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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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traurige Nachricht überbringen«, sagte sie mit ihrer klaren, selbstsicheren Stimme.
    Ich spürte, wie mein Körper sich anspannte.
    »Unsere Königin ist tot. Jane, die geliebte Gemahlin unseres Königs, ist von einem Fieber dahingerafft worden, das sie sich im Kindbett zugezogen hat. Wir singen jetzt die Totenmesse. Im kommenden Monat werden wir besondere Totenwachen für die verstorbene Königin halten.«
    Ich blickte hinüber zu dem mit schwarzem Tuch behangenen Gitter, das die Nonnen von den Brüdern trennte. Ich sah weder Bruder Richard noch Bruder Edmund, aber ich fragte mich, wie sie diese traurige Nachricht aufgenommen hatten. Sie hatten ihre Hoffnungen in die Frau gesetzt, deren sterbliche Überreste jetzt in einer kalten königlichen Kapelle aufgebahrt waren. Königin Jane war achtundzwanzig Jahre alt gewesen, zwei Jahre älter als ich. Sie warzweifellos von den besten Ärzten im Land versorgt worden, dennoch hatte sie unter Schmerzen sterben müssen.
    Ich habe gehört, dass manche Leute glauben, wir nähmen den Schleier, weil wir Männer verabscheuen und uns vor der Schwangerschaft fürchten. Wäre es doch möglich, sie begreifen zu machen. Der Entschluss, Nonne zu werden, hat mit Furcht und Hass nichts zu tun; ganz im Gegenteil. Ich dachte an die berühmten Worte der heiligen Katharina von Siena: »Alles kommt aus der Liebe.« Liebe zu Gott, Nächstenliebe und Liebe zu denen, die uns vorausgegangen sind. Wenn ich in dieser Bank saß, spürte ich den Geist von Generationen begieriger junger Novizinnen, die ihre Gebete und Lieder gelernt hatten. Indem ich meine Seele in den ihren aufgehen ließ, kam ich dem Alleins der Ewigkeit so nahe, wie das für einen Menschen möglich war. Dartford war der einzige Ort, an dem ich je inneren Frieden und das Wissen um wahren Wert gefunden hatte. Wieder spürte ich das Nagen der Angst. Wie konnte Gott in seiner Gnade zulassen, dass die Menschen dieser Lebensweise ein Ende setzten?
    Ich kämpfte meine Angst nieder, faltete die Hände und betete für die tote junge Königin; betete darum, dass die Seele Jane Seymours die Qualen des Fegefeuers schnell durchwandern und zum Himmel aufsteigen möge.

Kapitel 21
    Während Allerseelen näher rückte, bereiteten wir uns auf das Festmahl für Lord Chester vor. Stühle mussten gepolstert und mit Stoff bezogen werden, damit die Herrschaften bei Tisch bequem saßen. Hier im Kloster hatten wir nur Stühle aus blankem Holz. Bierkrüge und edles Tafelgeschirr, Tischdecken und bestickte Mundtücher, unbekannter Prunk in einem Dominikanerinnenkloster, mussten beschafft werden. Ich hörte Bruder Richard mit Gregory besprechen,welche Tiere geschlachtet werden sollten. Zusätzliche Küchenhilfen wurden angeheuert, vor allem eine Frau, die in der Zubereitung üppiger Speisen erfahren war. Bei einem Festmahl für einen Edelmann mussten Fleischgerichte angeboten werden; wir in Dartford aßen kein Fleisch, außer hin und wieder eine Pastete.
    Nachmittags arbeitete ich nicht wie sonst in der Weberei, sondern übte mit Bruder Edmund zusammen im Kapitelsaal Musikstücke ein. Wir waren niemals ganz allein. Unter der Aufsicht des Pförtners liefen ständig Arbeiter umher, die den Saal für die hochwohlgeborenen Gäste herrichteten. Es war verstörend, zuzusehen, wie unser Kapitelsaal in einen Festsaal für einen weltlichen Lord und seine Gesellschaft verwandelt wurde, aber es war der einzige Raum von ausreichender Größe.
    Die Klostergesänge ließen sich nicht auf Laute und Vihuela übertragen. Aber der Bruder und ich kannten einige weltliche Weisen, und wenn wir sie spielten, tanzten die von der Laute geschlagenen Melodien anmutig über den weichen, tiefen Akkorden meiner Vihuela. Manchmal mussten wir improvisieren, um das Fehlen anderer Instrumente zu überbrücken, und Bruder Edmunds Ideen dazu beeindruckten mich jedes Mal.
    »Ihr seid wahrhaft begabt, Bruder«, sagte ich an unserem dritten Übungstag, während er dabei war, eine Saite an seinem Instrument zu erneuern. Seine Laute hatte fünfzehn Saiten, und er achtete immer genau auf ihren Klang.
    Er lächelte, ohne aufzublicken. »Es ist eine Freude für mich, Gott mit meiner Musik zu ehren. In meinem Kloster war ich für drei Dinge bekannt: meine Arbeit als Apothecarius, meine bescheidenen Künste auf der Laute und mein geschichtliches Interesse.«
    »Und was interessiert Euch da? Die Geschichte des Dominikanerordens? Oder die Englands?«
    »Ich würde sagen, beides.«
    »Darf ich Euch dann

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