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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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fand.
    Der Strandabschnitt von Blankenberge lag tatsächlich nicht weit von Brügge. Franky van der Elsts Ford Galaxy stand auf dem Parkplatz und warb mit Bildern unbekleideter Damen für seine Produkte. Pit begann, eine rote Linie zu erkennen.
    In diesem Fall glich sie einer Bikinilinie.
    Van der Elsts Wagen war außer Pits Taxi der einzige auf dem Parkplatz. Kein Wunder bei dem verhangenen Himmel.
    Pit legte seine Hand auf die Motorhaube des Fords. Sie war noch warm. Der Galaxy stand höchstens fünf Minuten. »Er kann noch nicht weit sein.«
    Van der Elst junior zeigte zu einer steilen Treppe, die über die Düne führte. »Da läuft er immer hinauf. Echt eine Leistung bei seinem Gewicht.«
    »Sollen wir hier warten, bis er zurückkommt?«, fragte Pit hoffnungsvoll.
    »Nein, das dauert zu lange. Er dreht eine Runde am Strand, wir können ihm von der Düne aus zuwinken, dann sieht er uns.« Emile ging strammen Schrittes vor.
    Pit entschloss sich, der Jugend das Rennen zu überlassen und altersgemäß zu schlurfen. So kam es, dass der junge van der Elst deutlich früher als er auf der dicht mit Büschen und Gräsern bewachsenen Düne stand. Als Pit endlich oben ankam, die Hände tief und lässig in der eng anliegenden Lederhose steckend, suchte Emile immer noch den Strand nach seinem Vater ab. Doch Franky van der Elst war nirgends zu sehen. Nur Meer, Strand und Möwen. Außerdem die Buchstaben »KC«, so riesig in den Sand geschrieben, dass man es vermutlich selbst von einer fernen Insel aus hätte lesen können. Vermutlich war der Adressat weit entfernt.
    »Wo steckt er?«, fragte Pit ungeduldig.
    Emile schüttelte den Kopf. »Ich sehe noch nicht mal Spuren im Sand, dabei müssten sie an der Wasserkante zu sehen sein. Da läuft er nämlich, weil der Sand dort etwas härter und das Laufen weniger anstrengend ist. Er läuft bis zu dem Gebäude der Strandwacht und dann wieder zurück. Immer.« Es war, als wollte er sich dies noch einmal versichern.
    »Lass uns runtergehen.«
    »Aber da ist er nicht!« Emile hob beide Hände in Richtung des Strands und ließ sie dann kraftlos fallen.
    »Vielleicht können wir ihn von da aus aber entdecken.«
    Pit liebte das Meer. Wie es in überlappenden Wellen an den Strand schwappte, das Bizzeln und Zischen dabei, als würden unzählige Mineralwasserflaschen gleichzeitig geöffnet, der Algenschaum, der so sanft auf dem Strand abgelegt wurde. Dieser stieg hier so leicht an, dass man es kaum bemerkte. Pit erinnerte sich an Urlaube seiner Kindheit. Drei- oder viermal waren sie in den Sommerferien an die niederländische Küste gefahren, die nur wenige Kilometer von hier entfernt begann. Er hatte es geliebt, in den lauwarmen Pfützen und kleinen Teichen zu planschen, die an den Nordseestränden blieben, wenn das Wasser bei Ebbe schwand. Wenn er Glück gehabt hatte, fand er darin eine Qualle, mit viel Glück noch lebend, und mit noch mehr Glück einen Krebs.
    Doch selbst im schönsten Sommer, dachte Pit, wenn Eltern mit ihren Kindern am Strand spielten, Drachen in den Himmel emporgelassen wurden und andere sich auf Luftmatratzen von den Wellen schaukeln ließen, selbst dann verlor das Meer nicht vollends seine Dramatik, die Gefahr, die eine solch niemals endende Wassermasse ausstrahlte, die gegen das Land schlug, es zu verschlingen drohte und sich immer weiter hineinfraß, Millimeter um Millimeter. Mit der Zeit mahlte es jeden Stein zu Sand. Doch das Meer selbst konnte kein Hammer zerstören, kein Wind es auf ewig teilen, kein Tier es leer trinken.
    Pit stand direkt am Wasser und atmete tief ein.
    Emile begann, nach seinem Vater zu rufen, zuerst zaghaft, als habe er Angst vor einer Antwort, dann schrie er immer lauter gegen die Meeresbrise an. Doch eine Antwort erhielt er nicht.
    Irgendwann gab er auf.
    »Hier ist kein Nebel oder so«, sagte Pit. »Und hell ist es auch. Also ist er nicht da. Sein Wagen aber schon. Was sagt uns das?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Dann sag ich es dir: dass wir uns jetzt Scheißsorgen um deinen alten Herrn machen sollten. Hier am Strand sind keine Spuren von ihm. Also kann er nicht so weit gekommen sein. Du suchst links, ich rechts. Ab in die Dünen.«
    Der junge van der Elst sah Pit mit stierem Blick an. Sein Brustkorb hob sich, als pumpe ihn ein Irrer immer weiter auf, obwohl er schon zu platzen drohte.
    Er wollte nicht alleine gehen, er hatte Angst vor dem, was er vielleicht finden würde.
    »Blöde Idee«, sagte Pit. »Ist besser, wir gehen zusammen, ein

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