Die letzte Nacht
sich, um sie zu begrüßen.
»Ich gebe mir alle Mühe, nicht einzurosten.« Er schüttelte Francesca die Hand und zwinkerte Contini zu.
Der Detektiv seufzte, während er voran in sein Büro ging. Er befreite drei oder vier Stühle von den Gegenständen, die sich darauf angesammelt hatten, und zog eine alte Espressomaschine hervor.
»Ich habe einen Gaskocher«, erklärte er, während er nach den Tassen suchte. »Und ich würde sagen, ein bisschen Kaffee ist genau das Richtige vor dem Schlachtplan. Wann kommen deine Freunde?«
»Sie müssten eigentlich schon hier sein«, antwortete Salviati.
Contini setzte Kaffee auf. Ein paar Sekunden später klingelte es. Salviati öffnete und kam mit einem Pärchen zurück. Er war um die vierzig, mit Bart und gelocktem Haar. Sie, ein wenig jünger, war klein und zierlich, mit einem Gesicht, das aussah, wie von einem Miniaturbildhauer geschaffen.
»Darf ich euch Anna und Filippo Corti vorstellen«, sagte Salviati. »Sie werden bei der Operation Junker-Bank mit uns zusammenarbeiten.«
Anfangs herrschte ein wenig Verlegenheit. Es kommt nicht oft vor, dass ein Lehrer, eine Bibliothekarin, eine frischgebackene Literaturwissenschaftlerin, ein Detektiv und ein ehemaliger Berufsdieb, der zum Gärtnerhandwerk gewechselt hat, in einem Raum zusammen sind. Nach zwei Sätzen über das Wetter sind in der Regel alle Gesprächsthemen ausgeschöpft.
Zum Glück stellt die Planung eines Bankraubs einen wichtigen Faktor für soziale Kohäsion dar. Die Eheleute Corti berichteten, wie Jean Salviati ohne Vorankündigung bei ihnen zu Hause aufgetaucht war.
»Wir treffen ihn für gewöhnlich in der Provence«, sagte Anna, »und als er dann so vor uns stand, bei uns zu Hause …«
»Wir dachten, er macht Urlaub!«, rief ihr Mann.
»Von wegen Urlaub«, murmelte Francesca.
Anna und Filippo Corti lachten. Die Idee mit dem Bankraub schien sie zu amüsieren, als handle es sich um einen gelungenen Zeitvertreib an einem Augustnachmittag. Aber Salviati hatte die Situation genau erklärt. Er hatte sie um Hilfe gebeten, weil sie sich seit Jahren kannten und weil die beiden zu den wenigen Leuten gehörten, die er als seine Freunde betrachten konnte.
»Als er uns erzählt hat, dass er ein Dieb ist, haben wir ihm nicht geglaubt«, berichtete Filippo. »Er musste erst einmal unser Türschloss knacken und uns ein paar alte Zeitungsausschnitte zeigen … sieht er für euch etwa aus wie ein Dieb?«
»Nein«, Salviati schüttelte den Kopf, »genau das ist der Grund, weshalb ich einer sein konnte.«
Die Cortis hatten nicht gezögert. Salviatis Schmerz und die Wut angesichts von Linas Entführung hatten sie getroffen. Außerdem hatten die schmutzigen Geldgeschäfte zwischen Italien und dem Tessin bei Anna, die für soziale Themen sehr empfänglich war, Empörung ausgelöst.
Während die beiden ihre Sichtweise schilderten, fragte sich Contini, ob sie die Lage wirklich überschauten.
»Letztlich ist es etwas ganz anderes«, sagte Anna und nippte an ihrem Kaffee, »als jemandem sein ehrlich verdientes Geld zu stehlen.«
»Wir streuen vielmehr Sand ins Getriebe«, fügte Filippo hinzu, »und vielleicht bringen wir damit dieses perverse System zum Stocken!«
Contini sagte:
»Ich will euch nicht eure Illusionen nehmen, aber wir stehlen Geld und damit basta.«
»Trotzdem …«, begann Filippo.
»Okay«, unterbrach ihn Salviati. »Elia hat recht. Das Geld ist da, und wir nehmen es uns. Wir sind gezwungen, es zu tun. Mir ist egal, wie das System ist und ob der Kerl, dem das Geld gehört, arbeiten geht oder nicht. Worauf es ankommt ist, saubere Arbeit zu leisten.«
Als Salviati geendet hatte, herrschte einen Moment lang Schweigen. Dann sagte Filippo:
»Du hast recht. Wir sind in jedem Fall bereit, dir zu helfen, Jean.«
»Danke.«
»Im Rahmen unserer Möglichkeiten«, ergänzte Anna, »wir sind schließlich nicht vom Fach.«
»Natürlich«, versicherte Salviati. »Außerdem wohnt ihr in der Nähe der Bank, ich möchte euch daher nicht zu sehr mit reinziehen. Ihr werdet vor allem eine Stütze sein.«
»Entscheidend ist, dass Lina freikommt«, rief Filippo. »Das Verhalten dieses Hehlers ist eine Schande! Aber ich muss dich nochmals fragen: Bist du sicher, dass wir, wenn wir die Polizei benachrichtigen …«
Salviati sah ihn nur an. Filippo hob die Hände.
»Schon gut, schon gut, hab verstanden … keine Polizei! Und wie geht es nun weiter?«
»Ich habe Kaffee, Brötchen und Schinken«, sagte Contini. »Ich
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