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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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die seine Tonsur verdeckte. Seine braunen Augen leuchteten hinter der Maske.
    »Wir kommen da nicht hinein«, flüsterte ich ihm zu. »Sie haben eine Liste der Gäste«
    Bruder Edmund blickte zum Saal. »Die Tapisserie könnte da drinnen hängen«, sagte er. »Wenn ich nur fünf Minuten hineinkäme, mehr brauche ich nicht.«
    Aber uns fiel keine Lösung für unser Dilemma ein. Wir warteten auf der Seite, während andere vorangingen, um sich melden zu lassen. Bald würden wir wegen unseres Zögerns auffallen.
    Eine kleingewachsene Nonne eilte an uns vorüber. Langes kastanienbraunes Haar fiel ihr unter dem Schleier den Rücken hinunter. Ich erkannte sie.
    »Miss Howard?«, rief ich sie mit einem plötzlichen Einfall an.
    Sie betrachtete uns und klatschte in die Hände. »Wie gut Euch die Kostüme stehen.«
    Ich lächelte, so herzlich ich konnte. »Ich bin mit Eurem Cousin Surrey bekannt. Vor Kurzem erst habe ich seine Schwester besucht, die Herzoginwitwe von Richmond. Aber ich möchte ihn gern überraschen, versteht Ihr. Ich möchte
nicht
angemeldet werden. Lässt sich das irgendwie einrichten?«
    Sie lachte. »Alle Howards lieben Überraschungen«, sagte sie und überlegte einen Moment. »Kommt mit.«
    Catherine Howard führte uns aus dem Vorsaal hinaus in einen schmalen Gang neben dem Festsaal.
    »Seht Ihr die Türen dort?«, fragte sie. »Eine von ihnen führt direkt in den großen Saal.«
    »Aber welche?«, fragte Bruder Edmund.
    »Achtet einfach auf das Ornament über der Tür. Der Löwe steht vor dem Efeu«, sagte sie.
    »Wie?«, fragte er verwirrt.
    »Ach so, das Wappen«, warf ich ein. »Das Wappen der Howards ist ein goldener Löwe mit Efeu.«
    »Ihr kennt unsere Familie gut«, sagte sie erfreut. »Meistens befindet sich der Efeu vor dem Löwen. Aber über dieser Tür ist der Löwe vorn. So weiß ich immer, welche Tür ich nehmen muss.«
    Sie zwinkerte uns hinter ihrer Maske verschwörerisch zu und verschwand wieder in der Menge, während wir uns zu der bezeichneten Tür begaben.
    Unbemerkt betraten wir den festlich erleuchteten großen Saal und mischten uns unter die Gäste, von denen die meisten tanzten. Ich sah mich aufmerksam um. Zwei einander gegenüberliegende Wände waren mit Tapisserien geschmückt. Der Behang auf unserer Seite zeigte einen paradiesischen Garten, aber ich erkannte gleich, dass er nicht von unseren Nonnen in Dartford gefertigt war. »Sie muss auf der anderen Seite hängen«, sagte ich zu Bruder Edmund.
    Doch die Tanzenden, die sich in zierlichen Schritten und Kreisen bewegten, Spaliere bildeten, die sich wieder auflösten, nachdem sich die Tanzpartner voreinander verbeugt hatten, versperrten uns den Weg durch den Saal.
    »Irgendwie müssen wir da hinüberkommen«, sagte Bruder Edmund, als von einer Bühne, die zwischen zwei gewaltigen Leuchtern am Kopf des Saals errichtet worden war, um Aufmerksamkeit gebeten wurde. In der Mitte der Bühne stand ein junger Mann, vielleicht einundzwanzig Jahre alt, der wie ein Bischof gekleidet war, allerdings weder Kopfbedeckung noch Maske trug. Er hatte ein stolzes Gesicht und kurz geschnittenes rötliches Haar.
    »Ist das der Graf von Surrey?«, fragte mich Bruder Edmund.
    »Ja«, antwortete ich zerstreut, von einer plötzlichen Erinnerung abgelenkt. »Und er ist das lebende Abbild seines Großvaters   – meines Onkels   –, des Herzogs von Buckingham.« Ganz deutlich hatte ich meinen Onkel vor Augen, der in seinen schönen Häusern und Parks mit Vorliebe die originellsten Feste gegeben hatte. Hier war eine Art ausgleichender Gerechtigkeit zum Zug gekommen   – der Herzog vonNorfolk verachtete seine Frau und ihre Familie, aber seine beiden geliebten Kinder waren ihrem Aussehen nach ganz nach den Staffords geraten.
    »Edle Herrschaften, bevor das Maskenspiel beginnt, bitte ich alle zu einer Allemande«, rief der junge Graf von Surrey. Die Menge schrie Beifall, und die Musiker griffen zu ihren Instrumenten. In heillosem Durcheinander liefen alle umher, um sich einen Partner oder eine Partnerin zu suchen und sich zum Tanz aufzustellen   – nur Bruder Edmund und ich rührten uns nicht von der Stelle.
    »Beim Tanzen hätten wir die Möglichkeit, auf die andere Seite hinüberzukommen«, bemerkte ich.
    »Eine großartige Idee, nur tanze ich nicht«, erwiderte er.
    »Ich weiß, dass es sich nicht ziemt, Bruder, aber es ist wichtig.«
    Er schüttelte den Kopf. »Darum geht es nicht. Ich würde tanzen, wenn ich wüsste, wie, Schwester. Aber ich kann

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