Die letzte Mission
natürlich alles. War es der Mann im Norden oder der im Süden? Und war er noch in der Lage zu schießen?
»Bleib, wo du bist, ich komme.« Wieder die Stimme der Frau. Wo zum Teufel war eigentlich Matt? Seit wann ließ er seine Einsätze von anderen Leuten leiten? Und seit wann hatten Frauen bei solchen Einsätzen das Kommando? Die Kleine hatte ganz offensichtlich Karriere gemacht.
Fade riss das Nachtsichtgerät herunter und sprang auf. Dann lief er im Zickzack durch das Wohnzimmer, während ihm kleine Feuer und glühend heiße Trümmerstücke die nackten Fußsohlen verbrannten. Richtung Norden schien der Weg des geringsten Widerstands zu sein, da es dort keine Wand mehr gab, also entschied er sich dafür. Der Rauch nahm ihm den Atem, und er fing an zu husten, während er sich unter dem teilweise eingestürzten Dach duckte.
In gebückter Haltung lief er auf das niedrige Feuer an der letzten bekannten Position des vor dem Haus postierten Heckenschützen zu. Doch wie so oft hatte er Glück, denn auf der Erde sah er einige Körperteile des Mannes, die mit schwarzen Stofffetzen bedeckt waren.
Er änderte die Richtung und rannte so schnell auf die Werkstatt zu, wie ihm das mit seinen nackten Füßen möglich war. Doch dann sah er auf der von Bäumen gesäumten Straße, die als Auffahrt zu seinem Haus diente, zwei Scheinwerfer auf sich zukommen.
»Craig! Wie sieht es bei dir aus?«, schrie die Frau über das Funkgerät.
Keine Antwort.
»Craig! Melde dich.«
Die Scheinwerfer gehörten zu einem riesigen schwarzen Transporter, der offensichtlich Schwierigkeiten hatte, auf der unbefestigten Straße seine Geschwindigkeit beizubehalten. Er schlitterte in den Spurrillen hin und her, obwohl er nicht einmal zwanzig Stundenkilometer fuhr.
Fade versteckte sich hinter einem Baum, hob das Gewehr und zielte auf die dunkle Gestalt am Steuer, doch dann überlegte er es sich anders. Sein Plan, hier zu sterben, funktionierte anscheinend nicht. Er musste improvisieren.
Er ging in die Hocke und versuchte, einige Zweige um sich zu ziehen, um die weißen Boxershorts vor dem Scheinwerferlicht des Transporters zu verbergen, der immer näher kam.
Das Fenster auf der Fahrerseite war offen. Fade sah eine blonde Frau ohne Helm, die hektisch den Kopf hin- und herbewegte. Als sie auf gleicher Höhe mit ihm war, sprang er auf das Trittbrett des fahrenden Wagens, packte ihren langen Pferdeschwanz und ließ sich auf die Straße fallen.
Er hatte nicht darüber nachgedacht, was geschehen wäre, wenn sie mit angelegtem Sicherheitsgurt gefahren wäre – offenbar ein Zeichen dafür, dass die Jahre als zurückgezogen lebender Möbeltischler doch nicht ganz spurlos an ihm vorbeigegangen waren. Vermutlich hätte sie sich das Genick gebrochen oder eine wenig attraktive kahle Stelle am Hinterkopf zurückbehalten.
Zum Glück war sie nicht sehr sicherheitsbewusst und wurde so gut wie unverletzt durch das Fenster gezogen. Sie krallte die Hände in seinen Unterarm, als er sie auf den Boden schleuderte. Der Transporter fuhr gegen einen Baum.
Fade riss an ihren Haaren und versuchte, sie auf den Bauch zu drehen, doch plötzlich ließ sie seinen Unterarm los und packte seinen Ellbogen. Er achtete gar nicht richtig darauf, bis sie ihm mit einem komplizierten Hebel fast die Schulter ausgerenkt hätte. Nachdem er sie notgedrungen losgelassen hatte, fand er sich im nächsten Augenblick auf dem Rücken liegend wieder. In den folgenden Sekunden dachte er unter höllischen Schmerzen darüber nach, dass er sich vermutlich besser darüber hätte informieren müssen, zu was Frauen heutzutage fähig waren.
Es gelang ihr, auf die Knie zu kommen. Dann richtete sie sich mühsam auf und taumelte auf den zerbeulten Transporter zu. Fade setzte sich auf und bewegte den Arm. Er war nicht ernsthaft verletzt worden.
Nach sechs Metern fiel sie auf die Knie und zerrte an dem Lederholster, in dem ihre Waffe steckte. Er hatte gehört, wie ihr die Luft weggeblieben war, als sie auf der Straße aufgeschlagen war, und wusste, dass sie kaum atmen konnte. Er lief auf sie zu, packte sie wieder an den Haaren und stieß sie mit dem Gesicht voran auf die Erde, wobei er sich nicht die Mühe machte, einem Ellbogen auszuweichen, der sich in Zeitlupe zu bewegen schien.
Es kam ihm sehr gelegen, dass ein Paar Handschellen an ihrem Gürtel hing. Er fesselte ihr damit die Hände auf dem Rücken, während sie wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft schnappte.
Dann schob er eine Hand unter ihre
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