Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne
Layton und Legh das liefert, was sie haben wollen, wird sie damit das Kloster retten.«
»Retten?«, rief ich. »Aber nur deshalb wurde das Kloster doch gebaut: um es zu
verbergen
. Wenn sie es aus seinem Versteck holt, ohne seine Kräfte zu kennen …« Ich verstummte unter Bruder Richards bohrendem Blick.
»Es wäre mir natürlich eine enorme Hilfe, wenn ich wüsste, wonach eigentlich alle suchen«, sagte Bruder Richard. »Gardiner hat es mir nicht gesagt.«
Beide sahen mich jetzt erwartungsvoll an.
»Aber genau das kann ich niemandem sagen«, rief ich. »Ich habe jemandem versprochen, einer hochgestellten Persönlichkeit, dass ich das Geheimnis von Kloster Dartford niemals verraten werde. Bischof Gardiner habe ich es nur unter Zwang preisgegeben. Und er hat mich ausdrücklich angewiesen, Euch nichts zu sagen.«
Mit einer Geste der Hoffnungslosigkeit wandte Bruder Richard sich ab.
»Bruder, er misstraut uns und will, dass auch wir einander misstrauen«, erklärte Bruder Edmund. »Wenn wir uns zusammentun könnten, hätten wir mehr Aussicht auf Erfolg, aber genau das fürchtet Bischof Gardiner – die Stärke und die Einigkeit des Strebens, die mit Wissen einhergehen. Dieses Stück muss ungeheure Macht verleihen, und deshalb traut er uns nicht. Die Einzige, auf die er sich verlässt, ist Schwester Joanna, weil er sie in ständiger Angst hält. Und selbst sie hat er nicht vollständig ins Vertrauen gezogen.«
Bruder Richard nickte. Er hob sein Gesicht in die Novembersonne und schloss die Augen wie in Meditation. Im scharfen Licht bemerkte ich graue Haare, die mir vorher nicht aufgefallen waren.
»Bischof Gardiner irrt«, sagte er, die Augen immer noch geschlossen. Bruder Edmund und ich sahen einander verblüfft an.
»Die unmenschliche Politik des Hofs hat sein Menschenbild verdorben.« Bruder Richard öffnete die Augen. »Es bleibt nur noch wenig Zeit. Es geht nicht darum, unsere Häuser und unsere Lebensweise zu retten. Die Klöster sind alle nur Backstein und Mörtel. Was zerstört wird, kann wieder aufgebaut werden. Die vertrieben werden, können wieder heimgeholt werden. Der heilige Dominikus wandelte barfuß unter den Menschen, um das Wort Gottes zu predigen; er schlief nachts auf der bloßen Erde und nahm nur wenig Nahrungzu sich. Nein, was hier vernichtet wird, ist die Seele Englands. Die finstersten Mächte drohen die Oberhand zu gewinnen, indem sie Unwissenheit, Leid und Zerstörung Vorschub leisten. Alles, was hier, in unserem Inselreich, geschaffen wurde, das ganze Bemühen, die Weisheit und die Schönheit unserer heiligen Kirche befindet sich in höchster Gefahr.«
Ich hörte mit klopfendem Herzen zu. Ja, wenn alles seinen rechten Gang ginge, würde Bruder Richard andere Dominikaner im Glauben an Gott führen. Er besaß eine wunderbare Gabe, die Gabe der Inspiration.
»Bischof Gardiner glaubt, dass im Kloster Dartford etwas verborgen liegt«, fuhr er fort, »das, in den rechten Händen, die Vernichtung der Klöster aufhalten könnte.«
»Aber wie?«, fragte Bruder Edmund.
»Wie sollen wir das wissen, solange wir nicht wissen, was es ist? Es ist der Grund, warum wir hierhergesandt wurden. Es ist der Grund, warum die Kommissare des Königs hier erschienen, auch wenn sie die Ermordung Lord Chesters vorgeschoben haben. Wir drei müssen uns jetzt in Vertrauen verbünden; wir müssen gemeinsam danach streben, das Ziel zu erreichen, das dem Bischof wichtiger ist als alles andere. Niemand konnte Heinrich Tudor bisher aufhalten. Schwester Elizabeth Barton, die heilige Magd aus Kent, sagte großes Unglück voraus, falls der König sich von Katharina von Aragón scheiden ließe, und sie wurde dafür gehängt. Kardinal Fisher und Thomas Morus weigerten sich, den Suprematseid abzulegen, und wurden hingerichtet. Sie starben als Märtyrer, verehrt von der gesamten Christenheit, aber das konnte die Entschlossenheit des Königs, die Herrschaft über die Kirche zu gewinnen, nicht verringern. Andere weigerten sich, den Eid zu leisten, und wurden gefoltert und getötet, mutige Äbte, Mönche und Priester. Und es bewirkte gar nichts. Der ganze Norden Englands erhob sich und forderte die Wiederherstellung der Klöster und der heiligen Gedenktage, und das Heer der Aufständischen wurde niedergemetzelt, die Anführer wurden auf barbarische Weise getötet.«
Ich dachte an meine Cousine Margaret und hätte weinen können vor Schmerz.
»Aber ich kann es nicht finden«, sagte ich. »Ich habe alles versucht. Ich
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