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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Jonge
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mit Stress abbauender Wirkung: Amstel light. Am Tresen bestellt sie noch zwei große Kaffee dazu und schleppt ihre Mahlzeit um drei Uhr morgens zum Auto. Bei heruntergekurbeltem Fenster isst sie auf dem Beifahrersitz. Der Kaffee und das Sandwich helfen ihr, arbeitsfähig zu bleiben. Das Bier ist für später, um schneller zu schlafen.
    Wo sie das allerdings tun wird, gilt es noch zu entscheiden. Das Rivington Hotel gefällt ihr immer besser, obwohl sie es nie zugeben würde. Sie versucht vernünftige Gründe dafür zu finden, indem sie sich sagt, dass dort mit nur sehr geringer Wahrscheinlichkeit nach ihr gesucht werden würde. Ebenso unwahrscheinlich ist allerdings, dass sie sich eine Nacht dort leisten kann. Trotzdem ruft sie dort an, allein schon aus Neugier. »Unsere Juniorsuite ist mit 515 Dollar pro Nacht das günstigste Angebot«, sagt ein Mann, der abgesehen davon eigentlich recht vernünftig klingt. »So viel wollte ich eigentlich nicht ausgeben«, sagt O’Hara und spült den letzten Rest ihres Sandwichs mit einem Schluck viel zu starkem Kaffee herunter. »Ich könnte mit dem Geschäftsführer sprechen. Vielleicht ist es möglich, Ihnen ein besseres Angebot zu machen. Schließlich ist es schon drei Uhr morgens.«
    »Machen Sie sich keine Umstände, bitte.«
    O’Hara fällt das Hotel Suites in der Rivington ein, gleichzeitig aber auch der Gestank nach Frühstückscurry im Büro des Geschäftsführers. Dann erinnert sie sich zum Glück noch an das kleine billige Howard Johnson’s Express Inn ein paar Straßen weiter, in der Houston. Sie parkt den Jetta in der 5th Street in einem für die Polizisten des 9. Bezirks reservierten Abschnitt, da sie sich ausrechnet, dass dort niemand ihren Wagen erkennen und in einer Straße voller Polizeiwagen auch niemand danach suchen wird. Um 4.15 Uhr unterschreibt sie das Anmeldeformular im Howard Johnson’s Express Inn (180 Dollar pro Nacht) und schließt zehn Minuten später die Tür zu einem eiskalten Doppelzimmer im dritten Stock auf. Der Raum stinkt nach abgestandenem Zigarettenqualm. Statt Curry nun also Kippen.
    Da Tomlinson tot ist und sich Lee als Sackgasse entpuppt hat, muss O’Hara im Prinzip von vorne anfangen. Und ihre Unterlagen liegen auf dem Küchentisch in Riverdale. Für die Spurensuche bleiben ihr jetzt nur noch ihr Gedächtnis, ein Sixpack und die rapide nachlassende Wirkung von zwei großen Bechern Kaffee. Einige Minuten lang lehnt sie sich an das braune Kopfteil und ihr wird schlecht vor Panik. Dann steht sie auf und geht zu dem Schreibtisch, öffnet die Schublade und entnimmt ihr ein Blatt mit dem Briefkopf des Hotels sowie einen dünnen weißen HoJo-Kuli. Sie zeichnet eine Zeitachse von Penas letztem Tag. Sie arbeitet langsam, aber zügig und notiert acht Stationen.
     
    18 Uhr bis 20.30 Uhr: Pena bei McLain in der Orchard Street 78.
    20.30 Uhr: P. verlässt die Wohnung.
    22.21 Uhr: Mit ihrer American-Express-Karte bezahlt P. zwei CDs bei Tower Records an der Ecke Broadway und 4th.
    22.30 Uhr: P. trifft sich in der Rivington Street zwischen Bowery und Chrystie mit Chestnut, Case und Singh.
    2.30 Uhr: Chestnut, Case und Singh verlassen das Lokal.
    3.30 Uhr: P. geht alleine in östlicher Richtung auf die Rivington Street. Drei Meter nördlich der Kreuzung Chrystie und Rivington wird P. von hinten niedergeschlagen und auf die Baustelle gezogen. Etwa neunzig Minuten lang wird sie gefoltert und vergewaltigt. Ungefährer Todeszeitpunkt: 5.10 Uhr.
    Ca. 6.00 Uhr: P.s Leichnam wird in zwei Duschvorhänge gewickelt aus dem Gebäude gezogen, in ein Fahrzeug geladen und im East River Park abgelegt.
    28.11.2005 – 12.45: Penas Leiche wird in einem für den öffentlichen Betrieb geschlossenen Toilettenhäuschen für Männer im Park gefunden.
     
    So ausgebrannt wie sich O’Hara nach der scheinbar endlosen Nacht fühlt, braucht sie über eine halbe Stunde für das Erstellen der Zeitachse. Als sie fertig ist, nimmt sie das Blatt und ihr Sixpack und streckt sich wieder auf dem Bett aus, wo sie alle Punkte langsam immer und immer wieder liest. Beim vierten Durchgang stockt sie an Punkt Nummer sechs und unterstreicht »drei Meter nördlich«. Aufgrund ihrer Erschöpfung und der Biere eins bis fünf haben sich ihre Augen zu winzigen Schlitzen verengt. Bevor sie diese vollständig schließt, notiert sie jedoch noch »eine Stunde und einundfünfzig Minuten« unten auf dem Blatt. Dann vernichtet sie ihr letztes Bier und stellt die Flasche sorgfältig zu dem restlichen

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