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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Pit grinste.
    »Die gibt es eigentlich erst nachher, aber für Sie mache ich eine Ausnahme.«
    Manon verließ den Raum. Als sie zurückkam, war die Massageliege leer, und Schokoladenpfützen fanden sich von dort bis zum Türrahmen, in dem sie nun stand. Pit kniete daneben auf dem Boden und griff nun blitzschnell nach ihrem Bein.
    Mit zwei schokoladigen Händen.
    »Was tun Sie da? Lassen Sie sofort los! Ich brülle!«
    Sie setzte schon an, doch Pit war schneller. »Dann saue ich Ihre Schuhe mit Schokolade ein. Ich bin zwar kein Experte, aber es ist bestimmt scheiße schwer, Schokolade aus Wildleder herauszubekommen, oder? Ich möchte nur eine Antwort, dann bin ich wieder ein ganz braver Schokobär.«
    »Sie sind ja völlig irre!«
    »Nicht völlig. Mancher sagt drei Viertel. Also, krieg ich jetzt eine Antwort? Wer war mit Beatrice Reekmans hier?« Kein Wort kam über ihre Lippen. »Wow, das sind aber echt schöne Schuhe, tolles helles Wildleder. Ich würde die ja zu gerne mal anpacken.«
    »Nehmen Sie bloß Ihre Pranken weg! Ich sag’s ja, ich sag’s ja!«
    Na also, ging doch!
    »Wissen Sie eigentlich, was die gekostet haben?«
    »Nö, ich will was ganz anderes wissen.«
    »Himmelherrgott, es war die Brasilianerin, die sie jetzt gefunden haben. Da hatten sich echt zwei gefunden. Wie ein Herz und eine Seele. Und jetzt sind beide tot. Zufrieden?«
    Pit stand auf und blickte sie so glücklich und zufrieden an wie eine riesige Wildsau, die sich im Matsch gesuhlt hatte. Und so sah er auch aus.
    »Und jetzt raus!«, sagte die Masseurin mit einer deutlichen Handbewegung. »Wir wollen Sie hier nie wiedersehen. Hausverbot!«
    »Und die ganze Schokolade?« Pit wies auf seinen Körper.
    »Ist mir völlig egal, wo Sie die abwaschen. Aber hier nicht. Ziehen Sie Ihre Sachen drüber. Die Duschen sind tabu.«
    »Dann muss ich mir doch wohl noch mal Ihren Schuh greifen.«
    Manon schluckte laut hörbar. »Die Duschen sind nicht mehr tabu. Aber danach sind Sie raus. Ihrer Haut haben Sie mit dieser Aktion keinen Gefallen getan, das kann ich Ihnen sagen!«
    Da hatte sie wohl recht.
    Seine Haut würde ihm das nie verzeihen.
    Aber Prof.   Dr.   Dr.   Adalbert Bietigheim wäre zufrieden.
    Und der hatte deutlich mehr akademische Titel.
    Adalbert konnte es nicht verantworten, Madame Baels allein nach Hause zu lassen, also bot er als echter Kavalier selbstverständlich an, sie zu begleiten und sich ihrer anzunehmen. Sie könne sich auch gerne bei ihm unterhaken. Die Museumsdirektorin nahm dankbar an. Da sie nicht weit von seinem Hotel entfernt wohnte, gingen sie das kurze Stück zu Fuß. Sie sprachen nicht viel, rückten jedoch immer enger zusammen.
    »Kommissar Aspe untersucht das Verschwinden des Leichnams sicherlich schon«, versuchte der Professor Madame Baels zu beruhigen.
    »Falls er mittlerweile mit dem Brüllen aufgehört hat.« Sie lächelte. Was für ein bezauberndes Lächeln. Als ginge die Sonne über einem stürmischen nordischen Meer auf.
    Madame Baels’ Haus lag am Koningin Astridpark, es war schlicht, klein, doch einladend – und die Fenster sauber geputzt, worauf Adalbert bei einer Frau stets achtete. Ebenso wie auf die Ordnung in der Küche. Denn was sagte mehr über den Charakter eines Menschen aus?
    Bevor Madame Baels aufschloss, drehte sie sich kurz zu Adalbert um. »Du darfst mich Josephine-Charlotte nennen oder Phinchen, wenn du magst.«
    »Und du darfst einfach Professor zu mir sagen – oder Adalbert. Darauf müssen wir trinken, Brüderschaft.« Er zwinkerte ihr zu. »Mit Küsschen.«
    »Ich habe noch eine Flasche Champagner im Kühlschrank, auch wenn mir eigentlich gar nicht danach ist.«
    »Gerade dann hat man ihn am nötigsten!«, verkündete Bietigheim kennerhaft. »Irgendwann kommt der Moment im Leben einer jeden Frau, wo das Einzige, das hilft, ein Glas Champagner ist. – Bette Davis in Old Aquaintances.«
    Josephine-Charlotte sah ihn mit keckem Blick an: »Ich trinke Champagner, wenn ich froh bin und wenn ich traurig bin. Manchmal trinke ich davon, wenn ich allein bin, und wenn ich Gesellschaft habe, dann darf er nicht fehlen. Wenn ich keinen Hunger habe, mache ich mir mit ihm Appetit, und wenn ich hungrig bin, lasse ich ihn mir schmecken. Sonst aber rühre ich ihn nicht an, außer wenn ich Durst habe.«
    »Madame Lily Bollinger!«, sagte Adalbert, der das Zitat sofort erkannt hatte. »Sie sind so geistreich, Phinchen. Das schätze ich an einer Frau sehr, und ebenso, wenn sie stets Champagner im Haus

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