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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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nicht wahrhaftig Mensch gewesen, hätte niemals wahrhaftig gelebt — ohne diese Liebe .
    Und gerade darum, weil diese Liebe größer ist als alles andere, gerade darum müsse er gehen. Diese Liebe sei es, die das Leben zum Leben, das Opfer zum Opfer mache. »Niemand hat größere Liebe«, sprach er. »Niemand hat größere Liebe, als wer sein Leben gibt für seine Freunde.«
    Und ich wusste, dass diese Freunde zu ebenjener Stunde wieder insgeheim beisammensaßen .
    Und ich wusste, dass sie sein Opfer nicht verdienten .
    »Damit ist es zu Ende«, sagte Amadeo. »Das ist noch immer nicht der Schluss, aber viel kann es nicht mehr sein.«
    »Nein.« Rebeccas Augen lagen auf dem Manuskript. »Es geht ja jetzt ziemlich...«
    »Das darf einfach nicht wahr sein!« Der commandante war aufgesprungen. »Was für eine gottverdammte Sauerei geht da vor?« Auf einem der Ruhebetten lag ein druckfrisches Exemplar des Osservatore Romano , der offiziellen Zeitung des Vatikans. Der Mann in der Soutane schnappte sich das Blatt, zerknüllte es und schleuderte es quer durch den Raum, als könnte er — ein Priester — damit der römischkatholischen Kirche den Garaus machen. »Was für eine gottverdammte Sauerei!« Die folgenden Worte kamen auf Spanisch. Sie klangen nicht so, als ob Amadeo etwas verpasste, wenn er sie nicht verstand.
    »Noch ist nichts bewiesen«, sagte Amadeo vorsichtig. »Sicher, er macht Andeutungen, schon in dem Fragment aus Maria Laach. Aber eben nur Andeutungen.«
    »Verbrecher!«, keuchte der commandante . »Eine Bande von Verbrechern, die seit zweitausend Jahren die Menschen anlügt!«
    »Das sagt die halbe Welt schon seit Jahren«, bemerkte Rebecca lakonisch, »und das ganz ohne Fragmente.«
    »Das ist etwas anderes!«, schnaubte der dunkelhäutige Mann. »Das waren Gerüchte, Geschichten. Das hier ist... schwarz auf weiß.«
    »Eher sepia auf weiß«, sagte Rebecca ruhig. Doch Amadeo entging nicht die Besorgnis, mit der sie den Mann musterte. »Amadeo hat vollkommen Recht, wenn er sagt, dass es noch immer nicht mehr ist als Andeutungen. Ich glaube nicht, dass der alte Mann damit...«
    Stumm blickte der commandante sie an, die Augen rot vor Zorn. Im nächsten Moment riss er wortlos die Tür auf und stürmte aus der Kabine.
    »Wer ist dieser alte Mann?«, fragte Amadeo leise. »Hat er euch auf meine Spur geschickt?«
    Rebecca hob abwehrend die Hand. »Er wird selbst mit dir sprechen, Amadeo. Das habt ihr beide verdient. Er hat uns ausgebildet, den commandante und mich, und als mein Vater damals nicht zurückkehrte, war er... Er ist ein guter Mann.« Sie blickte auf die Papyri. »Du wirst ihn bald kennenlernen«, sagte sie leise.
    Amadeo seufzte und packte langsam seine Mappe aus. Den kläglichen Rest seines Vitriolvorrats hatte er nicht in ihrem Wagen zurücklassen wollen, als sie die Villa betreten hatten. Jetzt war er heilfroh darüber. Dies war die letzte Anwendung, danach war die Phiole leer. Wenn der nächste Codex nicht den Schluss der Offenbarung barg, musste er für Nachschub sorgen.
    Das, was sie jetzt besaßen, musste genügen, hatte der commandante gesagt.
    Amadeo wusste, dass es ihm selbst nicht genügen würde, nicht genügen konnte. Er musste die gesamte Geschichte kennen, die ganze Wahrheit. Sorgfältig bestrich er den untersten Abschnitt des letzten Fragments mit der unsichtbaren Substanz und wartete, dass die Schrift ihres Freundes aus der Vergangenheit zum Vorschein kam.
    Helmbrecht würde Rat wissen.

Rom, 7. September
LXVIII
    »Si.volueris.per.compositum.centenum.cum.deceno.vel.per.compositum.millenum.cum.centeno«
    Die lateinischen Worte am Fuß des letzten Fragments — Amadeo konnte sie längst auswendig, so oft hatte er sie gelesen und dennoch nicht glauben wollen. Diesmal war es wirklich ein hartes Stück Arbeit gewesen. Zum einen war der Papyrus gerade zum Ende hin übel mitgenommen, und zum anderen hatte Amadeo einfach nicht wahrhaben wollen, was er da gelesen hatte.
    In den letzten Tagen hatte ihr geheimnisvoller Helfer sie auf die Spur unterschiedlichster Autoren und unterschiedlichster Codices geschickt. Bisher hatte Amadeo den Eindruck gehabt, es sei alles schon dabei gewesen, von Walahfrid und seinem Buch über die Pflanzenkunde über heidnische Philosophen bis hin zu christlichen Kirchenvätern. Aber das hier war anders. Das klang wie...
    »Du glaubst wirklich, das ist aus einem Schulbuch?«, fragte Rebecca.
    Sie sah ungewohnt aus: Ihre nicht ganz saubere Jeans und der Pullover

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