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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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nichts gesagt.
    Abends dann in
meiner kleinen Kabine Sichtung des Inhalts und angenehmste
Überraschung. Im Beutel Ketten und Armreife aus purem Gold,
dazu ein halbes Dutzend riesige Rubine und Saphire. Schönstes,
wenn auch vielleicht nicht wertvollstes Stück ist ein
Siegelring mit einem stilisierten Falken, umgeben von
ägyptischen Symbolen. Kann den Wert des Fundes nicht
beziffern, schätze aber, dass ein Verkauf in Venedig meine
Schulden decken sollte. Theoretisch könnte ich jetzt
heimkehren.
    28.4.
    Heute fast dem
Weltgeschehen zum Opfer gefallen. Immer noch unter Schock. Dandolo
hatte mich und die Hermann-Truppe zu einem uralten (angeblich
drittes Jahrhundert!) Haus in der Nähe der Santa Sofia
geschickt, um dort antike Schriftrollen zu bergen. Fanden das Haus
ohne Mühe. Das verkohlte Mobiliar auf der Straße und die
aufgebrochene Haustür ließen dann allerdings nichts
Gutes ahnen. Hermann und seine Leute verschwanden sofort im
Obergeschoss, ich blieb unten, weil mich das Atrium faszinierte. Am
Boden des Impluviums das schönste Mosaik, das ich jemals
gesehen habe: der Kopf einer Medusa mit lockend geöffnetem
Mund, umgeben von einem Muster aus stilisierten
Früchtekörben. Ging in die Knie, um es näher zu
betrachten, als ich über mir vom Compluvium ein Geräusch
hörte, den Kopf hob und dann geistesgegenwärtig genug
war, mich zur Seite zu weifen.
    Ein Steinbrocken
krachte direkt neben mir auf das Mosaik und streifte meinen
Knöchel. Konnte weder aufstehen, geschweige denn laufen.
Musste von Hermann und seinen Leuten aus dem Haus getragen werden.
Hermann trieb schließlich eine Sänfte auf mit der man
mich auf die Galleante brachte. Bin erst mal lahmgelegt. Von den
Schriftrollen übrigens keine Spur. Das Haus war gründlich
geplündert, sagte Hermann, die Bibliothek (er hatte
Schwierigkeiten, das Wort auszusprechen) in Asche
verwandelt.
    29.4.
    Heute beim
Aufstehen kam mir der Gedanke, dass der Unfall von gestern keiner
gewesen sein kann. Ich war völlig allein im Atrium, als der
Steinbrocken durch die Dachöffnung herabrutschte und mir vor
die Füße fiel - bemerkenswert, weil Hermann und
seine Leute den strikten Befehl hatten, mir keine Sekunde von der
Seite zu weichen. Hermann und seine Mannen aber waren rein
zufällig alle auf dem Dach, und dann fiel rein zufällig
dieser Steinbrocken durch das compluvium auf die Mosaiken des
Wasserbeckens. Verdächtig viele Zufälle. Doch ist
wirklich denkbar, dass Dandolo mich auf so umständliche Weise
erledigen lässt? Es dürfte schließlich kein Problem
sein, durch einen Mittelsmann einen balestriere anzuheuern, der mir mit einem
wohlgezielten Pfeil den Garaus macht. Wie dem auch sei - darf mich
nicht länger durch das treuherzige Auftreten von Hermann und
Konsorten täuschen lassen. Muss mir vor Augen halten, dass
diese Leute (Hermann stammt von jenseits des Rheins) zwar Barbaren
sind, aber vermutlich ohne die Tugendhaftigkeit, die ihnen Tacitus
unterstellt hat.
    Frage mich
übrigens immer öfter angesichts dieser Ereignisse,
wofür ich uns zu halten habe. Und wer ich bin, der ich mich an
diesem Unternehmen beteiligt habe, wenn auch letzten Endes
gezwungenermaßen. Die ganze Geschichte wird immer ekelhafter.
Und dies alles nur, weil ich ein paar Schulden aufgehäuft
hatte. Will hier so schnell wie möglich wieder
weg.
    Den Verband
abgenommen, aber immer noch Schmerzen, wenn ich den rechten
Fuß belaste. Dandolo ignoriert mich. Werde den Verdacht nicht
los, dass der nächste Anschlag auf mein Leben nicht lange auf
sich warten lässt. Fester Beschluss, mich abzusetzen und
irgendein Schiff zu nehmen, das mich nach Venedig
zurückbringt. Habe Pietro Cavalli ins Vertrauen gezogen. Der
sagt, dass täglich Schiffe nach Italien abgehen, was mir neu
war. Allerdings werden die Passagiere und ihr Gepäck
sorgfältig durchsucht. Rät mir daher, ein Schiff auf der
anderen Seite des Bosporus zu suchen. Es gebe in Chrysopolis,
direkt hinter der kleinen Insel, auf der der Leanderturm steht,
einen kleinen Hafen, eher eine Anlegestelle, die von ein paar
Rittern aus Flandern überwacht wird. Passagiere nach Italien
entrichten einen saftigen Pauschalbetrag werden aber nicht
durchsucht. Rät dazu, mich möglichst schlicht zu kleiden,
die Laute mitzunehmen und den fahrenden Sänger zu geben. Will
über einen Mittelsmann Erkundigungen für mich einziehen.
Sagt, er habe selber schon mit dem Gedanken gespielt, sich mit
seinem Freund in die Heimat abzusetzen. Will sich hier aber

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