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Die letzte Nacht

Die letzte Nacht

Titel: Die letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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»Wir sind grad dabei, uns verschiedene Videokameras anzusehen.«
    Salviati war über eine Art PDA gebeugt. Er hob die Augen und lächelte:
    »Elia! Alles klar? Seid ihr einig geworden?«
    Contini nickte.
    »Wir setzen uns hier grad mit Technik auseinander. Dieses Modell gab es zu meiner Zeit noch nicht. Die Videokamera lässt sich überall verstecken, sie ist so klein wie eine Münze, siehst du? 30 x 28 x 18 Millimeter, aber die Aufnahmen sind gestochen scharf. Sieh mal die Bilder, es ist ein hochauflösender TFT -Bildschirm …«
    »Aha.« Contini sah nur flüchtig hin. »Dir ist klar, Jean, welcher Vergehen wir uns da schuldig machen?«
    Salviati sah zur Decke. Raspelli ließ aus seiner Ecke ein kurzes Lachen vernehmen. Contini sprach mit leiser Stimme:
    »Kriminelle Vereinigung, Anstiftung, Einbruch, Eindringen in die Privatsphäre, Firmenspionage, Diebstahl …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Salviati und wurde mit einem Schlag ernst. »Glaubst du, ich wüsste das nicht? Glaubst du, mir macht es Spaß, Viola in die Geschichte reinzuziehen?«
    »Es ist … eine …«, Contini fand das Wort nicht.
    »Es ist eine Schweinerei!«, rief Salviati erregt. »Eine Schweinerei, sprich’s ruhig aus! Aber wir haben keine andere Wahl, das weißt du! Ich hab es versucht, du hast es versucht, besser gesagt, du versuchst es noch immer! Aber Lina taucht nicht auf, Marelli ist verschwunden! Meine Tochter ist in Forsters Gewalt, Elia, und wenn er die Geduld verliert …«
    Contini schwieg einen Moment lang. Dann sagte er:
    »Zeig mir mal diese Videokamera.«

19
Das Gespür der Anwälte
    Luca Forster hasste Anwälte. Die redlichen und noch mehr die unredlichen. Dennoch war die zweite Kategorie immer bereit, ihm eine helfende Hand zu reichen und über seine Tätigkeit als Dieb, Hehler, Wucherer, Zuhälter und Erpresser hinwegzusehen. Aber wenn es schlecht läuft, ist der unredliche Anwalt der Erste, der es bemerkt. Und wenn er dir dann die Hand reicht, spürst du, dass du eine Klinge zu fassen bekommst.
    Dank Klimaanlage war es im Büro recht angenehm. Von hier sah man hinter der Glasfront, durch die Spalten der Jalousie, den blauen Mantel des Sees und des Himmels. Drinnen hatte man es schön frisch, konnte kalten Tee trinken und über Geschäfte reden.
    »Wissen Sie, Herr Advokat, man kann nicht verlangen, dass einer, der eine derartige Vielzahl von Geschäften betreibt wie ich, bestimmte Zahlungen in bar leistet.«
    »Entscheidend ist, dass sie geleistet werden, Signor Forster«, sagte Rechtsanwalt Berti. »Ich darf Sie jedoch daran erinnern, dass Ihre Gläubiger eine gewisse Dringlichkeit geboten sehen.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich in Kürze achthunderttausend Franken zur Verfügung haben werde. Auf die Hand, absolut problemlos.«
    »Schon, aber diese Zahlung … mit welchen Garantien kommt sie?«
    Forster strich sich mit der Hand über den Schnauzbart. Er musste den Satz wiederholen, um die Worte zu verstehen. Zahlung. Garantien. Diese Kanalratte unterstellte ihm, dass es sich um schmutziges Geld handelte.
    Und das stimmte. Das Geld von der Junker-Bank durfte nicht sofort ausgegeben werden. Erst einmal musste man es ins System einspeisen, es waschen. Nichts, was für Forster nicht machbar wäre. Er hatte eine kleine Restaurantkette, eigens zu diesem Zweck. Man musste nur den Gewinn aufblähen, ein wenig tricksen und nach und nach das Geld abzwacken. Aber das brauchte seine Zeit.
    »Ich werde über sämtliche Garantien verfügen, seien Sie unbesorgt. Entscheidend ist, nicht immer alles zu überstürzen. Ich muss verschiedene Tätigkeitsbereiche koordinieren und …«
    »Signor Forster.«
    Die schwarzen Äuglein des Anwalts glänzten hinter der Goldrandbrille. Forster zog die Augenbrauen zusammen.
    »Was ist?«
    »Signor Forster, reden wir Klartext. Ich vermittle zwischen Ihren Interessen und denen der K-Investment AG . Aber die K-Investment hat nicht vor, auf Ihren Beitrag zu verzichten. Ich kann nicht viel machen, verstehen Sie?«
    Anwälte haben ein Gespür. Und je unredlicher sie sind, desto stärker ist es ausgeprägt. Sie sind wie die Ratten, die wissen, wann das Schiff zu sinken beginnt. Ein paar Jahre zuvor hätte sich Berti nie herausgenommen, ihn so zu behandeln.
    »Können Sie nicht ein Treffen mit den Verantwortlichen vereinbaren?«, schlug Forster vor, der gelernt hatte, Ruhe zu bewahren. »Wir könnten unsere Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg räumen, ich könnte einige meiner Investitionsideen

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