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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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fragte er schließlich.
    Hinter uns rührte sich etwas. Drei Nonnen waren bis auf ein paar Schritte an uns herangetreten und starrten uns an. Es waren meine Mitnovizinnen, Schwester Winifred und Schwester Christina, und zwischen ihnen stand die rundliche Novizinnenmeisterin, Schwester Agatha. Die anderen Nonnen drängten sich weiter hinten zusammen und reckten die Hälse, um uns besser sehen zu können.
    »Edmund, bist du das?«, fragte Schwester Winifred ungläubig.
    Mit einem Lächeln trat er auf sie zu. Wie sehr die beiden einander ähnelten. »Ja, liebste Schwester«, sagte er.
    Schwester Winifreds Blick flog unsicher von ihm zu mir. »Und Schwester Joanna?«, stieß sie entgeistert hervor. »Man hat uns gesagt, Ihr wärt im Tower.«
    »Genug!«, befahl Schwester Joan. »Wir sprechen draußen. Schwester Agatha, kommt mit uns.« Sie hob die Stimme, damit alle Nonnensie hören konnten. »Ihr anderen Schwestern bleibt bitte hier. Die Nachtwache an der Aufbahrung unserer verstorbenen Priorin ist eingeteilt. Morgen in der Frühe wird sie gewaschen und in ihr Tuch gehüllt werden.«
    Neuerliches Schluchzen folgte auf ihre Worte.
    Noch lauter rief Schwester Joan: »Ich bin gleich zurück! Erweist jetzt unserer geliebten Priorin den ihr gebührenden Respekt, auch wenn andere das nicht tun.« Wobei sie mich mit zornfunkelndem Blick ansah.
    Ich bemerkte, wie Schwester Winifred sich erschüttert Schwester Christina zuwandte, die sie in den Arm nahm und mir über die Schulter der Trostsuchenden hinweg einen unwilligen und argwöhnischen Blick zuwarf.
    Meine Tränen abwischend, folgte ich zusammen mit den beiden Ordensbrüdern Schwester Joan und Schwester Agatha hinaus. Sobald wir im Kapitelsaal neben der Kirche waren, begann Schwester Agatha nervös, Kerzen anzuzünden.
    Bruder Richard sprach als Erster. »Ich muss wissen, mit wessen Befugnis Ihr das Amt der Priorin übernommen habt«, sagte er kurz und sachlich. »Ist es der Bischof von Rochester?«
    Ihre Augen wurden schmal. »Darf ich nach Eurem Namen fragen?«
    »Ich bin Bruder Richard.«
    »Dann muss ich Euch zunächst sagen, Bruder Richard, dass ich Euch keinerlei Rechenschaft schuldig bin«, erklärte sie kühl. »Ich habe keinen Anlass, etwas zu verbergen, alles wurde ordnungsgemäß vollzogen. Die Mitglieder der Priorei haben mich heute auf eine Empfehlung hin gewählt. Nein, die Empfehlung kam nicht vom Bischof von Rochester, auch wenn man vielleicht die Auffassung vertreten könnte, dass wir unter seine Zuständigkeit fallen. Wie Ihr zweifelsohne wisst, habe ich mich auch nicht an Euren Beschützer, den Bischof von Winchester, gewandt. Mir wurde die Befugnis direkt vom zweiten Mann im Land erteilt, dem Lordsiegelbewahrer und Generalvikar Thomas Cromwell.«
    Bruder Richard schreckte vor ihr zurück, als hätte sie den Teufel beschworen. Mit heiserer Stimme stammelte er: »Aber   – aber   – Cromwell ist der Mann, der die Klöster zu vernichten sucht.«
    Röte breitete sich im Gesicht der Priorin aus. »Solange die Klöster in diesem Land noch stehen   – und wir beten alle darum, Bruder, dass keine weiteren aufgelöst werden   –, ist Cromwell der Mann, der für uns zuständig ist. So bestimmt es der Suprematseid.«
    »Woher wusste er überhaupt, dass hier eine neue Priorin gebraucht wurde?«, fragte Bruder Richard scharf.
    »Meine Vorgängerin, die Priorin Elizabeth, erkrankte im Sommer. Schon im September war klar, dass sie nicht genesen würde. Ich habe persönlich an Cromwell geschrieben und ihn von der Situation und meiner Befähigung zur Übernahme dieses Amtes in Kenntnis gesetzt. Sein Bewilligungsschreiben traf letzte Woche hier ein. Ihr könnt es Euch ansehen, wenn Ihr das wünscht.«
    Bruder Richard und Bruder Edmund wechselten bestürzte Blicke. Ich hatte wenig Ahnung von den Verfahrensregeln zur Wahl einer Priorin und konnte nicht sagen, ob Schwester Joan gegen irgendwelche Vorschriften verstoßen hatte. Aber ich vermutete, die Bestürzung der beiden Brüder hatte mehr mit dem direkten Eingreifen Cromwells zu tun.
    »Und nun zur eigentlichen Sache«, fuhr sie fort. »Bischof Gardiner hat Eure Versetzung von Cambridge nach Dartford veranlasst. Ich habe nichts dagegen einzuwenden. Ich werde dafür sorgen, dass Euch gleich morgen alle Rechnungsbücher übergeben werden, Bruder Richard.« Sie sah den hellhaarigen Bruder an. »Ihr müsst Bruder Edmund sein.«
    Er neigte den Kopf.
    »Das Klosterhospital in Stanham, einem Dorf in der Nähe, genügt

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