Die letzte Nacht
erkannte Salviati die Angst. Anna und Francesca nahmen auf dem Sofa Platz. Forster sah Salviati an und sagte:
»Und wo hast du Jonathan gelassen?«
»Hat er dich nicht angerufen?«, gab Salviati zurück.
»Natürlich. Du hast es also geschafft, ihn auszutricksen …«
Salviati antwortete nicht.
»Und was hast du damit gewonnen?«, fuhr Forster fort. »Du hast alles verloren … das Geld, deine Tochter. Du bist ein armer Depp, Salviati!«
Forster hielt eine Pistole in der Hand, die er ruckartig, dem Rhythmus der Augen entsprechend, bewegte. Auch seine Stimme klang abgehackt. Er befahl Salviati:
»Setz dich aufs Sofa. Und du«, er wandte sich an Filippo, »gehst auf den Sessel dort.«
»Sie hatten … Sie hatten mir gesagt …«, begann Filippo.
»Schluss damit!«, rief Forster. »Es gibt keine Zeit zu verlieren!«
Alle Augen waren auf Forster gerichtet. Er griff nach einem Stuhl und stellte ihn in die Mitte des Raumes. Dann sagte er:
»Wir sind am Ende angelangt. In Kürze werden meine Leute hier sein. Aber eins möchte ich gerne noch wissen …« Er drehte sich zu Salviati um. »Wie kann es sein, dass einer einfach so alles in die Tonne tritt?«
»Wenn du Jonathan und die beiden andern nicht zu dem Überfall geschickt hättest …«
»Ich brauche das Geld, begreifst du das nicht? Ich brauche es! Und du wirst jetzt nicht alles verderben, du sagst mir jetzt …«
Er brach ab. Salviati lächelte gezwungen und sagte:
»Das Geld hast du doch schon, oder?«
Forster fuhr auf, als habe Salviati ihn geohrfeigt. Dann näherte er sich ihm langsam, ohne die andern aus den Augen zu lassen. Er beugte sich über ihn und schlug ihm mit der Pistole ins Gesicht. Salviatis Kopf sank auf das Kissen, Anna schrie auf, Filippo wollte protestieren. Auch Francesca machte Anstalten, sich vom Sofa zu erheben.
»Keine Bewegung!«, befahl Forster. »Das ist eine Sache zwischen Salviati und mir. Gleich, in ein paar Minuten, kommt Contini. Dann sehen wir weiter …«
»Was haben Sie vor?«, fragte Francesca.
Forster sah sie ohne zu antworten an. Alle begriffen, was er beabsichtigte. Er konnte sie nicht am Leben lassen. Er wollte das Geld, aber er wollte auch sicher sein, dass es keine Zeugen gab.
»Wir werden dichthalten«, beteuerte Filippo. »Sie hatten mir versprochen, dass …«
»Ich habe gesagt: Schluss damit!« Forster ging einen Schritt auf ihn zu. »Oder brauchst du auch was aufs Maul?«
Salviati spürte den Geschmack von Blut im Mund.
Aber er dachte weiterhin nach.
Gab es noch etwas zu tun? Nein, Forster hatte sie in der Gewalt, und er würde auch Contini, der nichts ahnte, in seine Gewalt bekommen.
Forster war außer sich. Das hatte Salviati vorausgesehen. Aber er hatte nicht die Falle vorausgesehen, niemals hätte er mit Filippos Verrat gerechnet. Denn es war Verrat, obwohl es Filippo nicht bewusst war. Er war um den Finger gewickelt worden und hatte alle an Forster ausgeliefert. Es gab keine Hoffnung für sie.
Er hätte sich am liebsten von dem Sessel verschlucken lassen, sich unter den Bezug, in die Polsterung verkrochen, sich in dem weißen Stoff aufgelöst. Einfach verschwinden, im eigenen Wohnzimmer, ohne irgendjemanden zu behelligen.
Stattdessen lagen Minuten der Gewalt und Angst vor Filippo Corti.
Forster hatte ihn reingelegt. Filippo war jetzt alles klar. Sie hatten einen Spion gebraucht, und sie hatten ihn gewählt. Wie hatte er nur ihren Worten trauen können?
Er hatte geglaubt, das Richtige zu tun. Er hatte geglaubt, sich in Sicherheit zu bringen, indem er Forster Informationen zukommen ließ und ihm die Garantie gab, an das Geld zu kommen. Am Anfang war die Überlegung gar nicht dumm gewesen. Forster hatte ihm gesagt, dass er Salviati nicht traue, weil er zu sehr Gefühlsmensch sei, und Filippo hatte geglaubt, alle unter einen Hut bringen zu können, wenn er vermittle. Aber am Ende hatten sie ihn hinters Licht geführt.
»Bringt Contini seinen Mann mit?«
In Wahrheit hatte er irgendwann Angst bekommen. Einer von Forsters Männern hatte Anna aufgesucht. Ein Zeichen, dass etwas nicht stimmte. Dann hatten sie es mit ihm probiert und dabei dunkle Drohungen in Bezug auf Anna durchblicken lassen … Was hätte er tun sollen? Sie waren mitten in Verbrecherkreisen gelandet, was hätte er tun sollen? Seine Frau den Unwägbarkeiten eines Bankraubes überlassen?
»Bringt Contini seinen Mann mit?«
Filippo kam zu sich. Forster sprach mit ihm. Er sah ihn an, ohne zu begreifen. Er hatte den Kampf bereits
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