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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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paar Berittene mit dem Wappen des
Grafen Balduin von Flandern auf der Brust gossen Wein in die
geweihten Kelche und tranken daraus, wobei sie die Bewegungen der
Zelebranten nachäfften. Tanz einer entblößten
Prostituierten auf dem Tisch der Eucharistie, die heilige Liturgie
parodierend, angefeuert von betrunkenen Soldaten. Abends auf der
Galleante zwei Flaschen Falerner. Trinke wieder.
    17.4.
    Abends von Pietro
Cavalli, der auf der Galleante war, um etwas (Beutegut?) in seiner
Seekiste zu verstauen, die Nachricht vom Tod Pater Ignazios.
Schockiert, zumal die Todesumstände merkwürdig waren. Der
Pater ist in der Nähe des Heppodroms von zwei Messerstichen
tödlich verletzt worden. Der Täter, sagte Pietro, soll
sofort geflohen sein, ohne die Taschen des Paters zu filzen. Es
sieht also ganz nach einem Anschlag aus. Aber wer sollte ein
Interesse daran haben, den Pater zu töten ? Musste
natürlich an das Angebot denken, dass er mir vor ein paar
Tagen gemacht hat. Kann nur hoffen, dass sein Tod nichts damit zu
tun hat. Dachte auch an den Satz Pater Francescos. Das Glas wird
dir Unglück bringen, Dandolo. Frage mich mal wieder, worauf
ich mich hier eingelassen habe.
    Später am
Abend noch in Dandolos Kabine. Hatte mich rufen lassen, erwartete
mich bewegungslos in seinem Lehnstuhl, die Augen, mit denen er
ohnehin nicht viel sehen kann, halb geschlossen. Saß
äußerst würdevoll in seiner schlichten Kleidung da
- so als würde er in vollem Ornat und mit dem corno ducale eine
ausländische Delegation empfangen. Setzte mich fast
zeremoniell über den Tod von Pater Ignazio in Kenntnis. Teilte
mir mit, dass es sich um einen Raubmord gehandelt habe. Ansonsten
ändere sich nichts an meinem Auftrag. Müsste ihn nun ohne
den Pater durchführen. Dandolo schien nicht ausgesprochen
unglücklich über den Tod des Priesters zu sein. War kurz
davor, ihn nach dem Satz von Pater Francesco zu fragen, ließ
es dann aber bleiben. Dass er keine Trauer heuchelt, lässt
darauf schließen, dass er nichts mit dem Tod des Paters zu
tun hat. Himmel - wie komme ich überhaupt darauf, dass der
Doge hinter dem Anschlag auf den Pater stecken könnte? Zwei
Flaschen Falerner stehen bereit. Trinke jetzt direkt aus der
Flasche.
    20.4.
    Post vom Papst, mit
einem Kurierschiff befördert, das bei günstigem Wind nur
drei Wochen braucht. Dandolo rief mich sofort zu sich. Ich fragte
mich, warum dieses kompromittierende Schreiben im Klartext
übermittelt wird, gab mir dann aber sofort die Antwort. Der
Inhalt ist so unglaublich skrupellos, dass Innozenz leicht
bestreiten könnte, es jemals geschrieben zu haben. Frage mich
auch, warum mir Dandolo diesen Einblick in seine Korrespondenz mit
Innozenz gewährt. Vermutlich geht er ebenfalls davon aus, dass
mir keiner glauben wird, wenn ich rede.
    Innozenz teilt
Dandolo mit, dass er sich bald mit einem Sendschreiben an die
Christenheit wenden wird, in dem er die Plünderung und die
Zerstörung von Byzanz aufs schärfste verurteilt.
Versichert dem Dogen, dass die Bulle keine nachteiligen Folgen
für Venedig haben wird. Interessant ist, dass Innozenz nicht
den geringsten Zweifel daran hat, dass wir Byzanz erobern werden.
Ermuntert Dandolo, diese «verdammten Ketzer nicht mit
Samthandschuhen anzufassen». Dann aber bittet er um sofortige
Nachricht, ob wir unser Ziel erreicht haben. Die Eroberung der
Stadt kann er nicht meinen, denn damit rechnet er fest. Was aber
ist dann das Ziel?
    22.4.
    Heute Morgen kam
der Befehl von Dandolo. Mit Hermann und den Seinen sofortiger
Aufbruch zu Maria Diakonissa. Dort fanden wir das Innere
verwüstet, das Altarbild mit obszönen Parolen beschmiert.
Blut auf den Stufen, die zur Krypta hinabführten, dort die
Tür vor dem Gang aus den Scharnieren gerissen. Hermann,
über zwei Leichen steigend, ging voran, die Fackel in der
Hand. Der Raum am Ende des Ganges sah tatsächlich so aus, wie
Dandolo ihn beschrieben hatte. Vor der linken Wand ein roher
Schrank, darin kein Scherbenhaufen (wie ich es erwartet hatte),
sondern die Gläser. Sieben Stück in unterschiedlichen
Größen und aus verschiedenen Glassorten. Die meisten
sahen sehr alt aus, waren jedoch auf den zweiten Blick modern. Nur
ein einziges Glas in der Form eines flachen Kelches schien wirklich
alt zu sein. Nahm es in die Hand, und da passierte etwas
Merkwürdiges. Ich hätte schwören können, dass
der Kelch leise vibrierte. Und noch etwas geschah, was vermutlich
ebenso auf Einbildung beruhte. Der Kelch schien plötzlich

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