Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)
O’Hara und Krekorian die Mädchen sowie deren Anwälte zum Ausgang und bleiben noch einen Augenblick auf den Stufen draußen stehen, nachdem die wartende Limousine bereits mit ihnen abgerauscht ist.
»McLain hat gesagt, Pena habe ihre Freundinnen um halb neun treffen wollen, nicht um halb elf«, sagt Krekorian.
»Ich weiß.«
»Ich denke, das müssen wir Lowry sagen.«
»Glaubst du, der erzählt uns alles?«
»Die Silbe ich kommt in dem Wort Teamarbeit nicht vor, Dar.«
»Im Ernst? Rechtschreibung war noch nie mein Ding.«
13
Gegen Ende des Abends lässt Lowry O’Hara und Krekorian den kompletten Straßenzug durchkämmen, in dem Pena zum letzten Mal gesehen wurde. Zwischen Bowery und Chrystie gibt es auf der Rivington Street einen Nachtclub, einen Biergarten, eine ehemalige Pension, die in ein Billighotel umgewandelt wurde, zwei Gastronomiegroßhändler und elf kleine Wohnhäuser. Mehrere davon haben Fenster mit Blick direkt in die Gasse, die zum Freemans führt, und überall gibt es entweder Bewohner, Kunden oder Angestellte, die gesehen haben könnten, wie Pena die Bar verließ. Oder die sonst etwas gehört oder gesehen haben könnten.
Sie fangen mit dem deutschen Laden an, der Loreley . Um halb elf befinden sich in der sehr schlichten Bar ungefähr ein halbes Dutzend Männer in bunten Fußballtrikots, die aus wuchtigen Bierhumpen trinken und sich eine Aufzeichnung von Spielberichten aus der deutschen Bundesliga ansehen. Es stellt sich heraus, dass sechs der neun Angestellten, die Mittwochnacht bis zum Schluss da waren, auch am heutigen Dienstag arbeiten. Im Verlauf der nächsten zwei Stunden führt der Geschäftsführer den Türsteher, eine Bedienung, einen Koch und drei Küchenhilfen in das kleine Kellerbüro, jeweils einen nach dem anderen.
Wann haben Sie Feierabend gemacht? In welche Richtung sind Sie gegangen, als Sie aus der Tür traten? Haben Sie eine Frau mit kurzem schwarzem Haar aus dem Gässchen kommen sehen? Haben Sie an jenem Morgen etwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen? Eine Frau schreien hören? Ein Handgemenge beobachtet? Ein in zweiter Reihe geparktes Auto an der Ecke stehen sehen? Türsteher – Eiweißfreaks und ehemalige Sträflinge sind meistens sowieso mit gefälschten Ausweisen unterwegs – gelten von vornherein als verdächtig, aber dieser hier ist ein glühender Fußballfan aus Liverpool mit gültiger Green Card. Als sie ihn auf der Wache in den neuen 9/11-Computer eingeben, erweist er sich als sauber und hat wie alle anderen, mit denen sie an diesem Abend sprechen, nichts mitbekommen.
Nach fast zwei schlaflosen Tagen und Nächten beenden sie schließlich um ein Uhr morgens ihren Dienst.
Sechs Stunden später klopfen sie in demselben kurzen Straßenabschnitt wieder an Wohnungstüren. Krekorian übernimmt die Gebäude auf der Südseite, O’Hara die nördlich davon. Es ist langweilige Routinearbeit. Als würden sie Lexika an der Tür verkaufen oder Broschüren der Zeugen Jehovas verteilen. O’Hara ist sich schmerzlich bewusst, dass sie die kostbaren 72 Stunden, die ihr für den Mordfall bleiben, in den schlecht beleuchteten Gängen der Wohnhäuser verschwendet.
Wenn die Zeit seit gestern Morgen um sieben läuft, als Penas Tod offiziell zum Mordfall erklärt wurde, sind bereits 24 Stunden flöten. O’Hara kommt mehr als nur einmal der Gedanke, Lowry könne seinen Spaß daran haben, sie und K. so weit wie möglich vom Frontverlauf entfernt Zeit verplempern zu lassen. Deshalb freut sie sich sehr über den Anruf des Gerichtsmediziners Sam Lebowitz später am Abend. Der Anruf erreicht sie, als sie gerade eine steile Treppe hinuntersteigt.
»Ich habe gerade mit Detective Lowry gesprochen«, sagt Lebowitz, »aber ich wollte es Ihnen auch noch einmal direkt sagen. Leider sind die Tests alle negativ. Die einzige DNA, die wir haben, ist die des Opfers.«
»Ist Ihnen so etwas schon einmal untergekommen?«, fragt O’Hara. »Ich meine, nach einem so langwierigen, schmutzigen Überfall?«
»Öfter, als sie vielleicht glauben«, sagt Lebowitz. »Aber enttäuschend ist es trotzdem.«
Die Befragung von Anwohnern und Nachtclubmitarbeitern nimmt den gesamten Mittwoch in Anspruch. Die letzten 24 Stunden ihres Ausflugs ins Morddezernat sind bereits angebrochen, als O’Hara und Krekorian am Donnerstagmorgen auf der Wache erscheinen. Die ersten drei davon verbringen sie damit, die Angestellten der beiden Gastronomiegroßhändler zu befragen. Eine vierte Stunde vergeht im
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