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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Auch der gutaussehende Ispettore,
der neben dem Commissario stand, hatte sie mit großer
Zuvorkommenheit behandelt. Zwei reizende Menschen! Und so
höflich! Signorina Lupi bedauerte inzwischen, die cavalieri zu dieser Unterredung
nicht in ihre warme Wohnung gebeten zu haben. Mein Gott, sie
hätte den Herren wenigstens einen Kaffee anbieten können!
Doch nun war es zu spät. Warum der Commissario so erstaunt und
erfreut gewesen war, als er Petrellis Zeichnung entdeckte, die
immer noch an der Flurwand lehnte, wurde nicht ganz klar. Aber
Signorina Lupi war froh, nicht behauptet zu haben, das Bild
gehöre ihr.
    Nebenan in der
Küche machte sich ein gewisser Dr. Lionardo, offenbar
der medico
legale, an
Petrellis Leiche zu schaffen. Dr. Lionardo war zusammen mit zwei
Sargträgern gekommen, die jetzt vor dem Haus warteten. Ob die
Leiche bewegt worden sei, hatte der medico gleich von ihr wissen wollen. Sie
hatte energisch den Kopf geschüttelt und die Frage
wahrheitsgemäß verneint. Das Durchsuchen der Taschen
konnte man schlecht als bewegen bezeichnen.
    «Signor
Petrelli», fuhr Signorina Lupi fort, «war seit drei
Monaten mit der Miete im Rückstand. Er hat mich immer wieder
vertröstet. Bei unserem letzten Gespräch hat er ein
Geschäft erwähnt, das ihm angeblich viel Geld einbringen
sollte. Aber säumige Mieter erzählen
viel.»
    Das schien den
Commissario zu interessieren. «Hat er sich genauer zu diesem
Geschäft geäußert?»
    «Das hat er
nicht. Ich bezweifle, dass es dieses Geschäft überhaupt
gegeben hat.»
    «Was wissen Sie
über Signor Petrelli?»
    «Nicht viel. Er
ist im letzten Jahr bei mir eingezogen und hat bis vor drei Monaten
seine Miete pünktlich bezahlt.» Signorina Lupi
überlegte einen Moment. Dann sagte sie: «Er trank, aber
das war seine Privatsache und ging mich nichts
an.»
    «Hatte er
Freunde?»
    «Das kann ich
Ihnen nicht sagen.»
    «Besuch in den
letzten Tagen?»
    Signorina Lupi senkte
bejahend den Kopf. «Am Sonnabend Mittag - also vor zwei
Tagen. Da hat ihn ein Herr besucht. Ich traf ihn zufällig im
Flur.»
    «Könnten
Sie den Mann beschreiben? Alter, Größe, Gesicht? War er
dick oder eher dünn?»
    «Weder - noch.
Alter vielleicht um die fünfzig.»
    «Mehr
können Sie nicht sagen?
    «Ich habe ihn
leider nur ganz kurz gesehen.» «Wovon hat Signor
Petrelli gelebt?»
    «Er hatte Arbeit
auf San Lazzaro.»
    Der Ispettore hob
erstaunt die Augenbrauen. «Auf der
Klosterinsel?»
    Signorina Lupi nickte.
«Was er dort getan hat, weiß ich allerdings
nicht.»
    Jetzt schaltete sich
der gutaussehende Ispettore in die Unterhaltung ein. Der Ispettore
hatte die ganze Zeit mit versonnenem Gesichtsausdruck am Fenster
gestanden und hin und wieder eine Melodie gesummt. Er fragte:
«Wann haben Sie Signor Petrelli zum letzten Mal gesehen,
Signorina Lupi?»
    Darüber musste
sie nicht lange nachdenken. Überhaupt hatte sie den Eindruck,
dass ihr Verstand und ihr Gedächtnis in Gegenwart der
beiden cavalieri hervorragend
funktionierten. «Sonnabendnachmittag», sagte sie.
«Da habe ich ihm auch mitgeteilt, dass ich die ausstehende
Miete spätestens am Montag haben
möchte.»
    «Wie hat er
darauf reagiert?»
    «Er sagte, es
wäre kein Problem. Er hat sogar gelacht. Und er war
nüchtern.»
    «Hat Signor
Petrelli nie von sich erzählt? Erwähnt, was er
früher gemacht hat?»
    Signorina Lupi
überlegte kurz. «Auf jeden Fall war er Venezianer.
Jedenfalls sprach er so. Es könnte sein, dass er früher
beim Militär war.»
    «Warum sagen Sie
das?»
    «Ich
erwähnte einmal, dass ein Cousin von mir bei Solferino
gefallen ist. Da hat er gesagt, Solferino sei schlimm
gewesen.»
    «Mehr hat er
nicht dazu gesagt?»
    Signorina Lupi
schüttelte den Kopf. Sie hatte gehofft, dass sich die
Befragung noch ein wenig hinziehen würde. Das alles war so
aufregend und spannend, doch zu ihrem Bedauern musste sie keine
weiteren Fragen mehr beantworten.
    Nachdem die
sympathischen Herren sich verabschiedet hatten, fragte sie sich, ob
es vielleicht eine Verbindung zwischen dem Commissario und dem
bekannten Trott-Glas geben mochte.
Signorina Lupi hatte sich im letzten Jahr eine hübsche Gondel
aus grünlichem Pressglas gekauft, in der sie jetzt ihr
Kleingeld und ihre Haarnadeln aufbewahrte.
    *
    Als Tron und Bossi die
Küche wieder betraten, sahen sie, dass Dr. Lionardo den Toten
auf den Rücken gewälzt hatte. In der Küche war es
erheblich kälter als im Schlafzimmer, denn der Doktor hatte
die vereisten Fenster zur Lagune geöffnet, um

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