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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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der Heirat an der Franzosenkrankheit; sie versuchte, so gut sie konnte, sich ihm fernzuhalten. Aber es kam immer wieder vor, dass Cheyne seine ehelichen Rechte forderte. 1533 war Anne Boleyn schwanger mit dem Kind, von dem alle erwarteten, dass es ein Prinz werden würde. Norfolk war bei Hofe, und Cheyne, der ihn aufsuchte, befahl Margaret, ihn zu begleiten, obwohl sie den Hof immer gehasst hatte. Das war der Tag, an dem der König Margaret zum ersten Mal sah.«
    Das Gesicht meines Vaters zeigte seinen ganzen Abscheu. Er sprach schneller, als ich das von ihm gewohnt war, wie von einem unerbittlichen Zwang getrieben, mir diese schrecklichen, schmutzigen Dinge zu erzählen.
    »Während der Schwangerschaft der Königin hatte Heinrich wieder angefangen, sich Mätressen zu nehmen. Als er Margaret sah, mussteer sie natürlich haben. Irgendjemandem sagte er, sie sei die schönste Frau, die ihm je unter die Augen gekommen sei. Er wusste natürlich, dass sie Buckhinghams Tochter war. Das muss auf eine perverse Art den Reiz für ihn noch erhöht haben. Er befahl Norfolk, der stets bereit war, den Kuppler zu spielen, sie ihm zu bringen. Norfolk tat das nur zu gern, weil er glaubte, nun müsse sie, die treu zu den Howards stand, dem König zu Willen sein. Cheyne wurde angewiesen, Margaret noch am selben Abend dem Kammerherrn des Königs auszuliefern, der sie dann dem König zuführen würde.«
    In mir erwachte wieder das Grauen, mein Ekel vor dem Hof.
    »Aber sie floh«, sagte mein Vater. »Sie entfloh ihrem Mann. Sie stahl sich heimlich weg aus Hampton Court, wo die königliche Familie residierte. Sie wusste nicht, wohin. Es war klar, dass ihr Mann sie zuerst in ihrem gemeinsamen kleinen Haus in London suchen würde. Ihre Schwester, die Herzogin, hätte solchem Druck nicht standgehalten. Sie hatte kein eigenes Geld, um quer durch England nach Stafford Castle zu reisen. Als ich ihr begegnete, war sie völlig erschöpft. Sie habe sich die ganze Nacht in einer Kirche versteckt, sagte sie mir. Ich ging an jenem Morgen rein zufällig auf der Straße an ihr vorüber. Im ersten Moment konnte ich nicht glauben, dass sie es wirklich war. Sie weinte und bat mich, ihr zu helfen.
    Ich habe sie mit nach Hause genommen und die Bediensteten bestochen, damit sie sie nicht verrieten. Irgendwann am Nachmittag kamen Cheyne und Norfolk. Ich behauptete, ich hätte keine Ahnung gehabt, dass sie überhaupt bei Hof gewesen war. Margaret und ich hielten es für das Sicherste, wenn sie nach Nordengland reisen und bei ihrer anderen Schwester, der Gräfin von Westmoreland, Unterkunft suchen würde. Um sie aus dieser Festung herauszuholen, so nahe der schottischen Grenze, wo die Leute den Tudors gar nicht wohlgesonnen sind, hätte es schon eines ganzen Heeres bedurft. Ich hatte ein wenig Geld und besorgte noch mehr, um ihre Reise zu bezahlen.«
    Mein Vater schwieg. Er schien neue Kraft schöpfen zu müssen, um fortzufahren.
    »Wir waren beide so entsetzlich einsam. Und unglücklich. Was geschah, war eine Sünde. Das will ich gar nicht leugnen. Es war doppelterEhebruch, und es war Inzest. Aber ich werde dich nicht belügen, Joanna, und behaupten, ich bereute es. Denn damit täte ich ihrem Andenken ein schreckliches Unrecht an. Es war nur eine Woche, die wir zusammen hatten. Aber Margaret war die Liebe meines Lebens.«
    Er senkte den Kopf und weinte.
    Trotz des Abscheus und des Schmerzes und des Zorns über die Lügen war ich tief bewegt. Ich empfand Mitleid mit meinem Vater und mit Margaret.
    »Ich konnte sie nicht nach Norden begleiten; Norfolk hätte Verdacht geschöpft, wenn ich so lange verschwunden wäre. Er argwöhnte ohnehin, dass ich etwas über Margarets Verbleib wissen könnte. Ich besorgte einige Bedienstete, die sie begleiteten, und sie reiste ab. Ich habe sie nie wieder gesehen, bis   … Smithfield.
    Ich hörte, dass sie Bulmer auf dem Schloss ihrer Schwester begegnete, kurz nachdem sie dort angekommen war, und wenig später zu ihm zog. Dann hörte ich, dass sie ein Kind erwartete, und begann, mir Gedanken zu machen. Ach was, ich war regelrecht besessen. Ich versuchte, mehr in Erfahrung zu bringen, ohne übermäßig interessiert zu erscheinen. Und als das Kind geboren wurde, errechnete ich, dass es mein Kind sein könnte. Ich hielt es nicht mehr aus; ich schrieb ihr und bat sie um Auskunft. Ich schrieb, wenn meine Vermutung richtig sei, würde ich unverzüglich nach Norden reisen und sie und das Kind holen, koste es, was es wolle.
    Sie

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