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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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waren, hatte es so wuchtig und zerklüftet auf seinem Hügel gelauert, daß er sofort an die Berge in Colorado erinnert worden war. Ein schmerzhaftes Gefühl von Verlust hatte ihn überkommen, und er hatte das Gesicht in den Wind gehalten, wie immer, wenn er an zu Hause dachte.
    In Castle City haben sie dich inzwischen bestimmt alle vergessen, Travis. Vielleicht solltest du sie auch vergessen. Er seufzte und starrte die hohen Zinnen an. Calavere ließ König Kels Festung wie einen Geröllhaufen aussehen.
    »Mach dir damit keine Umstände, Beltan«, sagte Melia fröhlich. »Travis hat gesagt, er möchte sie auspacken.«
    Travis blickte auf. »Ich kann mich nicht erinnern, das gesagt zu haben.«
    Melias Augenlider senkten sich halb. »Streng dich an, dann fällt es dir bestimmt wieder ein.«
    Travis schluckte trocken. »Ach ja, jetzt weiß ich wieder.«
    »Hab ich doch gleich gesagt, mein Bester.«
    Travis kniete neben den Satteltaschen nieder. Es war eine lange Reise vom Turm der Runenbinder bis hierhin gewesen. Als er Decken, Kleidungsstücke und übriggebliebene Lebensmittel auspackte, liefen die vielen Meilen noch einmal vor seinem inneren Auge ab.
    Sie waren nicht lange im Tal des Weißen Turms geblieben. Am Morgen nach dem Angriff der Phantomschatten war Melia immer noch blaß und durchgefroren gewesen, aber sie wollte am allerwenigsten noch länger an jenem Ort bleiben. Sie hatten im stahlgrauen Licht vor der Dämmerung ihre Sachen gepackt und waren aus dem Tal geritten. Travis hatte ein letztes Mal zu der Ruine zurückgeblickt. Im Zwielicht schimmerte sie wie ausgebleichte Knochen: eine Gruft für die törichten Taten vor Jahrhunderten Verstorbener. Ihm war ein Schauder über den Rücken gelaufen, dann waren sie um den Ausläufer eines Bergkamms gebogen, und die Ruine war nicht mehr zu sehen gewesen.
    Sie waren so schnell wie möglich durch das südliche Eredane geritten. Um gut voranzukommen, waren sie auf dem Königinnenpfad geblieben, aber nicht ohne Vorsichtsmaßnahmen. Beltan war immer wieder vorausgeritten, und mehr als einmal war der Ritter auf seinem Schlachtroß zurückgehetzt gekommen, um sie vor einer nahenden Gruppe des Rabenkults zu warnen. Jedesmal waren sie von der Straße geflüchtet, um sich in einem Brombeerdickicht zu verstecken oder hinter einem Hügel oder unter einer tarrasischen Brücke.
    Einmal waren die Anhänger des Kultes ihnen schon bedrohlich nahe gewesen, und es gab weit und breit kein Versteck. In beide Richtungen war meilenweit nur freies Feld gewesen. Melia befahl ihnen in einem Tonfall, der keine Widerrede zuließ, absolut bewegungslos am Straßenrand zu stehen und die Zügel ihrer Pferde stramm zu halten. Sie hatte ein paar eigentümliche Gesten gemacht. Mit flachen Händen schien sie über eine imaginäre Wand vor ihr zu streichen.
    Die Leute vom Rabenkult waren in Sichtweite gekommen. Diese Prozession auf dem Königinnenpfad war die längste dieser Art gewesen, die sie bis dahin gesehen hatten: fast einhundert Anhänger, alle in schwarze Kutten gekleidet, den Flügel des Raben mit Asche auf die Stirn gemalt. Sie leierten seltsame Worte, und Travis war klargeworden, daß es ein Gebet war.
    »Atme mit dem Wind,
gehe mit dem Feuer.
Rabe sei dein Meister.
    Feßle das Fleisch,
befreie das Herz,
Rabe fliegt für immer.«
    Als die Prozession vorbeigezogen war, hatte Travis die Zähne zusammenbeißen müssen, um nicht zu schreien. Er hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, daß sich jeden Moment einer von ihnen nach ihm umdrehen würde. Die Maske dumpfer Selbstgefälligkeit würde von einer des wahnsinnigen Hasses ersetzt werden, und der Kultanhänger würde kreischen, auf ihn zeigen und ihn als den Mann erkennen, der einen der ihren verbrannt hatte.
    Und was machst du dann, Travis? Den auch noch verbrennen? Warum eigentlich nur den? Warum fackelst du nicht gleich die ganze Bande ab?
    Aber die Kultanhänger waren in ihrem seltsam schaukelnden Takt und mit leerem und stur geradeaus gerichtetem Blick weitergezogen. Was es auch gewesen war, das Melia mit ihren Händen getan hatte, es hatte funktioniert.
    Danach hatten sie vom Rabenkult nichts mehr gesehen oder gehört. Am nächsten Morgen stießen sie auf eine gewaltige Hochebene. Die Fal Erenn, die Morgenrotberge, grenzten im Osten an das Hochland, und im Westen und im Süden hatte Travis eine Kette von nebelgrauen Berggipfeln ausgemacht, die Falken als Fal Sinfath bezeichnet hatte, die Zwielichtberge. Da es keinen anderen Weg gab,

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