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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Jonge
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Dienstabzeichen. Dem großen weißen Anstecker an ihrer Uniform nach zu schließen heißt sie Yvonne. Sie spricht sehr schlecht Englisch.
    »Haben Sie heute Morgen in diesem Zimmer sauber gemacht, Yvonne?«
    Die Frau schüttelt den Kopf. »Estelle«, sagt sie.
    »Ist sie jetzt hier?«
    Die Frau nickt und zeigt auf ihre Füße.
    Im Keller steht eine Gruppe weiblicher Flüchtlinge neben einem Industriewäschetrockner. Sie wärmen sich wie an einem Lagerfeuer. Estelle ist eine große blonde Osteuropäerin. »Ich mache sauber viertes Stock ein Jahr jede Donnerstag«, erklärt sie O’Hara.
    »Haben Sie den Mann gesehen, der heute Morgen dort übernachtet hat?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher? Er hat sich hier mit einem jungen Mädchen getroffen. Sie war 19, schlank, kurze schwarze Haare, sehr hübsch. Haben Sie das Mädchen gesehen?«
    »Habe ihn nix und sie auch nix gesehen.«
    »Wann fangen Sie hier morgens an?«
    »Sechs Uhr. Arbeite achtzehn Stunde und nie sehen.«
    »Die beiden sind also nicht über Nacht geblieben?«
    »Nix sauber machen. Mann kauft Zimmer, aber bleibt nie. Perfektes Gast. Ich will mehr von seine Sorte.«
     
    O’Hara versucht Naomi auf dem Handy zu erreichen, aber die Mailbox springt an und sie will nicht riskieren, auf dem Festnetz anzurufen, da Delfinger zu Hause sein könnte. Zum dritten Mal an diesem Tag überquert O’Hara die Triborough Bridge und fährt auf die 95. Eine Stunde später rollt sie erneut durch das weiße Tor in Delflingers privates Wohnviertel. Sie parkt einige Häuser von seinem entfernt und geht die Einfahrt hinauf. Im Vergleich zur Stadt sind die Vorstadtnächte drei Stufen dunkler und sechs Grad kälter.
    In der Einfahrt bleibt O’Hara zwischen Delfingers Mercedes und dem Lexus seiner Frau stehen. Von dort aus kann sie die Treppe im Eingangsbereich komplett von oben bis unten überblicken und auch in das hell erleuchtete Wohnzimmer sehen, das wie eine leere Bühne zwischen zwei Akten wirkt. Weil sich die einzige Lichtquelle hinten im Raum befindet, braucht O’Hara eine Minute, bis sie Delfinger, keine sechs Meter entfernt, am Fenster stehen sieht. Delfinger hält ein Glas Rotwein in der Hand, bewegt sich aber über fünf Minuten lang nicht. Er steht einfach nur da und starrt in die Nacht. O’Hara, die nicht erkennen kann, ob sich außer ihm noch jemand im Haus befindet, gerät in Panik.
    Was, wenn Delfinger von O’Haras Besuch oder ihrem Anruf bei Naomi vor einer Stunde erfahren hat? Wenn er Pena umgebracht hat, könnte er auch seine Frau inzwischen auf dem Gewissen haben. Zu O’Haras Erleichterung betritt Naomi Delfinger das Wohnzimmer. Im Arm hält sie eine ihrer Töchter. So gelassen, wie sie sich nun neben ihren Mann stellt, geht O’Hara davon aus, dass Delfinger nichts von ihrem Besuch und ihrem Anruf weiß. Naomi übergibt ihrem Mann das schlafende Kind und nimmt ihm das Weinglas ab. Deflinger trägt seine Tochter die Treppe hinauf. Als sie im Gang im zweiten Stock verschwinden, ruft O’Hara noch einmal auf Naomis Handy an. Sie sieht, wie sich Naomi erschreckt und in die Küche rennt.
    »Naomi, hier spricht Darlene O’Hara.«
    »Ich weiß, dass Sie es sind«, flüstert Naomi. »Hören Sie auf, mich anzurufen.«
    »Ich stehe bei Ihnen in der Einfahrt. Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    »Sind Sie verrückt? Daniel ist oben. Das können Sie mir nicht antun.«
    »Es ist sehr wichtig. Sie müssen sich einen Vorwand ausdenken, um rauszukommen. Schnell, er kommt schon die Treppe runter.«
    Von der Einfahrt aus sieht O’Hara Delfinger im Erdgeschoss ankommen. Durch das Handy seiner Frau hört sie seine Schritte auf dem Holzfußboden im Flur und auf den Küchenfliesen.
    »Naomi, es ist elf Uhr«, sagt er mit einer Stimme so laut und deutlich, als würde er selbst in das Handy sprechen. »Wer ruft denn so spät noch an?«
    »Andrea«, sagt Naomi ins Handy. »Ich glaube nicht, dass du sie in meinem Wagen vergessen hast, aber ich flitze gleich mal raus und sehe nach. Doch. Ist gar kein Problem.«
    O’Hara kauert zwischen den beiden Autos und sieht, wie sich die Seitentür öffnet und Naomi in Hausschuhen herausgelaufen kommt. Sogar im Dunkeln lässt sich erkennen, dass Naomi anders aussieht. Sie ist wütend und hat Angst, aber nicht mehr so wie am Nachmittag. Ihre Augen funkeln. »Sie geben wohl erst Ruhe, wenn ich auch ermordet werde, oder?«
    »Tut mir sehr leid«, sagt O’Hara. »Ich muss das wissen: Hat Ihr Mann eine Wohnung in der Stadt?«
    »Ja«, sagt Naomi. Ihr

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