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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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die Dominikaner ein sehr frommer Orden sind, der sich derVerbreitung von Gottes Wort und einem Leben der Hingabe an den Glauben geweiht hat.«
    Gardiner lächelte. »Manche Dinge verändern sich nie, selbst heute nicht. Die jungen Novizen und Novizinnen dominikanischer Ordensgemeinschaften zeichnen sich von jeher durch ihren Stolz aus.«
    Wieder wurde ich rot. Stolz war eine Sünde. »Verzeiht mir, Exzellenz.«
    »Nein, nein, es ehrt Eure Priorin.« Er nahm seinen Vortrag wieder auf. »Schon Königin Eleonore von Kastilien, die Ehefrau des ersten Eduard, wollte in Dartford ein Nonnenkloster gründen. Aber erst als ihr Enkel, Eduard III., sich des Plans annahm, kam die Sache in Bewegung. Er bezahlte den Bau aus seiner eigenen Schatulle. Er bestand darauf, dass vier im Dienst des Herrn erprobte Dominikanerinnen, die er eigens aus Frankreich holen ließ, die Gründerinnen sein sollten. Sein intensives Interesse wurde damals allgemein als befremdlich empfunden. Sein ältester Sohn und Erbe, Prinz Eduard, der Schwarze Prinz, lag im Sterben. England hatte soeben einen Krieg gegen Frankreich verloren. Das Parlament hatte ein Besteuerungsgesetz abgelehnt. Und er interessierte sich vor allem für das Kloster Dartford. Ach was, er war besessen davon. Ausländische Gesandte vermerkten es in ihren Schreiben nach Hause. Habt Ihr dafür eine Erklärung?«
    »Nein.«
    »In vielen unserer Klöster liegen heilige Reliquien, Schwester Joanna. Aber in Dartford gibt es keine; weder zur Tröstung und Stärkung der Nonnen noch zur Labung von Pilgern. Ist das richtig?«
    »Ja, das ist richtig.« Ich rieb mir die Augen, müde und verwirrt.
    »Schwester Joanna, Ihr habt nie davon gehört, dass in Dartford ein besonderer Schatz aufbewahrt wird, der zur Zeit der Klostergründung durch Eduard III. dort hinterlegt wurde?«
    »Nein.«
    Der Bischof neigte sich näher zu mir und sah mir forschend in die Augen. »Seid Ihr sicher? Absolut sicher, dass es im Kloster nichts von besonderem Wert gibt?«
    Wieder musste ich nach einer Antwort suchen. »Kloster Dartfordist berühmt für seine Tapisserien. Die Nonnen dort fertigen seit Generationen die feinsten Arbeiten.«
    Der Mund des Bischofs zuckte. Sein Gesicht wurde tiefrot. Eine Ader schwoll blau an seinem Hals. Mit beiden Händen packte er mich bei den Unterarmen und sagte in völlig verändertem, aufgebrachtem Ton: »Glaubt Ihr, ich hätte die weite Reise und all die Mühen und Umstände wegen ein paar
Tapisserien
auf mich genommen?«
    Erschrocken über diesen plötzlichen Umschwung fuhr ich zurück, aber er fasste mich nur noch fester und zischte: »Schwester Joanna, habt Ihr die Athelstan-Krone gesehen?«
    Alles in mir krampfte sich zusammen. Ich versuchte, meinen Gesichtsausdruck zu beherrschen, aber es war zu spät, ich erkannte es an seiner Erregung.
    Er ließ mich los und lachte   – schrill und triumphierend. »Ihr
habt
sie gesehen; Ihr wisst von ihr. Ich hatte recht. Ich hatte recht. Die Krone ist in Dartford versteckt. Oh, Christus sei Dank in seiner Güte, ich hatte recht.«
    Er rieb sich die Hände. »Als ich hörte, dass eine Novizin aus Dartford in den Tower gebracht worden war, eine Stafford, die Katharina von Aragón gedient hatte   – eine junge Frau, die der harten Hand Norfolks standhielt und dann um die Werke Thomas von Aquins bat, wusste ich es. Ich wusste, dass ich mein Werkzeug gefunden hatte.«
    Der Bischof ließ sich auf die Knie fallen und faltete die Hände zum Gebet. »Ich danke dir, o Herr, für deine Gnade und Vergebung. Alles wird sich ordnen und ins Reine kommen vor deinem Angesicht.«
    Er öffnete die Augen und erhob sich langsam. Nachdem er den Schmutz von seinen weißen Gewändern geklopft hatte, sagte er mit Genugtuung: »Und nun, Schwester Joanna, werdet Ihr mir sagen, wo die Athelstan-Krone zu finden ist.«
    »Es tut mir leid«, entgegnete ich ruhig. »Ich weiß nichts über sie.«
    »Ihr lügt!«, widersprach er. »Ich sehe es Euch an. Vergesst nicht, dass ich ein erfahrener Advokat bin. Ich erkenne es, wenn man mich belügt, schon gar bei Leuten, die der Verstellung so unkundig sind wie Ihr.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Sein triumphierendes Lächeln erlosch. »Schwester Joanna, es geht mir darum, Euch zu helfen, uns allen zu helfen.«
    Nein, darum geht es
dir
nicht
, dachte ich.
Ich werde dir gar nichts sagen.
    »Wo ist die Athelstan-Krone?«, fragte er wieder.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wer hat im Kloster Dartford von ihr

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