fallen«, konstatierte Szilard.
»Mir macht es nichts aus«, erwiderte ich. »Eine Zeit lang war es nett, auf allen Titelbildern zu sein, aber irgendwann wird es langweilig. Wollen wir ein bisschen laufen?«
»Gern«, sagte Szilard.
Wir gingen in Richtung Mall. Gelegentlich warfen Passanten mir Blicke zu – ob ich nun auf den Titelbildern vertreten war oder nicht, ich war immer noch ein allzu bekanntes Gesicht -, aber die Bewohner von Washington waren viel zu stolz, um wegen des Anblicks eines berühmten Politikers aus dem Häuschen zu geraten. Und der war ich offenbar, in Ermangelung einer besseren Bezeichnung.
»Verstehen Sie meine Frage bitte nicht falsch, General«, sagte ich, »aber warum sind Sie hier?«
»Heute mache ich bei einigen Senatoren etwas Lobbyarbeit«, sagte Szilard. »Der Rekrutierungsstopp der US-amerikanischen Regierung ist zum Problem geworden. Die Mehrheit unserer Rekruten kam immer aus den Staaten. Deshalb war es nie ein Problem, wenn andere Länder ihren Bürgern verboten haben, in unsere Armee einzutreten. Weil ihr Beitrag sowieso
nur geringfügig war. Aber ohne die USA können wir unser Rekrutensoll nicht erfüllen, vor allem jetzt, wo so viele andere Staaten Moratorien gegen die Rekrutierung erlassen haben.«
»Ich habe davon gehört. Aber ich habe Sie nach dem Warum gefragt?«
»Ich scheine die Sprache der Politiker recht gut zu beherrschen«, sagte Szilard. »Offenbar ist es hier von Vorteil, wenn man hinsichtlich sozialer Umgangsformen etwas zurückgeblieben ist, und das sind wir von der Spezialeinheit ohne Zweifel.«
»Glauben Sie erreichen zu können, dass das Moratorium aufgehoben wird?«
Szilard zuckte die Achseln. »Es wird kompliziert. Im Moment ist alles kompliziert, weil die Koloniale Union die Erde so lange in Unwissenheit gehalten hat. Dann sind Sie gekommen und haben allen erzählt, wie viel sie all die Jahre verpasst haben. Jetzt sind die Menschen wütend. Die Frage ist, ob sie letztlich wütend genug sind, um sich gegen den Rest
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