Die letzte Praline
sollen wir sagen, ›fachgerecht‹ zu morden ist?«
»Klingt gut für mich. Als gäbe es Sachbücher dazu: Fachgerecht Morden für Einsteiger, Kapitel 8: Die Obsidian-Klinge.«
»Reden Sie keinen Unsinn, Pit! Für solch ein Werk wäre der Absatzmarkt viel zu klein. Weiter im Schlussfolgern. Aspe wird dies auch tun und vielleicht sogar herausfinden, wer wo in der letzten Zeit eine Schweinehälfte gekauft hat. So etwas wird ja nicht jeden Tag von einer Privatperson erstanden. Oma Erne kommt sicher nicht zum Metzger ihres Vertrauens und sagt: Eine grobe Leberwurst, fünf Scheiben gekochten Schinken, etwas Zwiebelmett und eine Schweinehälfte, bitte. – Soll ich alles einpacken? – Nicht nötig, die Schweinehälfte nehme ich direkt über die Schulter.«
»Sie kennen meine Omma nicht. Die war einen Kopf größer als ich.« Pit lächelte beim Gedanken an sie. Doch dann verdüsterte sich sein Gesicht. »Ich muss Ihnen ganz dringend was sagen, Professore. Ist aber nichts Nettes, da warne ich Sie lieber gleich.«
»Alles ist dringend heutzutage! Die ganze Welt ist dringend! Gibt es denn nichts mehr, das Zeit hat? Nichts mehr, das sich von alleine erledigt? Nichts mehr, vor dem man in aller Ruhe eine Tasse Tee trinken kann? Nein, jeder muss jederzeit erreichbar sein und am Computer. Ich sage hier und jetzt: Nein! Ich gönne mir den Luxus, nicht immer erreichbar zu sein, und den Luxus, auch Dringliches aufzuschieben. Nichts ist so dringlich, dass es nicht ein paar Minuten warten kann.«
»Kann es nicht, Professore, wirklich.«
»Kann es wohl.«
»Gleich ist es zu spät!« Sie näherten sich dem Groote Markt, und Pit schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Er bog auf den wie immer über und über mit Menschen bedeckten Platz ein und versuchte, so schnell wie möglich zu fahren, damit der Professor das neue Plakat nicht sah. Aber immer wieder rannten Touristen über die Straße, zwangen ihn zum Bremsen und guckten ihn auch noch blöd an, als wäre er gerade dabei, kleine Hundewelpen zu überfahren. Mit anderen Worten: Pit war nicht schnell genug.
Professor Dr. Dr. Adalbert Bietigheim sah das riesengroße Banner der Frittenolympiade.
Ihm blieb die Luft weg. »Spektralphotometerremissionskurve.«
Eigentlich hatte Pit gedacht, der Professor hätte diese merkwürdige Angewohnheit, im Moment gesteigerter Nervosität Fachbegriffe auszustoßen, am Ende seines Englandaufenthalts im letzten Jahr kuriert. Doch offensichtlich war das Klugscheißer-Tourette zurück.
»Soll ich anhalten, damit Sie es sich in Ruhe ansehen können?«
»Haben Sie etwa gewusst, dass es dort hängt?«, fuhr Bietigheim ihn an.
»Ähm …«
»Warum haben Sie dann nicht den Mund aufgemacht, Mann! So etwas behält man doch nicht für sich! So etwas erzählt man direkt, das ist doch dringend.«
»Aber …«
»Ich will nichts mehr hören. Und dieses Plakat kommt herunter. Ist das klar?«
»Soll das heißen, ich soll es herunterreißen?«
»Unverantwortlich, so etwas aufzuhängen. Fritten sind ausgesprochen ungesund.«
»Aber Schokolade!«
»In Maßen sehr gesund, und zwar für das Herz! Wegen der Flavanole, welche die Blutgefäße elastischer machen und leicht blutdrucksenkend wirken. Die meisten finden sich in dunkler Schokolade. Zudem enthält Schokolade größere Mengen an Magnesium, Eisen und Kalzium. Des Weiteren kommen Betacarotin sowie die Vitamine E, B1, B2 und Niacin vor. Koffein steckt ebenfalls in Kakao, allerdings deutlich weniger als in Kaffee. Schon kleine Mengen Bitterschokolade haben positive gesundheitliche Effekte.«
»Wie viel sollte ich denn pro Tag so wegmampfen?«
»Sieben bis 20 Gramm. Mehr lieber nicht, wegen der Kalorien – zu viel Zucker und Fett.«
»Na, das ist ja jeden Tag ein richtiges Festmahl.« Pit wollte dann doch lieber bei blutigen Steaks bleiben.
»Spotten Sie nicht! Statistisch gesehen, erhalten die Länder, in denen am meisten Schokolade gegessen wird, die meisten Nobelpreise. Spitzenreiter ist die Schweiz. Und wo wir gerade beim Thema sind, noch ein paar Worte zu Schokolade und Verdauung. Falls Sie einmal unter Verstopfung leiden, sollten Sie wissen, dass Kakaobuttersuppositorien einen milden Reiz auf die Darmschleimhaut ausüben, daher Stuhlentleerung bewirken. Da weiße Schokolade rund zwanzig Prozent Kakaobutter enthält, ist sie für Abführzwecke vorzuziehen, zur Not tut es aber auch Milchschokolade. Führt man einen Riegel Milchschokolade von circa sechzehn Gramm rektal ein, muss man rund
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