Die letzte Praline
verdient.«
Unwirsches Raunen drang aus der Masse.
Professor Adalbert Bietigheim ließ sich davon nicht im Geringsten irritieren.
Er kannte dieses Verhalten von seinen Studenten und nahm es kaum noch wahr.
»Botanisch ist der Kakaobaum als Theobroma Cacao bekannt. Der schwedische Naturforscher Carl von Linné beschrieb und benannte ihn 1753, wobei ›Theós‹ aus dem Griechischen stammt und ›Gott‹ bedeutet und ›Brôma‹ nichts anderes als ›Speise‹. Zusammen: Götterspeise! Kakaobäume gedeihen am besten bis zum dreiundzwanzigsten Breitengrad, sowohl nördlich wie auch südlich des Äquators. Sie werden in der Regel auf nur sechs bis acht Meter Höhe gestutzt – es ist übrigens nicht ratsam, auf sie zu klettern, denn ihr Holz ist äußerst brüchig! Und noch ein weiterer Aspekt ist hochinteressant: Er kann reife Früchte, unreife Früchte und Blüten gleichzeitig tragen. Geerntet wird trotzdem meist nur zwischen Oktober und März, also ab dem Ende der afrikanischen Regenzeit bis zur ersten Periode der Trockenheit. Warum ist Afrika so wichtig? Weil Westafrika fast 60 Prozent der Weltrohkakaoproduktion stellt.« Adalbert legte eine Pause ein und blickte sich um. Die Journalisten konnten es nicht erwarten, dass er endlich die wichtige Mitteilung losließ. Doch so einfach machte er es ihnen natürlich nicht. »Ich sehe Ihre faszinierten Gesichter, deswegen erkläre ich gerne noch etwas mehr.« Gemeinschaftliches Murren aus dem Publikum. »Kakaofrüchte sind etwa melonengroß und von unterschiedlicher Färbung. Sie können rot, braun, gelb oder violett sein, aber auch Mischungen dieser Farben aufweisen. Ein Baum liefert bis zu fünfzig Früchte pro Jahr, und diese tragen wiederum bis zu fünfzig Samen in sich – die wir als Kakaobohnen kennen. Diese würden Sie bei Genuss allerdings kaum als Kakao erkennen. Und das nicht, weil Ihre Gaumen und Nasen untrainiert oder von Rauchwarenkonsum schwerst beeinträchtigt wären, nein, die Bohne muss erst einige Produktionsschritte durchlaufen, bis das schokoladige Aroma entsteht.«
Adalbert spürte die Unruhe. Er hatte die Journalistenmeute jetzt genau da, wo er sie haben wollte. Was für ein herrliches Gefühl!
»Zuerst: Die Fermentation. Dazu wird jede Frucht aufgeschlagen und das feuchte Fruchtfleisch grob von den Bohnen entfernt, die auf Bananenblättern ausgebreitet werden. Und was machen die Bohnen nun? Na? Bei bis zu fünfzig Grad tropischer Hitze? Weiß es jemand? Nein, natürlich nicht, das hatte ich mir schon gedacht. Hätten Sie besser mal das Handout gelesen, das ich Ihnen gegeben habe.«
Madame Baels flüsterte ihm etwas zu.
»Ach, das ist Ihnen noch gar nicht ausgeteilt worden? Nun ja, Sie hätten es als gebildete Menschen trotzdem wissen können, ja müssen! Die Bohnen gären natürlich. Und werden dadurch weniger bitter und herb. Nach der Fermentation trocknen sie, dabei müssen sie regelmäßig gewendet werden, damit sich aufgrund der Feuchtigkeit kein Schimmel bildet und sie gleichmäßig austrocknen. Irgendwann wird der Kern porös, und das ist der Moment, in dem der Geschmack sich ausreichend entwickelt hat. Der Rohkakao ist entstanden.«
Ein Aufatmen erklang, der Rohkakao war entstanden, jetzt würde es endlich zu der wichtigen Mitteilung kommen, die ihnen im Vorfeld angekündigt worden war!
»Aber wie wird aus Rohkakao nun Schokolade? Eines kann ich Ihnen verraten: Es ist ein weiter Weg!«
Stöhnen. Einer rief: »Was ist denn nun die wichtige Mitteilung, die Sie zu machen haben? Wir haben gleich Redaktionsschluss.«
»Dann müssen Sie eben ohne diese Mitteilung auskommen.« Der Professor ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Verlassen Sie ruhig das Zelt. Ich lasse mich nicht hetzen – und die Produktion von guter Schokolade übrigens auch nicht. Nichts Gutes auf der Welt lässt sich hetzen. Ich versuche mich so kurz zu fassen wie möglich, aber ich muss nun mal ein wenig ausholen, damit Sie es noch begreifen können. Also: Die getrockneten Bohnen werden gereinigt und dann geröstet. Wie auch beim Kaffee, kommt der Röstung größte Bedeutung zu. Hundertdreißig bis hundertachtzig Grad beträgt die Temperatur dafür, wobei jede Sorte eine andere Temperatur benötigt. Jetzt erst werden die Bohnen schokoladenbraun. Dann werden sie gebrochen, also von den Schalen gelöst, diese sind nämlich nicht zu gebrauchen. Übrig bleiben grobe Kakaokernstücke, die sogenannten ›Nibs‹. Sicher brennt Ihnen nun allen eine Frage unter den
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