Die letzte Praline
hat.«
Josephine-Charlotte drehte sich um und schloss die Haustür auf. »Willkommen in meinem kleinen Reich.«
Die Hausherrin hatte ein Faible für Tassen. Und Unterteller. Außerdem Löffel. Und Gemälde, auf denen sie abgebildet waren. Sowie für Lampenschirme aus dem Jugendstil. Und Spiegel. Josephine-Charlotte war solch eine gewaltige Frau, eine, die den Boden erzittern ließ – und doch fühlte Adalbert sich in ihrem Heim wie in einem Puppenhaus.
»Mach es dir doch im Salon bequem«, sagte sie und wies in einen kleinen Raum mit Kamin, in welchem jedoch kein Feuer loderte. Adalbert machte sich sogleich daran, dies zu ändern. Es beeindruckt die Damenwelt stets, wenn ein Mann Feuer entzündet. Das war in der Steinzeit schon so gewesen, und auch im 21. Jahrhundert ließ es einen Mann noch begehrenswerter erscheinen. Dabei wusste Adalbert gar nicht, ob er dies überhaupt wollte. Sein Herz gehörte doch der unnachahmlichen Hildegard zu Trömmsen, sie hielt es schon lange in Händen – doch hatte sie sich immer noch nicht entschlossen, es anzunehmen und ihm das ihre anzuvertrauen. Er wollte ihr Zeit lassen, alle Zeit der Welt, doch nun schien es ihm, als würde es seinem Herzen langsam kalt.
Das Feuer entflammte.
Phinchen ließ noch eine Weile auf sich warten. So lange bewunderte Adalbert ihre exquisite Bibliothek. Diese Frau hatte einen ausnehmend guten Geschmack! Was sich vor allem daran zeigte, dass sie ganze zwölf Publikationen Bietigheims besaß. Darunter sogar das seltene Werk »Weiße Schokolade – Irrtum oder Evolution. Eine kulturgeschichtliche Abhandlung unter Einbeziehung der Kakaobutterhistorie. Inklusive einem Exkurs über Weiße Crunch«.
Phinchen erschien mit der gekühlten Flasche und zwei Champagnerflöten im Wohnzimmer. Zudem hatte sie sich etwas Leichtes übergeworfen. Es hatte Form und Aussehen einer Pferdedecke, aber eben einer leichten. So etwas trug das Vollblut im Sommer. Sie ließ sich mit der vollendeten Grazie einer trächtigen Elefantenkuh neben Adalbert auf dem Plüschsofa nieder und sah ihn erwartungsvoll an.
»Seien wir ehrlich«, sagte Bietigheim.
»Oh, ich bitte darum«, erwiderte Phinchen.
»Wer immer eine Leiche stiehlt, tut dies, weil sie einen Hinweis auf ihn, den Täter, den Jaguarkrieger geben könnte. Einen Fingerabdruck, eine Haarsträhne, was auch immer.«
»Diese Ehrlichkeit meinen Sie.« Phinchen schien enttäuscht.
»Selbstverständlich, ich bin stets ein Freund des offenen Wortes.«
»Manchmal ist reden nicht genug.« Wieder blickte sie ihn erwartungsvoll an.
»Mein liebes Phinchen, da haben Sie völlig recht.«
»Ich weiß.« Sie rutschte näher.
»Wir müssen handeln, Phinchen, indem wir mutig der Wahrheit ins Auge blicken! Das Hotel ›De Boerenpommel‹ steht einsam in der Polderlandschaft. Der Täter hätte von dort nicht ungesehen flüchten können, Aspe ließ zudem das Umland absuchen. Es gab keine Reifenspuren im weiten Umkreis. Das heißt«, Adalbert nahm ihre Hand in die seine, »du musst jetzt ganz stark sein, Phinchen: Der Täter ist unter unseren Finalisten zu suchen. Einer der neun ist der Jaguarkrieger aus dem Video. Und da dieser ein Mann war, können es nur Pierre Cloizel, Edward Macallan, Franky van der Elst, Bill Bulldoss, Urs Egeli, Jón Gnarr, Leopold Ribisel oder Ottavio Bertinotti sein. Bei Bulldoss und van der Elst stimmt allerdings die Statur nicht, also bleiben nur noch sechs. Wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, wer von ihnen es ist.« Madame Baels wollte das Wort ergreifen, doch der Professor ließ es nicht dazu kommen. »Sagen Sie nichts, meine Liebe, ich hatte dieselbe Idee! Es gilt, im Hotel der Finalisten jemanden einzuquartieren, um dort Nachforschungen anzustellen. Ich habe es bereits durchdacht, mein getreuer Pit ist die richtige Wahl. Er wird die Verdächtigen nicht aus den Augen lassen. Vierundzwanzig Stunden, rund um die Uhr. Wir müssen den Jaguarkrieger zeitnah entlarven und dann für eine möglichst unauffällige Verhaftung sorgen, damit das Ansehen der Chocolatierskunst keinen weiteren Makel erhält und die von Ihnen so wunderbar, ja geradezu herausragend organisierte Weltmeisterschaft zu einem versöhnlichen Ende kommt.«
»Das haben Sie schön gesagt, Adalbert. Nun lassen Sie uns aber Brüderschaft trinken. In Deutschland kreuzt man doch die Arme, nimmt einen Schluck und küsst sich danach, oder?«
»Ja, genau so ist es.«
»Darauf hatte ich gehofft.«
Sie blickte ihn aus großen Augen an,
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