Die letzte Praline
sie sich, hielt sie empor, sodass das Sonnenlicht sie durchdringen konnte, und steckte sie danach für die Rechtsmedizin wieder ordentlich an Ort und Stelle.
Die Polizei traf zeitgleich mit der Spurensicherung ein. Madame Baels war unterdessen zurück in ihr Büro gefahren, um eine Pressemitteilung vorzubereiten.
»Arschloch!«, begrüßte ihn Kommissar Aspe.
»Angenehm, Professor Dr. Dr. Bietigheim«, sagte der Professor und streckte ihm mit ernster Miene die Hand entgegen. Höflichkeit war eine wunderbare Waffe, wenn man sie wie ein Florett zu schwingen wusste.
»Was haben Sie bei meiner Leiche zu suchen?«
»Ich war mir nicht bewusst, dass Tote automatisch in Ihren Besitz übergehen. Hegen Sie eine Sammelleidenschaft für Leichen?«
Aspe schob ihn weg. »Behinderung der Staatsgewalt, einsperren, Degroof.«
Der Assistent näherte sich entschuldigend lächelnd dem Professor.
Bietigheim streckte seine Unterarme vor, damit sich Handschellen darum schließen konnten. »Machen Sie ruhig. Das wird Madame Baels allerdings nicht gefallen, das wird den Medien nicht gefallen, dem Tourismusverband nicht, ich vermute, Ihren Politikern ebenfalls nicht und infolgedessen auch Ihrem Chef nicht. Aber lassen Sie mich ruhig festnehmen, wenn Sie hinter den lächerlichen Gründen meiner Festnahme stehen. Bestrafen Sie ruhig Bürger, welche die Polizei durch Melden und Bewachen einer Leiche unterstützen.«
»Gott, Sie bringen mich ins Grab.« Aspe raufte sich die zauseligen Haare.
Bietigheim schüttelte entschieden den Kopf. »Das übernehmen schon Zigaretten und Fritten.«
»Leck mich da, wo die Sonne nicht hinscheint!«
»An Ihren Füßen? Nein danke, Herr Kommissar. Ich bevorzuge französischen Käse.«
Aspe würdigte ihn keines Wortes und keines Blickes mehr, stattdessen sah er sich kurz die Leiche an, redete mit seinen Untergebenen, blaffte die Spurensicherung an und verschwand kurze Zeit später mit einer unordentlich gedrehten Zigarette im Mundwinkel.
Bietigheim wartete auf die Ankunft der Rechtsmedizin. Professor Ceulemans war anscheinend noch krank, denn wieder war es sein jüngerer Mitarbeiter Didier Kalou, der die Leiche vor Ort in Augenschein nahm. Diesmal wirkte er deutlich routinierter und entspannter als beim letzten Mal.
Adalberts Blick war wie der eines Adlers, jede Kleinigkeit nahm er wahr. Kalou trug lässige Kleidung, einen orangefarbenen Kapuzensweater der Universität Chicago, dunkelgrüne Jeans und modische Turnschuhe. Flugs stieg er in einen weißen Einmaloverall und holte alles Nötige aus dem Kofferraum seines Wagens. Zwei Mitarbeiter zum Eintüten des verblichenen Franky van der Elst begleiteten ihn.
»Herr Bietigbert von der Spurensicherung, nicht wahr? Ungewöhnliche Arbeitskleidung, erstaunlich, dass Aspe Ihnen das durchgehen lässt.« Kalou grinste.
»Sie wissen doch, wer ich bin, oder? Immerhin findet sich mein Antlitz überlebensgroß am Grote Markt.«
»Natürlich. Ich wusste es sofort.«
»Warum haben Sie dann …« Adalbert überlegte kurz. »Wegen Aspe, oder?«
»Aspes Feind ist jedermanns Freund.« Kalou reichte Bietigheim die Hand. »Schön, Sie endlich offiziell kennenzulernen. Aber jetzt muss ich loslegen.« Er beugte sich zu der Leiche und nahm als Erstes die Glassplitter in Augenschein.
»Sie haben es also auch direkt bemerkt«, sagte der Professor.
Kalou nickte. »Ja, es ist kein Obsidian, sondern einfaches schwarzes Glas.«
»So, wie es in den Zeitungen stand: schwarzes Glas. Der Täter wusste nicht, dass es sich bei Jana Elisa da Costa um Obsidian gehandelt hatte. Dies ist ein Nachahmungstäter, der es dem Jaguarkrieger in die … Schuhe schieben will.« Beinahe hätte Bietigheim Sandalen gesagt, aber sein Sprachgefühl drohte mit Schmerzen.
»So ist es«, bestätigte Kalou. »Aber das ist danebengegangen. Da wollte jemand die Methoden beider Morde kopieren – schwarzes Glas und Schokolade –, um alle drei Verbrechen wie das Werk eines einzigen Täters aussehen zu lassen.«
»Was meinen Sie? War es ein dritter Täter oder der Mörder von Bea?«
»Das wird vielleicht die rechtsmedizinische Untersuchung erweisen. Hier ist meine Arbeit gleich getan.«
»Darf ich mit Ihnen fahren?«, fragte Bietigheim. Pit würde schon ohne ihn klarkommen, wo auch immer er steckte. Vermutlich hatte er irgendwo eine Frittenbude ausgemacht. Der Bursche musste nicht meinen, dass dies unbemerkt blieb. Im richtigen Moment würde der Professor ihn für diesen kulinarischen Betrug
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