Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)
der Wache und eine Liste ihrer Telefonate der letzten 48 Stunden vor ihrem Tod.«
Eine Stunde später, während O’Hara immer noch auf den Rückruf von Chestnut und Konsorten wartet, schleppt Krekorian einen Ausdruck des Mobilfunkanbieters an. An der Art, wie er die Liste auf den Tisch knallt, erkennt O’Hara, dass er glaubt, dort etwas gefunden zu haben.
»Zwischen Mittwochnacht und gestern Nachmittag wurde Pena elfmal angerufen. Zweimal von ihrer Mutter, viermal von ihrem Vater und fünfmal von McLain.«
»Ist nicht ihr Vater, ist ihr Stiefvater«, sagt O’Hara.
»Dann eben Stiefvater«, sagt Krekorian. »Der letzte Anruf, den sie angenommen hat, kam von Chestnut am Mittwochabend um halb neun«, sagt er. »Was sich mit den Angaben deckt, die du von McLain bekommen hast, nämlich dass Pena ihre Freundinnen um halb neun treffen wollte. Insgesamt bekam sie an ihren letzten beiden Tagen sieben Anrufe – zwei von McLain, zwei von Chestnut, jeweils einen von Case, Singh und ihren Eltern. In demselben Zeitraum hat sie fünf Anrufe getätigt – je einer galt Chestnut, Singh und Case und zwei McLain.«
»Mit anderen Worten«, sagt O’Hara, »keine Telefonate mit Personen, von denen wir nichts wissen?«
»Nur fünf Anrufe in zwei Tagen? Und das bei einer 19-Jährigen? Das ist Rekord.«
»Du hast doch die Artikel gelesen. Training, Studium, Freiwilligenarbeit. Pena hatte viel um die Ohren.«
Kurz nach vier treffen Chestnut, Singh und Case gemeinsam und jeweils in Begleitung eines Anwalts mittleren Alters ein. O’Hara räumt den Müll vom Tisch, zieht einige zusätzliche Stühle heran und ist gerade dabei, sich bei den Debütantinnen für ihr Erscheinen zu bedanken, als sich Lowry mitsamt seinem Stuhl an den Tisch pflanzt und sie unterbricht.
»Hatte Pena Ärger mit irgendwem?«, fragt er. »Einem Studenten, einem Lehrer?«
»Nein«, sagt Chestnut, »alle haben Francesca vergöttert.«
»War jemand verknallt oder total in sie vernarrt?«
»Das waren wir alle ein bisschen«, sagt Case.
Während die Mädchen Lowrys Fragen beantworten, mustert O’Hara den Schmuck, der den trauernden Studentinnen Glamour verleiht: die einreihige Perlenkette über Case’ Kaschmirpullover, Sings goldene Cartieruhr, die einen schönen Kontrast zu ihren frisch dunkelrot manikürten Fingernägeln bildet, und die Goldkette um Chestnuts Hals, die ebenso wie ihr Ring so groß ist, dass sie wahrscheinlich absichtlich unecht aussieht. Wenn die so was schon mit 19 tragen, was zum Teufel soll mit dreißig aus ihnen werden?
»Ist sie mit jemandem zusammen?«
»Sie hatte zu viel zu tun«, sagt Singh.
»Also hat sie lieber Fremde in Bars angesprochen?«, sagt Lowry.
»Was soll das heißen?«, fragt Chestnut.
»Na ja, deshalb ist sie doch länger geblieben. Oder nicht? Hat sie öfter Typen in Bars angequatscht?«
»Das ist doch blöde Scheiße«, sagt Chestnut und wirft ihrem Anwalt einen hilfesuchenden Blick zu.
»Nein«, sagt Lowry. »Blöde Scheiße ist, wenn dich deine Freundinnen betrunken um halb drei Uhr morgens alleine in einer Bar sitzen lassen.«
»Keine von uns wollte sie dort zurücklassen«, sagt Case, »aber wir sind ihre Freundinnen und nicht ihre Eltern. Außerdem war sie nicht betrunken.«
»Wie viele Drinks hat jede von euch gehabt?«
»Vier oder fünf«, sagt Singh. »Aber wir waren vier Stunden lang dort. Francesca kam um halb elf und wir sind nicht vor halb drei gegangen.«
»Hat sie gesagt, was sie gemacht hat, bevor sie sich mit euch traf?«, fragt O’Hara und erntet ein Stirnrunzeln von Lowry, weil sie ihn unterbrochen hat.
»Sie hat im Loeb-Gym trainiert«, sagt Chestnut. »Sie ist oft 80 Kilometer pro Woche gelaufen.«
»Was wisst ihr über ihren Exfreund?«, fragt Lowry.
»Sie hat ihn nie erwähnt«, sagt Singh.
»David McLain, ihr Exfreund von der Highschool, wohnte wochenlang in ihrer Wohnung. Und sie hat nie ein Wort über ihn verloren?«
»Nein«, sagt Chestnut und sieht ihre Freundinnen über den Tisch hinweg an.
»Vielleicht war er ihr peinlich«, versucht Case zu erklären. »Ein Exfreund aus ihrem alten Leben. Manche Leute stellen sich wegen so was ganz schön an. Ich wünschte trotzdem, sie hätte es uns erzählt. Ist ein schreckliches Gefühl für mich, dass sie nicht geglaubt hat, uns so was erzählen zu können.«
»Noch ein Letztes, meine Damen«, sagt Lowry. »Ich hätte gerne eure gefälschten Ausweise. Und zwar sofort, hier auf dem Tisch.«
Nach Ende des Gesprächs führen
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