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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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unserer erfahrenen Masseurin in einen süßen Traum voll Entspannung und Wohlbefinden entfliehen. Die wertvollen Inhaltsstoffe der Kakaobutter übertragen sich auf die Sensoren der Haut und wirken beruhigend und stimulierend zugleich. Verstärkt durch die Beigabe von wertvoller Shea-Nussbutter und Mandelöl, werden erschlaffte Hautpartien gefestigt und neues Volumen geschaffen. Nach der Behandlung ist Ihre Haut seidig, weich und zart, sie sieht glatt, gepflegt und jugendlich frisch aus. Die sinnlich-exotischen Düfte der Schokolade verführen zudem Geist und Sinne, die Freisetzung des körpereigenen Glückshormons Serotonin weckt Ihre Lebensfreude.«
    Es war förmlich zu hören, wie oft sie diesen Text schon aufgesagt hatte – das Band leierte.
    »Klingt super.«
    »Wenn Sie mögen, können Sie sich vorher duschen.« Pit spürte deutlich, dass das kein Angebot, sondern eine Bitte, ein Flehen war. Bitte waschen Sie sich, bevor die arme Manon Sie anfassen muss. Und spülen Sie die Läuse, Spinnen und Ohrenkneifer gleich mit ab.
    Pit tat ihr den Gefallen.
    Manon stellte sich trotz des französischen Namens als zierliche Asiatin heraus, mit dunklen Haaren, Pagenschnitt und braunen Mandelaugen. Ihr Gesicht war fein geschnitten, als hätte ein Bildhauer lange gefeilt, bis alles perfekt symmetrisch war. Eine Schönheit.
    Pit nahm es zur Kenntnis.
    Mehr nicht. Denn seine Diana, die ihn in Cambridge erwartete, war eine Frau, nach der man keine andere Frau mehr anschaute. Selbst wenn diese sowohl nackt als auch mit Schokolade eingeschmiert wäre. Nicht, dass Pit die Reize des weiblichen Geschlechts völlig entgingen, aber er bewunderte sie nun wie ein Kunstkenner ein Gemälde. Er betrachtete sie mit großem Genuss, bewunderte Formen und Konturen – aber in die Kiste wollte er mit ihnen nicht steigen.
    Doch lange gucken war okay.
    Manon begrüßte ihn herzlich und bat ihn, den Bademantel abzulegen und es sich bäuchlings auf der Massageliege bequem zu machen.
    »Sie haben aber viele Haare«, sagte sie halb bewundernd, halb erschrocken.
    »Man glaubt es kaum, aber darunter ist tatsächlich Haut.«
    Pit spürte, wie die Hand der Masseurin ungläubig über sein Fell strich. »Und das ist alles echt?«
    »Nein, ist ein Gorillakostüm vom Karneval. Krieg ich leider nicht mehr herunter.« Er lachte schnarrend. »Klar ist das echt. Und nein: Ich verwandele mich bei Vollmond nicht in einen Werwolf. Ich zieh bloß die Klamotten aus.«
    »Hatten Sie schon mal eine Hot Chocolate Massage?«
    »Nö. Aber mit lecker Essen ist alles besser. Sie können mich auch gern mit harten Salamis schlagen, da hätte ich sicherlich auch meinen Spaß.«
    »Exquisite Wünsche.«
    »So bin ich. Von oben bis unten exquisit.«
    »Allerdings bieten wir so etwas hier nicht an. Ich bin mir aber sicher, dass es anderswo Damen gibt, die Ihren Wünschen entgegenkommen. So, und jetzt genießen Sie die heiße Schokolade, schalten Sie den Kopf ganz ab.«
    Die Schokolade ergoss sich zwischen seine Schulterblätter. Wohlig warm wurde sie sanft über seinem Rücken bis hinunter zur Hüfte verteilt. Pit spürte, wie sie seitlich langsam herunterfloss, was leicht kitzelte. Betörend war der Duft, als säße man mitten in einer Riesentasse heißer Schokolade mit Sahne. Manons Händen glitten in großen Bahnen sanft über seine Haut.
    »Ich bin übrigens der Schokobär.«
    »Ich weiß«, sagte sie.
    »Bea hat mir von diesem Massagestudio vorgeschwärmt«, bluffte er.
    »Ach ja?« Manon schien hellhörig geworden zu sei.
    »Meinte, ich müsse das unbedingt mal machen. Sie hat es ja ganz toll gefunden.«
    »Wirklich?«
    »Wieso sind Sie so überrascht?«
    »Na ja, Bea war nicht oft hier. Ich kenne sie noch aus der Schule, wir sind ja derselbe Jahrgang. Sie war vor einigen Monaten einmal da und dann in der Woche vor ihrem Tod plötzlich dreimal – immer mit derselben Begleitung.«
    »Mit wem denn?«
    »Entschuldigen Sie, das darf ich nicht sagen. Schweigepflicht.«
    »Sie sind doch keine Priesterin oder Ärztin.«
    »Aber so etwas in der Art. Gesundheitswesen.« Sie lächelte. »Und die Chefin will das nicht. Wir sind ein diskretes Unternehmen. Ganz ehrlich: Kein Wort kommt über meine Lippen!« Sie tat so, als zöge sie einen Reißverschluss darüber zu.
    Pit sah an der Frau herunter, zu ihrer empfindlichsten Stelle.
    Den Schuhen.
    Wildleder, keine Schutzkappen darüber.
    »Kann ich bitte einen Schluck zu trinken haben?«
    »Aber gern. Wasser? Tee?«
    »Heiße Schokolade?«

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